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Die '''Jungsteinzeit''' oder '''Neusteinzeit''', [[Fachsprache|fachsprachlich]] '''Neolithikum''' (aus [[Altgriechische Sprache|altgriech.]] {{lang|grx|νέος}} ''{{lang|grc-Latn|neos}}'' ,neu, jung‘ und {{lang|grc|λίθος}} ''{{lang|grc-Latn|lithos}}'' ,Stein‘), ist eine [[Zeitalter|Epoche]] der [[Menschheitsgeschichte]], die als (erstmaliger) Übergang von [[Jäger und Sammler|Jäger- und Sammlerkulturen]] zu Hirten- und Bauernkulturen definiert wird. Das entscheidende Kriterium für den Beginn des Neolithikums ist der Nachweis [[Domestizierung|domestizierter]] Nutzpflanzen.
 
Die '''Jungsteinzeit''' oder '''Neusteinzeit''', [[Fachsprache|fachsprachlich]] '''Neolithikum''' (aus [[Altgriechische Sprache|altgriech.]] {{lang|grx|νέος}} ''{{lang|grc-Latn|neos}}'' ,neu, jung‘ und {{lang|grc|λίθος}} ''{{lang|grc-Latn|lithos}}'' ,Stein‘), ist eine [[Zeitalter|Epoche]] der [[Menschheitsgeschichte]], die als (erstmaliger) Übergang von [[Jäger und Sammler|Jäger- und Sammlerkulturen]] zu Hirten- und Bauernkulturen definiert wird. Das entscheidende Kriterium für den Beginn des Neolithikums ist der Nachweis [[Domestizierung|domestizierter]] Nutzpflanzen.
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== Definition ==
 
== Definition ==
[[Datei:Jungsteinzeit-Sichel.jpg|mini|Rekonstruktion einer jungsteinzeitlichen Sichel aus Holz mit eingeklebten Feuersteinklingen]]
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Der britische [[Anthropologie|Anthropologe]] [[John Lubbock, 1. Baron Avebury|Sir John Lubbock]] teilte in seinem 1865 erschienenen Werk ''Prehistoric Times'' die Steinzeit in die „Periode des [[Feuerstein|geschlagenen Steins]]“ (''Old Stone Age'' ,[[Altsteinzeit]]‘) sowie die „Periode des [[Steinbeil (Steinzeit)|geschliffenen Steins]]“, die er ''New Stone Age'' ,Jungsteinzeit‘ nannte.<ref>John Lubbock: ''Prehistoric Times, as Illustrated by Ancient Remains and the Manners and Customs of Modern Savages.'' Williams and Norgate, London 1865 (deutsche Ausgabe: ''Die vorgeschichtliche Zeit erläutert durch die Überreste des Alterthums und die Sitten und Gebräuche der jetzigen Wilden.'' Costenoble, Jena 1874, 2 Bände).</ref> Heute wird der Beginn der Jungsteinzeit mit dem Übergang von der aneignenden ([[Jagd]], [[Sammelwirtschaft]], [[Fischerei]]) zur produzierenden [[Wirtschaft#Wirtschaftsformen|Wirtschaftsweise]] ([[Feldwirtschaft]], [[Gartenbau]], [[Viehwirtschaft]]) in Verbindung gebracht. Der damit verbundene [[Kulturwandel]] brachte einige weitere Merkmale mit sich, die heute auch als „Neolithisches Bündel“ ({{enS|Neolithic package}}) bezeichnet werden:
 
Der britische [[Anthropologie|Anthropologe]] [[John Lubbock, 1. Baron Avebury|Sir John Lubbock]] teilte in seinem 1865 erschienenen Werk ''Prehistoric Times'' die Steinzeit in die „Periode des [[Feuerstein|geschlagenen Steins]]“ (''Old Stone Age'' ,[[Altsteinzeit]]‘) sowie die „Periode des [[Steinbeil (Steinzeit)|geschliffenen Steins]]“, die er ''New Stone Age'' ,Jungsteinzeit‘ nannte.<ref>John Lubbock: ''Prehistoric Times, as Illustrated by Ancient Remains and the Manners and Customs of Modern Savages.'' Williams and Norgate, London 1865 (deutsche Ausgabe: ''Die vorgeschichtliche Zeit erläutert durch die Überreste des Alterthums und die Sitten und Gebräuche der jetzigen Wilden.'' Costenoble, Jena 1874, 2 Bände).</ref> Heute wird der Beginn der Jungsteinzeit mit dem Übergang von der aneignenden ([[Jagd]], [[Sammelwirtschaft]], [[Fischerei]]) zur produzierenden [[Wirtschaft#Wirtschaftsformen|Wirtschaftsweise]] ([[Feldwirtschaft]], [[Gartenbau]], [[Viehwirtschaft]]) in Verbindung gebracht. Der damit verbundene [[Kulturwandel]] brachte einige weitere Merkmale mit sich, die heute auch als „Neolithisches Bündel“ ({{enS|Neolithic package}}) bezeichnet werden:
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== Zeitliche Einteilung der neolithischen Kulturen Vorderasiens und Europas ==
 
== Zeitliche Einteilung der neolithischen Kulturen Vorderasiens und Europas ==
[[Datei:Neolithikum Ausbreitung.png|mini|600px|Die Ausbreitung der Neolithischen Kulturen ausgehend vom südöstlichen Mittelmeerraum in den Nordosten Europas. {{Farblegende|#FF7F00|[[11. Jahrtausend v. Chr.|11.000]] bis 9500 v.&nbsp;Chr. ([[Jüngere Dryaszeit]])}} {{Farblegende|#F7B600|[[9. Jahrtausend v. Chr.|9500]] bis 8000 v.&nbsp;Chr. ([[Präboreal]] bis [[Boreal (Klimastufe)|Boreal]])}} {{Farblegende| #DFFF00|[[8. Jahrtausend v. Chr.|8000]] bis 6400 v.&nbsp;Chr. ([[Boreal (Klimastufe)|Boreal]] bis [[Atlantikum]])}} {{Farblegende|#3cc723|6400 bis [[5. Jahrtausend v. Chr.|5000 v.&nbsp;Chr]] ([[Atlantikum]])}} {{Farblegende|#8080FF|5000 bis 3500 v.&nbsp;Chr. ([[Atlantikum]] bis [[Subboreal]])}}]]
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* [[12. Jahrtausend v. Chr.|12.000]] bis [[10. Jahrtausend v. Chr.|9500&nbsp;v.&nbsp;Chr.]]: ''[[Proto-Neolithikum]]'' (Kulturen: [[Natufien]], [[Harifien]], [[Sultanien]] und [[Khiamien]])
 
* [[12. Jahrtausend v. Chr.|12.000]] bis [[10. Jahrtausend v. Chr.|9500&nbsp;v.&nbsp;Chr.]]: ''[[Proto-Neolithikum]]'' (Kulturen: [[Natufien]], [[Harifien]], [[Sultanien]] und [[Khiamien]])
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: Im südlichen Mitteleuropa wird zwischen [[Jungneolithikum]], [[Spätneolithikum]] und [[Endneolithikum]] unterschieden.
 
: Im südlichen Mitteleuropa wird zwischen [[Jungneolithikum]], [[Spätneolithikum]] und [[Endneolithikum]] unterschieden.
 
: Früheste Kupferverarbeitung in Mitteleuropa ([[Jordansmühler Kultur]], [[Lengyel-Kultur]]). Nachgewiesen ist eigener Erzabbau und Verhüttung ([[Mondsee-Gruppe]]) erst im Verlaufe mehrerer Jahrhunderte. Einfluss westlicher [[Megalithkultur]] (z.&nbsp;B. [[Michelsberger Kultur]], nordische [[Trichterbecherkultur]]).
 
: Früheste Kupferverarbeitung in Mitteleuropa ([[Jordansmühler Kultur]], [[Lengyel-Kultur]]). Nachgewiesen ist eigener Erzabbau und Verhüttung ([[Mondsee-Gruppe]]) erst im Verlaufe mehrerer Jahrhunderte. Einfluss westlicher [[Megalithkultur]] (z.&nbsp;B. [[Michelsberger Kultur]], nordische [[Trichterbecherkultur]]).
[[Datei:European-middle-neolithic-en.svg|mini|400px|Karte der europäischen Jungsteinzeit,<br />um [[5. Jahrtausend v. Chr.|4500–4000 v.&nbsp;Chr.]]]]
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== Neolithische Revolution ==
 
== Neolithische Revolution ==
 
In der [[Levante]] entstanden einige dauerhafte Siedlungen bereits ''vor'' der Entwicklung der Landwirtschaft. Die Umgebung dieser Siedlungen bot den Bewohnern in der Allerödzeit genügend Ressourcen (Fisch, Fleisch oder Pflanzen).<ref name="Benz" /> Der Kultivierung und dem Anbau von Getreide ging eine jahrtausendelange Nutzung entsprechender Wildvorkommen voraus, am [[See Genezareth]] seit 21.000&nbsp;v.&nbsp;Chr. nachweisbar ([[Ohalo II]]). Diese Vorstufe zur produzierenden Landwirtschaft wird von einigen Autoren als ''proto-neolithisch'' bezeichnet; kulturhistorisch jedoch noch dem Epipaläolithikum ([[Mittelsteinzeit]] im Vorderen Orient) zugerechnet.
 
In der [[Levante]] entstanden einige dauerhafte Siedlungen bereits ''vor'' der Entwicklung der Landwirtschaft. Die Umgebung dieser Siedlungen bot den Bewohnern in der Allerödzeit genügend Ressourcen (Fisch, Fleisch oder Pflanzen).<ref name="Benz" /> Der Kultivierung und dem Anbau von Getreide ging eine jahrtausendelange Nutzung entsprechender Wildvorkommen voraus, am [[See Genezareth]] seit 21.000&nbsp;v.&nbsp;Chr. nachweisbar ([[Ohalo II]]). Diese Vorstufe zur produzierenden Landwirtschaft wird von einigen Autoren als ''proto-neolithisch'' bezeichnet; kulturhistorisch jedoch noch dem Epipaläolithikum ([[Mittelsteinzeit]] im Vorderen Orient) zugerechnet.
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Der Übergang zur Landwirtschaft war – zumindest in der Levante – weniger eine „freiwillige“ Entwicklung als vielmehr eine aus der Veränderung der Umwelt resultierende Notwendigkeit zur Sicherung des Überlebens. Die bestehende Großtierfauna (insbesondere die Gazelle) wurde überjagt und verringerte sich durch die Abkühlung des Klimas, weshalb in der Region zwischen oberem [[Euphrat]] und Mittelmeer vermehrt Wildgetreide genutzt wurde. Dies belegen Funde von [[Mahlstein|Reibesteinen]] (Handmühlen) aus dieser Zeit. Die bislang ältesten Spuren von ''möglicherweise'' domestiziertem Getreide (in diesem Fall Roggen) fand man in [[Tell Abu Hureyra]] am syrischen Euphrat; sie werden auf ein Alter von 13.000 Jahren geschätzt. Bislang gilt der rund 11.600 Jahre alte Fund domestizierten Getreides aus der Siedlung [[Sultanien|Iraq ed-Dubb]] als ältester sicher datierter Nachweis – und als Beginn der Jungsteinzeit.
 
Der Übergang zur Landwirtschaft war – zumindest in der Levante – weniger eine „freiwillige“ Entwicklung als vielmehr eine aus der Veränderung der Umwelt resultierende Notwendigkeit zur Sicherung des Überlebens. Die bestehende Großtierfauna (insbesondere die Gazelle) wurde überjagt und verringerte sich durch die Abkühlung des Klimas, weshalb in der Region zwischen oberem [[Euphrat]] und Mittelmeer vermehrt Wildgetreide genutzt wurde. Dies belegen Funde von [[Mahlstein|Reibesteinen]] (Handmühlen) aus dieser Zeit. Die bislang ältesten Spuren von ''möglicherweise'' domestiziertem Getreide (in diesem Fall Roggen) fand man in [[Tell Abu Hureyra]] am syrischen Euphrat; sie werden auf ein Alter von 13.000 Jahren geschätzt. Bislang gilt der rund 11.600 Jahre alte Fund domestizierten Getreides aus der Siedlung [[Sultanien|Iraq ed-Dubb]] als ältester sicher datierter Nachweis – und als Beginn der Jungsteinzeit.
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[[Datei:Fertile Crescent 7500 BC DAN.PNG|mini|[[Fruchtbarer Halbmond]] um 7500&nbsp;v.&nbsp;Chr.]]
      
In den trockeneren Gebieten von [[Judäa]] und im [[Sinai-Halbinsel|Sinai]] ging man nach dem Verschwinden der Gazellen dazu über, Wildziegen und Wildschafe in Herden zu halten. Eine Domestikation der Tiere lässt sich für [[Beidha]] bereits um 11.000&nbsp;v.&nbsp;Chr. annehmen und ab 8300&nbsp;v.&nbsp;Chr. belegen, da zu diesem Zeitpunkt [[Ziegenartige|Caproviden]] und [[Hornträger|Boviden]] aber auch Cervinalen (Damtiere) mit den Menschen nach Zypern gelangten. Sie muss daher weitaus früher erfolgt sein. Anfangs wurden Schafe und Ziegen ausschließlich als Fleisch- und Felllieferanten gehalten; um 7500&nbsp;v.&nbsp;Chr. lässt sich die Nutzung des Sekundärproduktes Milch, später auch Wolle archäologisch belegen. Genetisch (Untersuchung Peltonen) weist der Beginn des Abbaus der [[Laktoseintoleranz]], die bei allen Menschen zunächst uneingeschränkt vorlag, auf einen frühen Genuss von Tiermilch. Dieser Erbfortschritt, Milchzucker (Laktose) verdauen zu können (Laktosetoleranz), wurde dabei, anders als die Fortschritte im Landbau, nicht im Nahen Osten, sondern einmal (etwa 3500&nbsp;v.&nbsp;Chr.) südlich von Dänemark und später noch dreimal in Ostafrika gemacht ([[Massai]]) und ist noch heute nur in der einheimischen Bevölkerung von Nordeuropa allgemein vorhanden. Der Einsatz von Rindern als Zugtier vor dem Pflug ermöglichte schließlich den Übergang vom jungsteinzeitlichen [[Hackbau]] zu einer höheren Ackerbaukultur. Siehe dazu auch die [[Transport in der Vor- und Frühgeschichte|Geschichte des Transportwesens im Altertum]].
 
In den trockeneren Gebieten von [[Judäa]] und im [[Sinai-Halbinsel|Sinai]] ging man nach dem Verschwinden der Gazellen dazu über, Wildziegen und Wildschafe in Herden zu halten. Eine Domestikation der Tiere lässt sich für [[Beidha]] bereits um 11.000&nbsp;v.&nbsp;Chr. annehmen und ab 8300&nbsp;v.&nbsp;Chr. belegen, da zu diesem Zeitpunkt [[Ziegenartige|Caproviden]] und [[Hornträger|Boviden]] aber auch Cervinalen (Damtiere) mit den Menschen nach Zypern gelangten. Sie muss daher weitaus früher erfolgt sein. Anfangs wurden Schafe und Ziegen ausschließlich als Fleisch- und Felllieferanten gehalten; um 7500&nbsp;v.&nbsp;Chr. lässt sich die Nutzung des Sekundärproduktes Milch, später auch Wolle archäologisch belegen. Genetisch (Untersuchung Peltonen) weist der Beginn des Abbaus der [[Laktoseintoleranz]], die bei allen Menschen zunächst uneingeschränkt vorlag, auf einen frühen Genuss von Tiermilch. Dieser Erbfortschritt, Milchzucker (Laktose) verdauen zu können (Laktosetoleranz), wurde dabei, anders als die Fortschritte im Landbau, nicht im Nahen Osten, sondern einmal (etwa 3500&nbsp;v.&nbsp;Chr.) südlich von Dänemark und später noch dreimal in Ostafrika gemacht ([[Massai]]) und ist noch heute nur in der einheimischen Bevölkerung von Nordeuropa allgemein vorhanden. Der Einsatz von Rindern als Zugtier vor dem Pflug ermöglichte schließlich den Übergang vom jungsteinzeitlichen [[Hackbau]] zu einer höheren Ackerbaukultur. Siehe dazu auch die [[Transport in der Vor- und Frühgeschichte|Geschichte des Transportwesens im Altertum]].
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==== Mittelamerika ====
 
==== Mittelamerika ====
[[Datei:GEM corn.jpg|mini|Mais gehört zu den ältesten Kulturpflanzen Amerikas]]
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Der Beginn der Landwirtschaft in Mittelamerika hatte (anders als in der Levante und in China) zuerst technologische Gründe. So züchteten die Bewohner des [[Oaxaca]]tals im Süden Mexikos bereits um 8000&nbsp;v.&nbsp;Chr. [[Gartenkürbis]]se, um darin Wasser von den Flussläufen zu ihren bewohnten Höhlen in den Bergen zu transportieren. Ihre Nahrung beschafften sie sich dagegen weiterhin als Jäger und Sammler. Erst um 5100&nbsp;v.&nbsp;Chr. begann im nahegelegenen [[Río Grijalva|Grijalvadelta]] die Kultivierung einer als Nahrungsmittel bestimmten Nutzpflanze: der [[Zea|Teosinte]], einer Wildform des [[Mais]]es. Knapp tausend Jahre später, 4200&nbsp;v.&nbsp;Chr., wurde die kultivierte Teosinte auch im Oaxacatal angebaut. Im Laufe der Zeit kamen [[Paprika]], [[Sonnenblumen (Gattung)|Sonnenblumen]] und [[Gartenbohne]]n hinzu.
 
Der Beginn der Landwirtschaft in Mittelamerika hatte (anders als in der Levante und in China) zuerst technologische Gründe. So züchteten die Bewohner des [[Oaxaca]]tals im Süden Mexikos bereits um 8000&nbsp;v.&nbsp;Chr. [[Gartenkürbis]]se, um darin Wasser von den Flussläufen zu ihren bewohnten Höhlen in den Bergen zu transportieren. Ihre Nahrung beschafften sie sich dagegen weiterhin als Jäger und Sammler. Erst um 5100&nbsp;v.&nbsp;Chr. begann im nahegelegenen [[Río Grijalva|Grijalvadelta]] die Kultivierung einer als Nahrungsmittel bestimmten Nutzpflanze: der [[Zea|Teosinte]], einer Wildform des [[Mais]]es. Knapp tausend Jahre später, 4200&nbsp;v.&nbsp;Chr., wurde die kultivierte Teosinte auch im Oaxacatal angebaut. Im Laufe der Zeit kamen [[Paprika]], [[Sonnenblumen (Gattung)|Sonnenblumen]] und [[Gartenbohne]]n hinzu.
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=== Verbreitung der Landwirtschaft ===
 
=== Verbreitung der Landwirtschaft ===
[[Datei:HMB Essen und Kochgerät Jungsteinzeit.jpg|mini|Jungsteinzeitliche Essensreste und Geschirr: Mahlsteine, verkohltes Brot, verkohlte Getreidekörner und Äpfelchen, Kochtopf aus Ton, Trinkgefäße aus Hirschgeweih und Holz]]
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[[Datei:Europe agricultural revolution.gif|mini|400px|Verbreitung des neolithischen Ackerbaus in der Zeit]]
   
Außerhalb der Ursprungsregionen wurden Ackerbau und Viehzucht importiert beziehungsweise durch neue Siedler mitgebracht. So kamen etwa die Wildformen von heute weltweit verbreiteten Nutzpflanzen wie Weizen und Gerste ursprünglich nur in [[Kleinasien]] und [[Syrien]] vor, weshalb sie erstmals dort domestiziert und von dort verbreitet wurden. Als [[traditionelle Wirtschaftsform]] ist die Landwirtschaft in verschiedener Hinsicht dem Jagen und Sammeln unterlegen: Um den gleichen Kalorienertrag zu erwirtschaften, ist ein wesentlich größerer Arbeitsaufwand erforderlich; die Abhängigkeit von Klima und Wetter kann nicht kompensiert werden; die Ortsbindung verhindert die Ausnutzung der natürlichen Dynamik und Ernte und Vorratshaltung unterliegen vielen Risiken. Insofern spielten bei der Entstehung der Landwirtschaft immer auch äußere Zwänge und kulturelle Entscheidungen eine Rolle. Hätten die Bauern – nachdem sich die neue Lebensweise erst einmal etabliert hatte – die Wildbeuter anderer Gegenden nicht mit ''allen'' ihren neuen Kulturgütern beeindruckt, wäre es möglicherweise nicht zum Siegeszug von Ackerbau und Viehzucht gekommen.
 
Außerhalb der Ursprungsregionen wurden Ackerbau und Viehzucht importiert beziehungsweise durch neue Siedler mitgebracht. So kamen etwa die Wildformen von heute weltweit verbreiteten Nutzpflanzen wie Weizen und Gerste ursprünglich nur in [[Kleinasien]] und [[Syrien]] vor, weshalb sie erstmals dort domestiziert und von dort verbreitet wurden. Als [[traditionelle Wirtschaftsform]] ist die Landwirtschaft in verschiedener Hinsicht dem Jagen und Sammeln unterlegen: Um den gleichen Kalorienertrag zu erwirtschaften, ist ein wesentlich größerer Arbeitsaufwand erforderlich; die Abhängigkeit von Klima und Wetter kann nicht kompensiert werden; die Ortsbindung verhindert die Ausnutzung der natürlichen Dynamik und Ernte und Vorratshaltung unterliegen vielen Risiken. Insofern spielten bei der Entstehung der Landwirtschaft immer auch äußere Zwänge und kulturelle Entscheidungen eine Rolle. Hätten die Bauern – nachdem sich die neue Lebensweise erst einmal etabliert hatte – die Wildbeuter anderer Gegenden nicht mit ''allen'' ihren neuen Kulturgütern beeindruckt, wäre es möglicherweise nicht zum Siegeszug von Ackerbau und Viehzucht gekommen.
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== Technologie und Entwicklung ==
 
== Technologie und Entwicklung ==
[[Datei:D-BW-Uhldingen-Mühlhofen - Pfahlbaumuseum - Haus Schussenried.jpg|mini|Rekonstruktion Steinzeithaus Schussenried ([[Pfahlbaumuseum Unteruhldingen|Pfahlbaumuseum]] [[Uhldingen-Mühlhofen|Unteruhldingen]])]]
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[[Datei:Arch-Freil-Oerlinghausen-Langhaus.jpg|mini|Jungsteinzeitliches [[Langhaus (Wohngebäude)|Langhaus]] im [[Archäologisches Freilichtmuseum Oerlinghausen|Archäologischen Freilichtmuseum Oerlinghausen]]]]
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Die meisten Werkzeuge aus Holz, Tierknochen oder Feuerstein waren denen aus der Alt- und Mittelsteinzeit sehr ähnlich. Neu waren Beile und Äxte, die durch Sägen und Schleifen geschärft und zur Schäftung durchbohrt wurden. Ebenfalls neu war das Auftreten gebrannter Tongefäße. In den meisten Regionen traten diese meist zur Bevorratung gebrauchten Gefäße mit oder unmittelbar nach der Entwicklung des Ackerbaus auf, in Japan dagegen aber schon weit vorher.
 
Die meisten Werkzeuge aus Holz, Tierknochen oder Feuerstein waren denen aus der Alt- und Mittelsteinzeit sehr ähnlich. Neu waren Beile und Äxte, die durch Sägen und Schleifen geschärft und zur Schäftung durchbohrt wurden. Ebenfalls neu war das Auftreten gebrannter Tongefäße. In den meisten Regionen traten diese meist zur Bevorratung gebrauchten Gefäße mit oder unmittelbar nach der Entwicklung des Ackerbaus auf, in Japan dagegen aber schon weit vorher.
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=== Nördliches Mitteleuropa und Nordeuropa ===
 
=== Nördliches Mitteleuropa und Nordeuropa ===
[[Datei:Megalwal138.png|mini|Chronologie des Neolithikums im nördlichen Mitteleuropa und in Skandinavien nach [[Carl Johan Becker]]]]
   
Im Norden breitet sich das Neolithikum erst zwischen [[5. Jahrtausend v. Chr.|4200]] und 4000&nbsp;v.&nbsp;Chr. mit der [[Trichterbecherkultur]] aus. Sie wird in ihrer Endphase im Osten von der [[Kugelamphoren-Kultur]] überlagert. Es folgen ab [[3. Jahrtausend v. Chr.|2800&nbsp;v.&nbsp;Chr.]] im Westen die [[Glockenbecherkultur]], im Osten die [[Schnurkeramische Kultur]]. Mit ihnen endet das Neolithikum in diesem Bereich. Die Trichterbecherkultur entwickelte Stufen, die durch den Dänen C.&nbsp;J. Becker definiert, jedoch inzwischen wissenschaftlich differenziert wurde (siehe Grafik).
 
Im Norden breitet sich das Neolithikum erst zwischen [[5. Jahrtausend v. Chr.|4200]] und 4000&nbsp;v.&nbsp;Chr. mit der [[Trichterbecherkultur]] aus. Sie wird in ihrer Endphase im Osten von der [[Kugelamphoren-Kultur]] überlagert. Es folgen ab [[3. Jahrtausend v. Chr.|2800&nbsp;v.&nbsp;Chr.]] im Westen die [[Glockenbecherkultur]], im Osten die [[Schnurkeramische Kultur]]. Mit ihnen endet das Neolithikum in diesem Bereich. Die Trichterbecherkultur entwickelte Stufen, die durch den Dänen C.&nbsp;J. Becker definiert, jedoch inzwischen wissenschaftlich differenziert wurde (siehe Grafik).
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== Kultur ==
 
== Kultur ==
[[Datei:Poulnabrone-dolmen.jpg|mini|[[Poulnabrone Dolmen]], [[Irland]]]]
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Im [[Neolithisierung|neolithialisierenden]] Eurasien gehörte der [[Emmer (Getreide)|Emmer]] zu den ältesten [[Kultivierung|kultivierten]] Getreidearten.<ref>Simone Riehl: ''Der lange Weg zur Landwirtschaft.'' Spektrum der Wissenschaft, April 2014, S.&nbsp;64–68.</ref> Seinen Ursprung hatte er im Nahen Osten, er wurde dort seit mindestens [[10. Jahrtausend v. Chr.|10.000 Jahren]] angebaut. Es folgten die [[Erbse#Geschichte|Erbsen]] und [[Linsen]]. Vor mindestens [[8. Jahrtausend v. Chr.|8000]] bis [[9. Jahrtausend v. Chr.|9000 Jahren]], möglicherweise auch schon früher, begann die [[Domestizierung|Domestikation]] von [[Hausziege]]n, die somit zu den ältesten wirtschaftlich genutzten Haustieren zählen. Später kamen der [[Olivenbaum]] und der [[Wein]] und andere Tiere und Pflanzen hinzu.<ref>[[Yuval Noah Harari]]: ''Eine kurze Geschichte der Menschheit.'' DVA, München 2013, ISBN 978-3-421-04595-9, S.&nbsp;101 f.</ref>
 
Im [[Neolithisierung|neolithialisierenden]] Eurasien gehörte der [[Emmer (Getreide)|Emmer]] zu den ältesten [[Kultivierung|kultivierten]] Getreidearten.<ref>Simone Riehl: ''Der lange Weg zur Landwirtschaft.'' Spektrum der Wissenschaft, April 2014, S.&nbsp;64–68.</ref> Seinen Ursprung hatte er im Nahen Osten, er wurde dort seit mindestens [[10. Jahrtausend v. Chr.|10.000 Jahren]] angebaut. Es folgten die [[Erbse#Geschichte|Erbsen]] und [[Linsen]]. Vor mindestens [[8. Jahrtausend v. Chr.|8000]] bis [[9. Jahrtausend v. Chr.|9000 Jahren]], möglicherweise auch schon früher, begann die [[Domestizierung|Domestikation]] von [[Hausziege]]n, die somit zu den ältesten wirtschaftlich genutzten Haustieren zählen. Später kamen der [[Olivenbaum]] und der [[Wein]] und andere Tiere und Pflanzen hinzu.<ref>[[Yuval Noah Harari]]: ''Eine kurze Geschichte der Menschheit.'' DVA, München 2013, ISBN 978-3-421-04595-9, S.&nbsp;101 f.</ref>
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== Einzelnachweise ==
 
== Einzelnachweise ==
 
<references />
 
<references />
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{{Normdaten|TYP=s|GND=4075272-0|REMARK=Ansetzungsform GND „Neolithikum“.}}
      
[[Kategorie:Jungsteinzeit| ]]
 
[[Kategorie:Jungsteinzeit| ]]
 
[[Kategorie:Periode der Ur- und Frühgeschichte]]
 
[[Kategorie:Periode der Ur- und Frühgeschichte]]

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