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'''1. Zwar besteht in den Fällen des § 55 Abs. 5 SG auf der Grundlage einer Rechtsanalogie zu den §§ 34 Abs. 1, 84 Abs. 1 S. 1 WDO eine grundsätzliche Bindung an die tatsächlichen Feststellungen rechtskräftiger Strafurteile, allerdings besteht im Einzelfall die Möglichkeit der Lösung und nochmaligen Prüfung dieser Feststellungen durch die Verwaltungsgerichte entsprechend §§ 34 Abs. 2 S. 1, 84 Abs. 1 S. 2 WDO, wenn der Spruchkörper deren Richtigkeit mit Stimmenmehrheit bezweifelt. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
 
'''1. Zwar besteht in den Fällen des § 55 Abs. 5 SG auf der Grundlage einer Rechtsanalogie zu den §§ 34 Abs. 1, 84 Abs. 1 S. 1 WDO eine grundsätzliche Bindung an die tatsächlichen Feststellungen rechtskräftiger Strafurteile, allerdings besteht im Einzelfall die Möglichkeit der Lösung und nochmaligen Prüfung dieser Feststellungen durch die Verwaltungsgerichte entsprechend §§ 34 Abs. 2 S. 1, 84 Abs. 1 S. 2 WDO, wenn der Spruchkörper deren Richtigkeit mit Stimmenmehrheit bezweifelt. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei Dienstpflichtverletzungen außerhalb des militärischen Kernbereichs kann regelmäßig auf eine ernstliche Gefährdung geschlossen werden, wenn es sich entweder um Straftaten von erheblichem Gewicht handelt, wenn die begründete Befürchtung besteht, der Soldat werde weitere Dienstpflichtverletzungen begehen (Wiederholungsgefahr) oder es sich bei dem Fehlverhalten um eine Disziplinlosigkeit handelt, die in der Truppe als allgemeine Erscheinung auftritt oder um sich zu greifen droht (Nachahmungsgefahr). Jedenfalls die beiden letztgenannten Fallgruppen erfordern eine einzelfallbezogene Würdigung der konkreten Dienstpflichtverletzung, um die Auswirkungen für die Einsatzbereitschaft oder das Ansehen der Bundeswehr beurteilen zu können. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)'''
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'''2. Bei Dienstpflichtverletzungen außerhalb des militärischen Kernbereichs kann regelmäßig auf eine ernstliche Gefährdung geschlossen werden, wenn es sich entweder um Straftaten von erheblichem Gewicht handelt, wenn die begründete Befürchtung besteht, der Soldat werde weitere Dienstpflichtverletzungen begehen (Wiederholungsgefahr) oder es sich bei dem Fehlverhalten um eine Disziplinlosigkeit handelt, die in der Truppe als allgemeine Erscheinung auftritt oder um sich zu greifen droht (Nachahmungsgefahr). Jedenfalls die beiden letztgenannten Fallgruppen erfordern eine einzelfallbezogene Würdigung der konkreten Dienstpflichtverletzung, um die Auswirkungen für die Einsatzbereitschaft oder das Ansehen der Bundeswehr beurteilen zu können. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)'''
    
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Der am … geborene Antragsteller wurde am 1. Juli 2015 in die Laufbahn der Mannschafter des Truppendienstes der Bundeswehr eingestellt und am 9. Juli 2015 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Zuletzt besetzte er, im Dienstgrad eines Stabsgefreiten (Besoldungsgruppe A 5), einen Dienstposten als Jäger beim Ausbildungszentrum der Bundeswehr in H … Das Dienstzeitende war auf den 30. Juni 2023 festgesetzt.
 
Der am … geborene Antragsteller wurde am 1. Juli 2015 in die Laufbahn der Mannschafter des Truppendienstes der Bundeswehr eingestellt und am 9. Juli 2015 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Zuletzt besetzte er, im Dienstgrad eines Stabsgefreiten (Besoldungsgruppe A 5), einen Dienstposten als Jäger beim Ausbildungszentrum der Bundeswehr in H … Das Dienstzeitende war auf den 30. Juni 2023 festgesetzt.
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Am 12. Februar 2017 ging der Antragsteller seinem Hobby als Magnetfischer in dem Fluss Lauer nach. Hierbei zog er acht Flugabwehrgranaten an Land und informierte anschließend die Polizei. Der Kampfmittelräumdienst stellte deren teilweise Gefährlichkeit fest und sprengte diese am Folgetag unter Sicherungsmaßnahmen vor Ort. In der Folge zeigte der Bayerische Rundfunk Interesse an der Tätigkeit des Magnetfischens durch den Antragsteller und nach Genehmigung eines Interviews durch Hauptmann W. fanden am 19. Februar 2017 Dreharbeiten statt, bei denen der Antragsteller das Magnetfischen darstellen sollte. Hierbei zog er u.a. erneut eine Flugabwehrgranate aus der Lauer. Polizei und Kampfmittelräumdienst wurden wiederum verständigt, wobei von der geborgenen Granate - wie sich herausstellte - keine Gefahr ausging.
 
Am 12. Februar 2017 ging der Antragsteller seinem Hobby als Magnetfischer in dem Fluss Lauer nach. Hierbei zog er acht Flugabwehrgranaten an Land und informierte anschließend die Polizei. Der Kampfmittelräumdienst stellte deren teilweise Gefährlichkeit fest und sprengte diese am Folgetag unter Sicherungsmaßnahmen vor Ort. In der Folge zeigte der Bayerische Rundfunk Interesse an der Tätigkeit des Magnetfischens durch den Antragsteller und nach Genehmigung eines Interviews durch Hauptmann W. fanden am 19. Februar 2017 Dreharbeiten statt, bei denen der Antragsteller das Magnetfischen darstellen sollte. Hierbei zog er u.a. erneut eine Flugabwehrgranate aus der Lauer. Polizei und Kampfmittelräumdienst wurden wiederum verständigt, wobei von der geborgenen Granate - wie sich herausstellte - keine Gefahr ausging.
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Hieraufhin wurde gegen den Antragsteller ein Strafverfahren eingeleitet und eine Hausdurchsuchung bei diesem durchgeführt. Der Anklageschrift vom 30. August 2018 ist u.a. zu entnehmen, dass der Antragsteller nach dem Vorfall am 12. Februar 2017 durch den Sprengmeister ausführlich über die Gefährlichkeit der Fundstücke und die enormen Risiken, die mit dem Ansetzen eines starken Magneten auf die Sprengmittel ausgingen, informiert worden sei. Gleichwohl habe sich der Antragsteller am 19. Februar 2017 erneut an derselben Stelle als Magnetfischer betätigt und eine Flugabwehrgranate aus der Lauer gezogen. Die drei Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks habe der Antragsteller zuvor nicht über die Gefährlichkeit informiert. Diese seien von einem gefahrlosen Nachstellen ausgegangen. Zwar habe der Antragsteller gehofft, dass es nicht zu einer Detonation kommen werde, habe eine solche jedoch bewusst in Kauf genommen, um als „Hauptdarsteller“ in dem Beitrag auftreten zu können; glücklicherweise sei eine Detonation ausgeblieben. Die Mitarbeiter hätten bei Kenntnis der Gefahren unter keinen Umständen Dreharbeiten durchgeführt. Zeitnah nach dem 19. Februar habe der Antragsteller unter einem Pseudonym in eine geschlossenen Internetgruppe von Magnetfischern mit ca. 1800 Mitgliedern u.a. folgenden Beitrag eingestellt: „…hab zu den arsch…Vom kmrd gesagt das ihn wohl Geld vor Menschen leben geht…“ Aus dem Kontext sei klar gewesen, dass sich diese Aussage nur auf den Sprengmeister des Kampfmittelräumdienstes beziehen könne. Der Antragsteller habe hierdurch seine Missachtung zum Ausdruck bringen wollen. Strafantrag sei gestellt worden. Am 19. Juni 2018 habe der Antragsteller zudem in seiner Wohnung einen sog. Wehrmachtskarabiner, der lediglich drei Bohrungen mit einem Durchmesser von ca. 5 mm im Lauf aufgewiesen habe, und noch funktionsfähig gewesen sei, nebst zugehörigem Schlagbolzen zu Hause aufbewahrt. Darüber hinaus habe er dort auch zehn Stück Hartkerngeschosse aufbewahrt, bei denen es sich, wie er genau gewusst habe, um verbotene Munition gehandelt habe.
 
Hieraufhin wurde gegen den Antragsteller ein Strafverfahren eingeleitet und eine Hausdurchsuchung bei diesem durchgeführt. Der Anklageschrift vom 30. August 2018 ist u.a. zu entnehmen, dass der Antragsteller nach dem Vorfall am 12. Februar 2017 durch den Sprengmeister ausführlich über die Gefährlichkeit der Fundstücke und die enormen Risiken, die mit dem Ansetzen eines starken Magneten auf die Sprengmittel ausgingen, informiert worden sei. Gleichwohl habe sich der Antragsteller am 19. Februar 2017 erneut an derselben Stelle als Magnetfischer betätigt und eine Flugabwehrgranate aus der Lauer gezogen. Die drei Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks habe der Antragsteller zuvor nicht über die Gefährlichkeit informiert. Diese seien von einem gefahrlosen Nachstellen ausgegangen. Zwar habe der Antragsteller gehofft, dass es nicht zu einer Detonation kommen werde, habe eine solche jedoch bewusst in Kauf genommen, um als „Hauptdarsteller“ in dem Beitrag auftreten zu können; glücklicherweise sei eine Detonation ausgeblieben. Die Mitarbeiter hätten bei Kenntnis der Gefahren unter keinen Umständen Dreharbeiten durchgeführt. Zeitnah nach dem 19. Februar habe der Antragsteller unter einem Pseudonym in eine geschlossenen Internetgruppe von Magnetfischern mit ca. 1800 Mitgliedern u.a. folgenden Beitrag eingestellt: „…hab zu den arsch…Vom kmrd gesagt das ihn wohl Geld vor Menschen leben geht…“ Aus dem Kontext sei klar gewesen, dass sich diese Aussage nur auf den Sprengmeister des Kampfmittelräumdienstes beziehen könne. Der Antragsteller habe hierdurch seine Missachtung zum Ausdruck bringen wollen. Strafantrag sei gestellt worden. Am 19. Juni 2018 habe der Antragsteller zudem in seiner Wohnung einen sog. Wehrmachtskarabiner, der lediglich drei Bohrungen mit einem Durchmesser von ca. 5 mm im Lauf aufgewiesen habe, und noch funktionsfähig gewesen sei, nebst zugehörigem Schlagbolzen zu Hause aufbewahrt. Darüber hinaus habe er dort auch zehn Stück Hartkerngeschosse aufbewahrt, bei denen es sich, wie er genau gewusst habe, um verbotene Munition gehandelt habe.
  

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