Änderungen

Zur Navigation springen Zur Suche springen
1.186 Bytes entfernt ,  23:28, 13. Feb. 2021
K
keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 8: Zeile 8:     
== Antike und Mittelalter ==
 
== Antike und Mittelalter ==
 +
[[Datei:Münzhort.jpg|mini|Münzen aus Schatzfund]]
 
Schon aus der Antike und dem Mittelalter sind zufällige Schatzfunde bekannt und die Besitzrechte, zwischen Finder, Grundeigentümer und Landesherr waren (auf unterschiedlichste Weise) gesetzlich geregelt. Dass gezielt nach Schätzen gesucht wurde, ist jedoch kaum überliefert. Caesar ließ das Grab Alexanders des Großen suchen, Augustus ließ es öffnen und Caligula nahm die Rüstung Alexanders an sich. Hierbei ging es aber nicht vorrangig um die Inbesitznahme von Reichtümern, sondern um die Inszenierung von Herrschaft.
 
Schon aus der Antike und dem Mittelalter sind zufällige Schatzfunde bekannt und die Besitzrechte, zwischen Finder, Grundeigentümer und Landesherr waren (auf unterschiedlichste Weise) gesetzlich geregelt. Dass gezielt nach Schätzen gesucht wurde, ist jedoch kaum überliefert. Caesar ließ das Grab Alexanders des Großen suchen, Augustus ließ es öffnen und Caligula nahm die Rüstung Alexanders an sich. Hierbei ging es aber nicht vorrangig um die Inbesitznahme von Reichtümern, sondern um die Inszenierung von Herrschaft.
   −
[[Datei:Oldenburger Sachsenspiegel fol 22v Schatzregal.jpg|mini|Abbildung im [[Sachsenspiegel]] über das Schatzregal: Alles was tiefer liegt, als eine Pflugschar reicht (hier ein Topf voll Münzen), gehört dem König.|verweis=Special:FilePath/Oldenburger_Sachsenspiegel_fol_22v_Schatzregal.jpg]]
   
Im mittelalterlichen England wurde das [[Schatzregal]] besonders streng ausgelegt: Alle gefundenen Wertgegenstände fielen automatisch in das Eigentum der Krone; Finder und Grundeigentümer gingen leer aus. Aus diesem Grund ließ König Johann Ohneland, der notorisch unter Geldmangel litt, 1201 als Erster römische Ruinen nach Schätzen durchsuchen, allerdings weitgehend erfolglos.<ref>Charles Relly Beard: ''The Romance of Treasure Trove.'' London 1933, S. 101, 109.</ref> Heinrich III. befahl, einen Schatz beschlagnahmen zu lassen, der angeblich auf der Isle of Wight gefunden worden war, und ließ in der Umgebung nach weiteren Schätzen suchen. Im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit ließen auch andere europäische Landesherren gelegentlich nach Schätzen graben, meist in Überresten aus der Römerzeit, in Deutschland und Skandinavien auch in Grabhügeln. Die dabei zu Tage geförderten Artefakte erregten das antiquarische Interesse humanistischer Gelehrter, selbst wenn es sich nicht um Gold und Silber handelte. Wohlhabende Bürger und Adelige begannen Antiquitäten für ihre Sammlungen zu kaufen, und die Landesherren gaben systematische Bestandsaufnahmen der vorhandenen Baudenkmäler in Auftrag. Hierin, und in dem Bemühen Raubgräber von den Fundstellen fernzuhalten, darf man die ersten Anfänge der professionellen Archäologie und des Denkmalschutzes sehen.<ref>Martin Ott: ''Die Entdeckung des Altertums. Der Umgang mit der römischen Vergangenheit Süddeutschlands im 16. Jahrhundert.'' Laßleben, Kallmünz 2002, ISBN 3-7847-3017-5, S. 39–49, 67–70.</ref>
 
Im mittelalterlichen England wurde das [[Schatzregal]] besonders streng ausgelegt: Alle gefundenen Wertgegenstände fielen automatisch in das Eigentum der Krone; Finder und Grundeigentümer gingen leer aus. Aus diesem Grund ließ König Johann Ohneland, der notorisch unter Geldmangel litt, 1201 als Erster römische Ruinen nach Schätzen durchsuchen, allerdings weitgehend erfolglos.<ref>Charles Relly Beard: ''The Romance of Treasure Trove.'' London 1933, S. 101, 109.</ref> Heinrich III. befahl, einen Schatz beschlagnahmen zu lassen, der angeblich auf der Isle of Wight gefunden worden war, und ließ in der Umgebung nach weiteren Schätzen suchen. Im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit ließen auch andere europäische Landesherren gelegentlich nach Schätzen graben, meist in Überresten aus der Römerzeit, in Deutschland und Skandinavien auch in Grabhügeln. Die dabei zu Tage geförderten Artefakte erregten das antiquarische Interesse humanistischer Gelehrter, selbst wenn es sich nicht um Gold und Silber handelte. Wohlhabende Bürger und Adelige begannen Antiquitäten für ihre Sammlungen zu kaufen, und die Landesherren gaben systematische Bestandsaufnahmen der vorhandenen Baudenkmäler in Auftrag. Hierin, und in dem Bemühen Raubgräber von den Fundstellen fernzuhalten, darf man die ersten Anfänge der professionellen Archäologie und des Denkmalschutzes sehen.<ref>Martin Ott: ''Die Entdeckung des Altertums. Der Umgang mit der römischen Vergangenheit Süddeutschlands im 16. Jahrhundert.'' Laßleben, Kallmünz 2002, ISBN 3-7847-3017-5, S. 39–49, 67–70.</ref>
 
+
[[Datei:Schatzfund.jpg|mini|Gefäß aus dem Schatzfund von Schloßborn i./Ts.]]
[[Datei:Heilig-Blut-Tafel Weingarten 1489 img15.jpg|mini|In Gegenwart hoher Geistlicher wird die [[Heilig-Blut-Reliquie]] von Mantua ausgegraben, deren Lage zuvor dem blinden Adilbero offenbart worden war. Heilig-Blut-Tafel der [[Abtei Weingarten]], 1489|verweis=Special:FilePath/Heilig-Blut-Tafel_Weingarten_1489_img15.jpg]]
   
Die Kirche stand der Schatzsucherei grundsätzlich ablehnend gegenüber. Das Horten und Verstecken eines Schatzes galt als Ausdruck von Habgier und Geiz, die Suche danach ebenso, und ''Avaritia'' war die zweite der sieben Todsünden. Außerdem standen Schatzsucher stets unter dem Verdacht magische Praktiken auszuüben, theoretisch ein todeswürdiges Vergehen.<ref>Gerhard Jaritz: ''Das schlechte Gebet zu den Schätzen der Welt.'' In: Elisabeth Vavra (Hrsg.): ''Vom Umgang mit Schätzen.'' Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2007, ISBN 978-3-7001-3721-4, S. 81–98.</ref> Andererseits wies die Suche nach Reliquien, die für die Weihe einer Kirche benötigt wurden, starke Ähnlichkeit mit einer Schatzsuche auf. Obwohl die Reliquien selbst materiell meist wertlos waren (Knochen, Haare etc.) war der Besitz von Reliquien berühmter Heiliger enorm prestigeträchtig und stellte dann, wegen der Einnahmen durch das Wallfahrtswesen, den eigentlichen Kirchenschatz dar. Die ursprünglichen Ruhestätten der Märtyrer und Heiligen waren aber oft nicht sicher bekannt und es bedurfte langwieriger Nachforschungen (oder eines Wunders) um sie ausfindig zu machen. Da das Misslingen solcher Suchaktionen sowohl dem Ruf des Initiators, als auch dem des gesuchten Heiligen geschadet hätte, wurden sie meist nachts und heimlich durchgeführt, und nur im Erfolgsfall publik gemacht. Einige Elemente der legendären Berichte über die Überführung von Reliquien haben in säkularisierter Form Eingang in die Schatzsagen der frühen Neuzeit gefunden.
 
Die Kirche stand der Schatzsucherei grundsätzlich ablehnend gegenüber. Das Horten und Verstecken eines Schatzes galt als Ausdruck von Habgier und Geiz, die Suche danach ebenso, und ''Avaritia'' war die zweite der sieben Todsünden. Außerdem standen Schatzsucher stets unter dem Verdacht magische Praktiken auszuüben, theoretisch ein todeswürdiges Vergehen.<ref>Gerhard Jaritz: ''Das schlechte Gebet zu den Schätzen der Welt.'' In: Elisabeth Vavra (Hrsg.): ''Vom Umgang mit Schätzen.'' Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2007, ISBN 978-3-7001-3721-4, S. 81–98.</ref> Andererseits wies die Suche nach Reliquien, die für die Weihe einer Kirche benötigt wurden, starke Ähnlichkeit mit einer Schatzsuche auf. Obwohl die Reliquien selbst materiell meist wertlos waren (Knochen, Haare etc.) war der Besitz von Reliquien berühmter Heiliger enorm prestigeträchtig und stellte dann, wegen der Einnahmen durch das Wallfahrtswesen, den eigentlichen Kirchenschatz dar. Die ursprünglichen Ruhestätten der Märtyrer und Heiligen waren aber oft nicht sicher bekannt und es bedurfte langwieriger Nachforschungen (oder eines Wunders) um sie ausfindig zu machen. Da das Misslingen solcher Suchaktionen sowohl dem Ruf des Initiators, als auch dem des gesuchten Heiligen geschadet hätte, wurden sie meist nachts und heimlich durchgeführt, und nur im Erfolgsfall publik gemacht. Einige Elemente der legendären Berichte über die Überführung von Reliquien haben in säkularisierter Form Eingang in die Schatzsagen der frühen Neuzeit gefunden.
   Zeile 24: Zeile 23:  
Im Heiligen Römischen Reich vergab der Kaiser mangels Zentralgewalt nur wenige Schatzsucherlizenzen, die Fürsten in den Territorialstaaten dafür umso mehr. Die Regelungen waren von Fall zu Fall sehr unterschiedlich (wie überhaupt die ganze Gesetzeslage), aber oft vermied es die Regierung, einen festen Teilungsschlüssel anzugeben. So behielt sie sich im Erfolgsfall die Möglichkeit zur Einbehaltung größerer Teile des Fundes vor. Andererseits beauftragten die Fürsten auch von sich aus Schatzsucher, ähnlich, wie Goldmacher. Offenbar sah man dabei großzügig über die Anwendung verbotener Magie hinweg und akzeptierte auch das Risiko, einem Betrüger aufzusitzen. Erfolglose Schatzsucher kamen allerdings in eine heikle Lage. So beauftragte Herzog Friedrich von Württemberg 1606 einen gewissen Thomas Mayer als Schatzsucher. Dieser beging, nachdem der Herzog bereits mehrere Hofalchimisten hatte hinrichten lassen, in der Ruine Achalm Selbstmord.
 
Im Heiligen Römischen Reich vergab der Kaiser mangels Zentralgewalt nur wenige Schatzsucherlizenzen, die Fürsten in den Territorialstaaten dafür umso mehr. Die Regelungen waren von Fall zu Fall sehr unterschiedlich (wie überhaupt die ganze Gesetzeslage), aber oft vermied es die Regierung, einen festen Teilungsschlüssel anzugeben. So behielt sie sich im Erfolgsfall die Möglichkeit zur Einbehaltung größerer Teile des Fundes vor. Andererseits beauftragten die Fürsten auch von sich aus Schatzsucher, ähnlich, wie Goldmacher. Offenbar sah man dabei großzügig über die Anwendung verbotener Magie hinweg und akzeptierte auch das Risiko, einem Betrüger aufzusitzen. Erfolglose Schatzsucher kamen allerdings in eine heikle Lage. So beauftragte Herzog Friedrich von Württemberg 1606 einen gewissen Thomas Mayer als Schatzsucher. Dieser beging, nachdem der Herzog bereits mehrere Hofalchimisten hatte hinrichten lassen, in der Ruine Achalm Selbstmord.
   −
[[Datei:Fotothek df tg 0005349 Radiästhesie ^ Wünschelrute.jpg|mini|[[Titelkupfer]] einer Polemik gegen Schatzzauber, 1700 (Im Hintergrund Rutengänger, die von Teufeln geleitet in den Schlund der Hölle wandern).|verweis=Special:FilePath/Fotothek_df_tg_0005349_Radiästhesie_^_Wünschelrute.jpg]]
   
Die professionellen Schatzmagier, die sich von zahlungskräftigen Privatleuten anheuern ließen, entstammten größtenteils zwei recht unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen: Erstens dem (niederen, wenig orthodoxen) katholischen Klerus, zweitens dem fahrenden Volk. Besonders katholischen Geistlichen traute man, als potentiellen Exorzisten, die Beschwörung der Dämonen und Gespenster zu, die den Schatz hüteten, selbst in protestantischen Gegenden. So verdienten sich arme Landgeistliche mit der Schatzsucherei ein Zubrot. Unter den Vagabunden gab es hingegen viele stellungslose Söldner, die praktische Erfahrungen gesammelt hatten, wo Menschen im Krieg gewöhnlich ihre Habseligkeiten verstecken. Nur selten traten Frauen als Schatzmagier auf, zuweilen aber Kinder, die in ihrer Unschuld als besonders hellsichtig galten. Die Arbeiter, die bei den eigentlichen Grabungen halfen, konnten zum Problem werden. Entweder verweigerten sie die Arbeit, aus Angst vor den Geistern, oder sie stritten mit dem Auftraggeber um die Bezahlung, wenn der Schatzfund ausblieb. Bei den Auftraggebern handelte es sich oftmals um regelrechte „Aktiengesellschaften“ mit Dutzenden von Investoren, die die laufenden Kosten trugen, dafür aber anteilig am Fund beteiligt werden sollten. Wurde bei den Vorbereitungen der Aspekt der Erlösung armer Seelen betont, die mit regelmäßigen Gebeten und religiösen Übungen einherging, so konnten die Schatzgräbergruppen aber auch den Charakter einer Hauskirche annehmen. 1770 entstand im württembergischen Weilheim aus solch einer Gruppe sogar eine kurzlebige christliche Sekte um die Magd Anna Maria Freyin. Diese inszenierte für ihre Anhänger gottesdienstähnliche Geistererscheinungen, in denen erlöste Gespenster göttliche Offenbarungen mitteilten. Nur mit Mühe konnte die Obrigkeit dieser Umtriebe Herr werden.
 
Die professionellen Schatzmagier, die sich von zahlungskräftigen Privatleuten anheuern ließen, entstammten größtenteils zwei recht unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen: Erstens dem (niederen, wenig orthodoxen) katholischen Klerus, zweitens dem fahrenden Volk. Besonders katholischen Geistlichen traute man, als potentiellen Exorzisten, die Beschwörung der Dämonen und Gespenster zu, die den Schatz hüteten, selbst in protestantischen Gegenden. So verdienten sich arme Landgeistliche mit der Schatzsucherei ein Zubrot. Unter den Vagabunden gab es hingegen viele stellungslose Söldner, die praktische Erfahrungen gesammelt hatten, wo Menschen im Krieg gewöhnlich ihre Habseligkeiten verstecken. Nur selten traten Frauen als Schatzmagier auf, zuweilen aber Kinder, die in ihrer Unschuld als besonders hellsichtig galten. Die Arbeiter, die bei den eigentlichen Grabungen halfen, konnten zum Problem werden. Entweder verweigerten sie die Arbeit, aus Angst vor den Geistern, oder sie stritten mit dem Auftraggeber um die Bezahlung, wenn der Schatzfund ausblieb. Bei den Auftraggebern handelte es sich oftmals um regelrechte „Aktiengesellschaften“ mit Dutzenden von Investoren, die die laufenden Kosten trugen, dafür aber anteilig am Fund beteiligt werden sollten. Wurde bei den Vorbereitungen der Aspekt der Erlösung armer Seelen betont, die mit regelmäßigen Gebeten und religiösen Übungen einherging, so konnten die Schatzgräbergruppen aber auch den Charakter einer Hauskirche annehmen. 1770 entstand im württembergischen Weilheim aus solch einer Gruppe sogar eine kurzlebige christliche Sekte um die Magd Anna Maria Freyin. Diese inszenierte für ihre Anhänger gottesdienstähnliche Geistererscheinungen, in denen erlöste Gespenster göttliche Offenbarungen mitteilten. Nur mit Mühe konnte die Obrigkeit dieser Umtriebe Herr werden.
   Zeile 36: Zeile 34:  
Einfacher ist es deshalb manchmal, stattdessen den Schatzhüter zu bannen, den Berggeist der den Schatz bewacht. Für die Theologen der Zeit handelte es sich bei diesen Geistern um Dämonen, gefallene Engel und Teufel, die nur durch die Allmacht Gottes in Schach gehalten werden, aber weiterhin versuchen, die Menschen zu täuschen und in Versuchung zu führen. Für die Naturphilosophen und Alchemisten waren sie Elementargeister (v. a. Gnome und Sylphen). Im Volk kursierten hingegen vielgestaltige Vorstellungen. Auch hier gelingt es den Schatzhütern in der Gestalt von riesigen giftigen Kröten, weißen oder feurigen Schlangen oder als schrecklicher Schwarzer Hund die Schatzsucher zu vertreiben. Oft offenbart er sich aber auch in einem heftigen Sturmwind, zuweilen sogar im Inneren von festen Gebäuden. Experten im Schatzzauber können den Schatzhüter aber unter ihre Kontrolle bringen. Im besten Fall brauchen sie das Versteck dafür nicht einmal selbst aufzusuchen, sondern verfügen über einen hilfreichen Hausgeist, wie den Drak, der ihnen die Reichtümer einfach herbeiholt. Verwandt ist die Vorstellung vom Geldmännlein, das oft (angeblich) aus einer Alraune geschnitzt war und vom Heckertaler, den man einfach zu seinem eigenen Geld legt, damit er es auf magische Weise vermehrt („ausheckt“). Obwohl solche Praktiken in die Nähe des Teufelspaktes gestellt wurden (der einzige erlaubte Umgang mit Dämonen war der Exorzismus), hielten viele Schatzzauberer die Risiken anscheinend für kontrollierbar. Tatsächlich bestehen ihre mächtigsten Beschwörungen und magischen Symbole aus Versatzstücken aus dem christlichen Kult und sind, mit ihrer massiven Berufung auf Gott, die Dreifaltigkeit und die Heiligen, kaum von Gebeten zu unterscheiden.<ref>Manfred Tschaikner: ''Schatzgräberei in Vorarlberg und Liechtenstein. Mit Ausblicken nach Tirol, Bayern, Baden-Württemberg und in die Schweiz.'' Geschichtsverein Region Bludenz, Bludenz 2006, ISBN 3-901833-19-6, S. 53, 60, 64–65.</ref> Aus ungeklärten Gründen betrachteten die Schatzsucher den heiligen Christophorus als ihren Schutzpatron (→Christoffelgebet).
 
Einfacher ist es deshalb manchmal, stattdessen den Schatzhüter zu bannen, den Berggeist der den Schatz bewacht. Für die Theologen der Zeit handelte es sich bei diesen Geistern um Dämonen, gefallene Engel und Teufel, die nur durch die Allmacht Gottes in Schach gehalten werden, aber weiterhin versuchen, die Menschen zu täuschen und in Versuchung zu führen. Für die Naturphilosophen und Alchemisten waren sie Elementargeister (v. a. Gnome und Sylphen). Im Volk kursierten hingegen vielgestaltige Vorstellungen. Auch hier gelingt es den Schatzhütern in der Gestalt von riesigen giftigen Kröten, weißen oder feurigen Schlangen oder als schrecklicher Schwarzer Hund die Schatzsucher zu vertreiben. Oft offenbart er sich aber auch in einem heftigen Sturmwind, zuweilen sogar im Inneren von festen Gebäuden. Experten im Schatzzauber können den Schatzhüter aber unter ihre Kontrolle bringen. Im besten Fall brauchen sie das Versteck dafür nicht einmal selbst aufzusuchen, sondern verfügen über einen hilfreichen Hausgeist, wie den Drak, der ihnen die Reichtümer einfach herbeiholt. Verwandt ist die Vorstellung vom Geldmännlein, das oft (angeblich) aus einer Alraune geschnitzt war und vom Heckertaler, den man einfach zu seinem eigenen Geld legt, damit er es auf magische Weise vermehrt („ausheckt“). Obwohl solche Praktiken in die Nähe des Teufelspaktes gestellt wurden (der einzige erlaubte Umgang mit Dämonen war der Exorzismus), hielten viele Schatzzauberer die Risiken anscheinend für kontrollierbar. Tatsächlich bestehen ihre mächtigsten Beschwörungen und magischen Symbole aus Versatzstücken aus dem christlichen Kult und sind, mit ihrer massiven Berufung auf Gott, die Dreifaltigkeit und die Heiligen, kaum von Gebeten zu unterscheiden.<ref>Manfred Tschaikner: ''Schatzgräberei in Vorarlberg und Liechtenstein. Mit Ausblicken nach Tirol, Bayern, Baden-Württemberg und in die Schweiz.'' Geschichtsverein Region Bludenz, Bludenz 2006, ISBN 3-901833-19-6, S. 53, 60, 64–65.</ref> Aus ungeklärten Gründen betrachteten die Schatzsucher den heiligen Christophorus als ihren Schutzpatron (→Christoffelgebet).
   −
[[Datei:Pyle pirates ghost.jpg|mini|Das Gespenst eines Piraten, über seinem versunkenen Schatz, Illustration von Howard Pyle|verweis=Special:FilePath/Pyle_pirates_ghost.jpg]]
   
Bei den mit Abstand wichtigsten Schatzhütern handelt es sich jedoch um Totengeister und Gespenster. Obwohl die Theologen aller Kirchen den Glauben an unerlöste Seelen, die weiter herumspuken müssen, ablehnten (die katholische Kirche akzeptierte nur die Existenz der armen Seelen im Fegefeuer, die protestantischen Kirchen nicht einmal diese), hielt sich der Gespensterglaube hartnäckig. Man ging davon aus, dass die Seelen von Verstorbenen zurückkehrten, weil sie in der Welt der Lebenden noch „etwas zu erledigen“ hätten. Bei jung verstorbenen Müttern konnte das z.&nbsp;B. der Schutz ihrer Kinder sein, bei reuelosen Sündern hingegen, die Sühne für ihre Untaten. Bei den Gespenstern über Schätzen handelte es sich also um die Seelen der habgierigen Geizhälse, die sie angehäuft hatten, anstatt sie für wohltätige Zwecke zu verwenden. Nun versuchten sie das Versteck preiszugeben, in der Hoffnung, dass ein Lebender den Schatz hob und den Sünder damit erlöste. Dabei erschienen sie oft in strahlender Gestalt, als Totenlicht oder Geldfeuer, ganz ähnlich wie zuvor die Engel und Heiligen in den Translationsberichten, die auf die Lage von Reliquien hinweisen wollten. Die Verbindung von Gespenster- und Schatzglaube war so eng, dass man schließlich jeden nächtlichen Spuk als Anzeichen für einen vergrabenen Schatz deutete. Die kirchliche Lehre, dass es sich bei den Erscheinungen um Dämonen handele, die nur die Gestalt eines Toten vortäuschten, wurde im Volksglauben in ihr Gegenteil verkehrt: Die arme Seele zeigte die ungefähre Lage des Schatzes, die man mit der Wünschelrute genauer bestimmen konnte. Dann erschien ein Dämon, der die Erlösung des Sünders verhindern wollte. Diesen konnte man mit dem Christoffelgebet vertreiben. In ihrem Selbstverständnis ergaben sich die Schatzsucher also keineswegs den dunklen Mächten, sondern führten, ganz im Gegenteil, mutig eine verdienstvolle Christenpflicht aus.
 
Bei den mit Abstand wichtigsten Schatzhütern handelt es sich jedoch um Totengeister und Gespenster. Obwohl die Theologen aller Kirchen den Glauben an unerlöste Seelen, die weiter herumspuken müssen, ablehnten (die katholische Kirche akzeptierte nur die Existenz der armen Seelen im Fegefeuer, die protestantischen Kirchen nicht einmal diese), hielt sich der Gespensterglaube hartnäckig. Man ging davon aus, dass die Seelen von Verstorbenen zurückkehrten, weil sie in der Welt der Lebenden noch „etwas zu erledigen“ hätten. Bei jung verstorbenen Müttern konnte das z.&nbsp;B. der Schutz ihrer Kinder sein, bei reuelosen Sündern hingegen, die Sühne für ihre Untaten. Bei den Gespenstern über Schätzen handelte es sich also um die Seelen der habgierigen Geizhälse, die sie angehäuft hatten, anstatt sie für wohltätige Zwecke zu verwenden. Nun versuchten sie das Versteck preiszugeben, in der Hoffnung, dass ein Lebender den Schatz hob und den Sünder damit erlöste. Dabei erschienen sie oft in strahlender Gestalt, als Totenlicht oder Geldfeuer, ganz ähnlich wie zuvor die Engel und Heiligen in den Translationsberichten, die auf die Lage von Reliquien hinweisen wollten. Die Verbindung von Gespenster- und Schatzglaube war so eng, dass man schließlich jeden nächtlichen Spuk als Anzeichen für einen vergrabenen Schatz deutete. Die kirchliche Lehre, dass es sich bei den Erscheinungen um Dämonen handele, die nur die Gestalt eines Toten vortäuschten, wurde im Volksglauben in ihr Gegenteil verkehrt: Die arme Seele zeigte die ungefähre Lage des Schatzes, die man mit der Wünschelrute genauer bestimmen konnte. Dann erschien ein Dämon, der die Erlösung des Sünders verhindern wollte. Diesen konnte man mit dem Christoffelgebet vertreiben. In ihrem Selbstverständnis ergaben sich die Schatzsucher also keineswegs den dunklen Mächten, sondern führten, ganz im Gegenteil, mutig eine verdienstvolle Christenpflicht aus.
   Zeile 66: Zeile 63:  
Besonders in den ehemaligen spanischen Kolonialgebieten vermuteten die europäischen Siedler reiche Schätze, nicht nur in den verlassenen Forts und Missionsstationen, sondern auch in vergessenen Gold- und Silberminen. Damit näherten sich diese Schatzsucher den klassischen Westmännern und Prospektoren an, den Goldsuchern, die allein, oder in kleinen Gruppen, oft als erste Weiße in neue Territorien vordrangen. Bei den Experten, die über die Lage der verlorenen Schätze Auskunft geben konnten, handelte es sich nun nicht mehr um Zauberer, sondern um einheimische Mexikaner und Indianer. Diese kannten noch alte Stammesgeschichten über Wegmarken und Ritzzeichnungen, die zum Schatz führten und seine Lage markierten, oder verfügten über alte Lagepläne. Ein bekanntes Beispiel hierfür sind die Sagen um James Bowies „verlorene Mine“ ''Los Almagres''. In den ältesten Versionen der Geschichte war wohl noch von spanischen Silberbarren, statt einem Bergwerk, die Rede. Die Nachforschungen über den Verbleib des Schatzes fanden nun nicht mehr mit magischen Hilfsmitteln statt, sondern mit der Recherche und Deutung quasi-archäologischer Funde und pseudo-historischer Quellen.
 
Besonders in den ehemaligen spanischen Kolonialgebieten vermuteten die europäischen Siedler reiche Schätze, nicht nur in den verlassenen Forts und Missionsstationen, sondern auch in vergessenen Gold- und Silberminen. Damit näherten sich diese Schatzsucher den klassischen Westmännern und Prospektoren an, den Goldsuchern, die allein, oder in kleinen Gruppen, oft als erste Weiße in neue Territorien vordrangen. Bei den Experten, die über die Lage der verlorenen Schätze Auskunft geben konnten, handelte es sich nun nicht mehr um Zauberer, sondern um einheimische Mexikaner und Indianer. Diese kannten noch alte Stammesgeschichten über Wegmarken und Ritzzeichnungen, die zum Schatz führten und seine Lage markierten, oder verfügten über alte Lagepläne. Ein bekanntes Beispiel hierfür sind die Sagen um James Bowies „verlorene Mine“ ''Los Almagres''. In den ältesten Versionen der Geschichte war wohl noch von spanischen Silberbarren, statt einem Bergwerk, die Rede. Die Nachforschungen über den Verbleib des Schatzes fanden nun nicht mehr mit magischen Hilfsmitteln statt, sondern mit der Recherche und Deutung quasi-archäologischer Funde und pseudo-historischer Quellen.
   −
[[Datei:Treasure-Island-map.jpg|mini|Schatzkarte|verweis=Special:FilePath/Treasure-Island-map.jpg]]
   
Im Texas des 19. Jahrhunderts blühte der Handel mit Schatzkarten und die Veröffentlichung von Robert Louis Stevensons Abenteuerroman Die Schatzinsel 1881 kanonisierte die Vorstellung, dass ein X auf der Karte das Versteck markiert. Bis heute basierten alle Suchunternehmen nach dem legendären Piratenschatz des William Kidd auf den (gefälschten) Karten, die nach 1929 von dem Antiquitätensammler Hubert Palmer erstanden wurden. Die Frage, warum jemand ein solches Dokument, das ihn reich machen konnte, für relativ wenig Geld verkaufte, wurde aber verdrängt, wie zuvor schon bei den europäischen Walenbüchern.
 
Im Texas des 19. Jahrhunderts blühte der Handel mit Schatzkarten und die Veröffentlichung von Robert Louis Stevensons Abenteuerroman Die Schatzinsel 1881 kanonisierte die Vorstellung, dass ein X auf der Karte das Versteck markiert. Bis heute basierten alle Suchunternehmen nach dem legendären Piratenschatz des William Kidd auf den (gefälschten) Karten, die nach 1929 von dem Antiquitätensammler Hubert Palmer erstanden wurden. Die Frage, warum jemand ein solches Dokument, das ihn reich machen konnte, für relativ wenig Geld verkaufte, wurde aber verdrängt, wie zuvor schon bei den europäischen Walenbüchern.
   Zeile 78: Zeile 74:  
{{Hauptartikel|Sondengänger}}
 
{{Hauptartikel|Sondengänger}}
   −
[[Datei:62 H Frox6.jpg|mini|Moderne Hobby-Schatzsucher mit Metalldetektor.|verweis=Special:FilePath/62_H_Frox6.jpg]]
   
Sondengänger suchen mit einem [[Metalldetektor]] gezielt nach metallischen Gegenständen im Boden, im militärischen Bereich nach Minen und Munition, im zivilen Bereich nach verlorenen Wertsachen, wie Antiquitäten.<ref name="DO">DIGS-Online: [http://www.digs-online.de/ Deutsche Interessengemeinschaft der Sondengänger]</ref> Sie können sowohl auf eigene Rechnung, als auch im Auftrag von Behörden oder Privatleuten arbeiten. Zu ihren Tätigkeiten gehört neben der Schatzsuche (auch unter Wasser) die Bergung von gefallenen Soldaten (anhand der Erkennungsmarke) und Militaria, die Suche nach Nuggets in Seifenlagerstätten oder nach Meteoriten oder von Strandgut.
 
Sondengänger suchen mit einem [[Metalldetektor]] gezielt nach metallischen Gegenständen im Boden, im militärischen Bereich nach Minen und Munition, im zivilen Bereich nach verlorenen Wertsachen, wie Antiquitäten.<ref name="DO">DIGS-Online: [http://www.digs-online.de/ Deutsche Interessengemeinschaft der Sondengänger]</ref> Sie können sowohl auf eigene Rechnung, als auch im Auftrag von Behörden oder Privatleuten arbeiten. Zu ihren Tätigkeiten gehört neben der Schatzsuche (auch unter Wasser) die Bergung von gefallenen Soldaten (anhand der Erkennungsmarke) und Militaria, die Suche nach Nuggets in Seifenlagerstätten oder nach Meteoriten oder von Strandgut.
  

Navigationsmenü