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Der '''Zweite Weltkrieg''' (1. September 1939 – 2. September 1945) war der zweite [[Weltkrieg|global geführte Krieg]] sämtlicher [[Großmacht|Großmächte]] im 20.&nbsp;Jahrhundert. In [[Europa]] begann er am 1.&nbsp;September 1939 mit dem von [[Adolf Hitler]] befohlenen [[Überfall auf Polen]]. In Ostasien befand sich das [[Japanisches Kaiserreich|Kaiserreich Großjapan]] bereits seit Juli 1937 im [[Zweiter Japanisch-Chinesischer Krieg|Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg]] mit der [[Republik China (1912–1949)|Republik China]] und ab Mitte 1938 in einem [[Japanisch-Sowjetischer Grenzkonflikt|Grenzkrieg]] mit der [[Sowjetunion]]. Der japanische [[Überfall auf Pearl Harbor]] Anfang Dezember 1941 hatte den [[Eintritt der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg]] und den Beginn des [[Pazifikkrieg]]s zur Folge, in den auch die europäischen [[Kolonialmacht|Kolonialmächte]] verwickelt wurden. Im Kriegsverlauf bildeten sich zwei militärische Allianzen, die als ''[[Achsenmächte]]'' und ''[[Alliierte#Zweiter Weltkrieg|Alliierte]]'' ([[Anti-Hitler-Koalition]]) bezeichnet werden. Hauptgegner des [[Zeit des Nationalsozialismus|nationalsozialistischen]] [[NS-Staat|Deutschen Reiches]] waren in Europa das [[Vereinigtes Königreich|Vereinigte Königreich]] mit dem [[Kriegsregierung Churchill|Kriegskabinett]] von [[Premierminister des Vereinigten Königreichs|Premierminister]] [[Winston Churchill]] an der Spitze sowie (ab Juni 1941) die unter der [[Diktatur]] [[Josef Stalin]]s stehende Sowjetunion. Viele Historiker argumentieren heute, dass der Zweite Weltkrieg erst mit dem Eintritt der USA zu einem Weltkrieg wurde, da dieser im Jahr 1941 die vorher regionalen Kriege in Asien (1937) und Europa (1939) miteinander verband.<ref>Vgl. Takuma Melber: „In Asien begann der Weltkrieg 1931“. Kölner Stadtanzeiger, 17.07.2017, Interview mit Michael Hesse.</ref>
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Der '''Zweite Weltkrieg''' (1. September 1939 – 2. September 1945) war der zweite [[Weltkrieg|global geführte Krieg]] sämtlicher [[Großmacht|Großmächte]] im 20.&nbsp;Jahrhundert. In [[Europa]] begann er am 1.&nbsp;September 1939 mit dem von [[Adolf Hitler]] befohlenen [[Überfall auf Polen]]. In Ostasien befand sich das [[Japanisches Kaiserreich|Kaiserreich Großjapan]] bereits seit Juli 1937 im [[Zweiter Japanisch-Chinesischer Krieg|Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg]] mit der [[Republik China (1912–1949)|Republik China]] und ab Mitte 1938 in einem [[Japanisch-Sowjetischer Grenzkonflikt|Grenzkrieg]] mit der [[Sowjetunion]]. {{:Werbung-Metallsonde1}}Der japanische [[Überfall auf Pearl Harbor]] Anfang Dezember 1941 hatte den [[Eintritt der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg]] und den Beginn des [[Pazifikkrieg]]s zur Folge, in den auch die europäischen [[Kolonialmacht|Kolonialmächte]] verwickelt wurden. Im Kriegsverlauf bildeten sich zwei militärische Allianzen, die als ''[[Achsenmächte]]'' und ''[[Alliierte#Zweiter Weltkrieg|Alliierte]]'' ([[Anti-Hitler-Koalition]]) bezeichnet werden. Hauptgegner des [[Zeit des Nationalsozialismus|nationalsozialistischen]] [[NS-Staat|Deutschen Reiches]] waren in Europa das [[Vereinigtes Königreich|Vereinigte Königreich]] mit dem [[Kriegsregierung Churchill|Kriegskabinett]] von [[Premierminister des Vereinigten Königreichs|Premierminister]] [[Winston Churchill]] an der Spitze sowie (ab Juni 1941) die unter der [[Diktatur]] [[Josef Stalin]]s stehende Sowjetunion. Viele Historiker argumentieren heute, dass der Zweite Weltkrieg erst mit dem Eintritt der USA zu einem Weltkrieg wurde, da dieser im Jahr 1941 die vorher regionalen Kriege in Asien (1937) und Europa (1939) miteinander verband.<ref>Vgl. Takuma Melber: „In Asien begann der Weltkrieg 1931“. Kölner Stadtanzeiger, 17.07.2017, Interview mit Michael Hesse.</ref>
    
Mit der [[Bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht|bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht]] endeten die Kampfhandlungen in Europa am [[VE-Day|8.&nbsp;Mai 1945]]; die beiden [[Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki]] führten zur [[Kapitulation Japans]] am 2.&nbsp;September 1945 und damit zum Kriegsende.
 
Mit der [[Bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht|bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht]] endeten die Kampfhandlungen in Europa am [[VE-Day|8.&nbsp;Mai 1945]]; die beiden [[Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki]] führten zur [[Kapitulation Japans]] am 2.&nbsp;September 1945 und damit zum Kriegsende.
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== Vorgeschichte ==
 
== Vorgeschichte ==
{{Hauptartikel|Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges in Europa|Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges im Pazifikraum}}
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In den Jahren von 1920 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 erlangte in weiten Teilen Europas der [[Faschismus]] beziehungsweise [[Rechtsextremismus]] zunehmend die politische Meinungsherrschaft. In Italien bekam [[Benito Mussolini]] bereits 1922 mit dem [[Marsch auf Rom]] die Macht übertragen. In Deutschland wuchs der [[Nationalsozialismus]] nach 1930 zur Massenbewegung heran. Am 30.&nbsp;Januar 1933 wurde ihr und ihren rechtskonservativen Verbündeten die politische [[Machtergreifung|Macht übergeben]], als Reichspräsident [[Paul von Hindenburg]] Adolf Hitler zum [[Reichskanzler]] ernannte. Dieser bildete aus [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|Nationalsozialisten]] und [[Deutschnationale Volkspartei|Deutschnationalen]] das [[Kabinett Hitler]].
 
In den Jahren von 1920 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 erlangte in weiten Teilen Europas der [[Faschismus]] beziehungsweise [[Rechtsextremismus]] zunehmend die politische Meinungsherrschaft. In Italien bekam [[Benito Mussolini]] bereits 1922 mit dem [[Marsch auf Rom]] die Macht übertragen. In Deutschland wuchs der [[Nationalsozialismus]] nach 1930 zur Massenbewegung heran. Am 30.&nbsp;Januar 1933 wurde ihr und ihren rechtskonservativen Verbündeten die politische [[Machtergreifung|Macht übergeben]], als Reichspräsident [[Paul von Hindenburg]] Adolf Hitler zum [[Reichskanzler]] ernannte. Dieser bildete aus [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|Nationalsozialisten]] und [[Deutschnationale Volkspartei|Deutschnationalen]] das [[Kabinett Hitler]].
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== Krieg in Europa ==
 
== Krieg in Europa ==
{{Hauptartikel|Chronologie des Zweiten Weltkrieges|titel1=Chronologie des Zweiten Weltkrieges, eine tageweise Zeitleiste}}
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=== Vom Überfall auf Polen bis zur Niederlage Frankreichs, September 1939 bis Juni 1940 ===
 
=== Vom Überfall auf Polen bis zur Niederlage Frankreichs, September 1939 bis Juni 1940 ===
 
In der ersten Phase des Krieges eroberten und besetzten Deutschland (von Westen kommend) und die Sowjetunion (von Osten kommend) Polen (ab 1. bzw. 17. September 1939), eroberte Deutschland Dänemark und Norwegen (April–Juni 1940) sowie die Niederlande, Belgien und Frankreich (Mai–Juni 1940). Die schnelle Niederlage Frankreichs kam für die meisten Menschen unerwartet, nicht zuletzt für [[Josef Stalin]].<ref>Bernd-Jürgen Wendt: ''Deutschland 1933–1945. Das „Dritte Reich“. Handbuch zur Geschichte.'' Fackelträger, Hannover 1995, ISBN 3-7716-2209-3, S. 487.</ref> Dennoch erreichte Hitler sein Hauptziel nicht, Großbritannien aus dem Krieg herauszuhalten, zur Aufgabe zu zwingen oder militärisch zu besiegen. Dies wurde spätestens im Oktober 1940 während der Luftschlacht über England deutlich. Großbritannien blieb der einzige Staat, der vom Beginn des Krieges an durchgehend handlungsfähiger Gegner Deutschlands war.
 
In der ersten Phase des Krieges eroberten und besetzten Deutschland (von Westen kommend) und die Sowjetunion (von Osten kommend) Polen (ab 1. bzw. 17. September 1939), eroberte Deutschland Dänemark und Norwegen (April–Juni 1940) sowie die Niederlande, Belgien und Frankreich (Mai–Juni 1940). Die schnelle Niederlage Frankreichs kam für die meisten Menschen unerwartet, nicht zuletzt für [[Josef Stalin]].<ref>Bernd-Jürgen Wendt: ''Deutschland 1933–1945. Das „Dritte Reich“. Handbuch zur Geschichte.'' Fackelträger, Hannover 1995, ISBN 3-7716-2209-3, S. 487.</ref> Dennoch erreichte Hitler sein Hauptziel nicht, Großbritannien aus dem Krieg herauszuhalten, zur Aufgabe zu zwingen oder militärisch zu besiegen. Dies wurde spätestens im Oktober 1940 während der Luftschlacht über England deutlich. Großbritannien blieb der einzige Staat, der vom Beginn des Krieges an durchgehend handlungsfähiger Gegner Deutschlands war.
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==== Deutscher Überfall auf Polen, 1939 ====
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==== Deutscher Überfall auf Polen, 1939Hitler hatte am 23.&nbsp;August den Angriff für den 26. August um 4:30&nbsp;Uhr festgelegt,<ref>Donald Cameron Watt: How War Came. The Immediate Origins of the Second World War, 1938–1939. Pantheon Books, New York 1989, S. 479.</ref> zog den Befehl aber am Vortag kurzfristig zurück, nachdem er erfahren hatte, dass Italien nicht kriegsbereit sei und England und Polen ihre gegenseitigen Zusagen [[Britisch-französische Garantieerklärung|vertraglich fixiert]] hatten. ====
{{Hauptartikel|Überfall auf Polen}}
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Hitler befahl nunmehr am 31.&nbsp;August 1939 den Angriff der [[Wehrmacht]] auf Polen um 4:45&nbsp;Uhr des folgenden Tages. Diese Weisung enthielt auch taktische Weisungen für das Verhalten der Wehrmacht im Westen und Norden (Ostsee-Eingänge [[Kattegat]] und [[Skagerrak]]) und verbot Angriffe gegen „das englische Mutterland“ mit unzureichenden Teilkräften.<ref>Vgl. ''Akten zur Deutschen Auswärtigen Politik 1918–1945'', Serie D, Band VII M 70604, S. 397, 1946; hrsg. v. Beauftragten der Siegermächte USA, GB und Frankreich.</ref>
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Hitler hatte am 23.&nbsp;August den Angriff für den 26. August um 4:30&nbsp;Uhr festgelegt,<ref>Donald Cameron Watt: How War Came. The Immediate Origins of the Second World War, 1938–1939. Pantheon Books, New York 1989, S. 479.</ref> zog den Befehl aber am Vortag kurzfristig zurück, nachdem er erfahren hatte, dass Italien nicht kriegsbereit sei und England und Polen ihre gegenseitigen Zusagen [[Britisch-französische Garantieerklärung|vertraglich fixiert]] hatten.
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Diesem militärischen Überfall auf das Nachbarland<ref>Arnulf Scriba: [https://www.dhm.de/lemo/kapitel/der-zweite-weltkrieg/kriegsverlauf/ueberfall-auf-polen-1939.html ''Der Überfall auf Polen 1939''], [[Lebendiges Museum Online|LeMO]] auf der Webseite des [[Deutsches Historisches Museum|Deutschen Historischen Museums]] vom 19. Mai 2015.</ref> ging keine formale [[Kriegserklärung]] voraus. Um die [[Invasion (Militär)|Invasion]] Polens zu rechtfertigen, fingierte die deutsche Seite mehrere Vorfälle, so zum Beispiel den vorgetäuschten [[Überfall auf den Sender Gleiwitz]] von als polnische [[Widerstandskämpfer]] verkleideten [[Schutzstaffel|SS]]-Angehörigen am 31.&nbsp;August. Dabei verkündeten diese in polnischer Sprache über Radio wahrheitswidrig eine ''Kriegserklärung'' Polens an das Deutsche Reich. Der fadenscheinige Trick wurde von Berlin aus mit dem Kennwort „Großmutter gestorben“ ausgelöst. Fast drei Millionen deutsche Soldaten waren aufmarschiert, um Polen zu überfallen. Sie hatten rund 400.000 Pferde und 200.000 Fahrzeuge zur Verfügung. 1,5 Millionen Mann waren bis zur polnischen Grenze vorgerückt, viele mit Platzpatronen, um vorzutäuschen, sie zögen nur ins Manöver. Mit der Unklarheit war es jedoch vorbei, als sie Befehl erhielten, scharfe Munition zu laden.<ref>Vgl. Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S. 35&nbsp;f.</ref>  
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Hitler befahl nunmehr am 31.&nbsp;August 1939 den Angriff der [[Wehrmacht]] auf Polen um 4:45&nbsp;Uhr des folgenden Tages. Diese Weisung enthielt auch taktische Weisungen für das Verhalten der Wehrmacht im Westen und Norden (Ostsee-Eingänge [[Kattegat]] und [[Skagerrak]]) und verbot Angriffe gegen „das englische Mutterland“ mit unzureichenden Teilkräften.<ref>Vgl. ''Akten zur Deutschen Auswärtigen Politik 1918–1945'', Serie D, Band VII M 70604, S. 397, 1946; hrsg. v. Beauftragten der Siegermächte USA, GB und Frankreich.</ref>
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[[Datei:Germans at Polish Border (1939-09-01).jpg|mini|Deutsche Soldaten und Danziger Landespolizisten stellen die Zerstörung eines polnischen Schlagbaums an der Grenze zur [[Freie Stadt Danzig|Freien Stadt Danzig]] nach, 1.&nbsp;September 1939]]
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Den militärischen Angriff begannen das deutsche [[Linienschiff]] ''[[SMS Schleswig-Holstein|Schleswig-Holstein]]'' auf die polnische Stellung „[[Westerplatte]]“ bei [[Danzig]] und die [[Luftwaffe (Wehrmacht)|Luftwaffe]] mit dem [[Luftangriff auf Wieluń]] am 1. September 1939. Die polnische Armee mit ungefähr 1,01&nbsp;Millionen Soldaten stand 1,5&nbsp;Millionen deutschen Soldaten gegenüber.<ref name="Heinrich August Winkler">Heinrich August Winkler: ''Geschichte des Westens. Die Zeit der Weltkriege.'' C.H.Beck, München 2011, S. 894&nbsp;f.</ref> Technisch und in der Art der [[Kriegführung]] war sie unterlegen. Nach dem Einmarsch der ''[[Rote Armee|Roten Armee]]'' in Ostpolen am 17.&nbsp;September 1939 wurde das Kräfteverhältnis nochmals dramatisch zu Gunsten der Aggressoren verschoben. Die polnische Regierung rechnete andererseits mit der Unterstützung durch Frankreich und Großbritannien, die am 2.&nbsp;September aufgrund der „[[Britisch-französische Garantieerklärung|Garantieerklärung vom 30.&nbsp;März 1939]]“ ein [[Ultimatum]] an das Deutsche Reich gestellt hatten. Es forderte den sofortigen Rückzug aller deutschen Truppen aus Polen. Die britisch-französische Garantieerklärung hätte diese Staaten verpflichtet, spätestens 15&nbsp;Tage nach einem deutschen Angriff eine eigene Offensive im Westen Deutschlands zu beginnen. Hitler nahm an, dass die beiden Westmächte ihn ebenso wie beim Einmarsch in die „Rest-Tschechei“ gewähren lassen würden, und ließ den [[Westwall]] nur schwach besetzen.
Diesem militärischen Überfall auf das Nachbarland<ref>Arnulf Scriba: [https://www.dhm.de/lemo/kapitel/der-zweite-weltkrieg/kriegsverlauf/ueberfall-auf-polen-1939.html ''Der Überfall auf Polen 1939''], [[Lebendiges Museum Online|LeMO]] auf der Webseite des [[Deutsches Historisches Museum|Deutschen Historischen Museums]] vom 19. Mai 2015.</ref> ging keine formale [[Kriegserklärung]] voraus. Um die [[Invasion (Militär)|Invasion]] Polens zu rechtfertigen, fingierte die deutsche Seite mehrere Vorfälle, so zum Beispiel den vorgetäuschten [[Überfall auf den Sender Gleiwitz]] von als polnische [[Widerstandskämpfer]] verkleideten [[Schutzstaffel|SS]]-Angehörigen am 31.&nbsp;August. Dabei verkündeten diese in polnischer Sprache über Radio wahrheitswidrig eine ''Kriegserklärung'' Polens an das Deutsche Reich. Der fadenscheinige Trick wurde von Berlin aus mit dem Kennwort „Großmutter gestorben“ ausgelöst. Fast drei Millionen deutsche Soldaten waren aufmarschiert, um Polen zu überfallen. Sie hatten rund 400.000 Pferde und 200.000 Fahrzeuge zur Verfügung. 1,5 Millionen Mann waren bis zur polnischen Grenze vorgerückt, viele mit Platzpatronen, um vorzutäuschen, sie zögen nur ins Manöver. Mit der Unklarheit war es jedoch vorbei, als sie Befehl erhielten, scharfe Munition zu laden.<ref>Vgl. Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S. 35&nbsp;f.</ref> [[Datei:Zniszczenia1939 0.jpg|mini|Wieluń nach dem Luftangriff, 1.&nbsp;September 1939]]
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[[Datei:Bundesarchiv Bild 146-1976-071-36, Polen, an der Brahe, deutsche Panzer.jpg|mini|Links Panzer-Kampfwagen I und II beim Vormarsch nahe [[Bydgoszcz|Bromberg]] im ''Polnischen Korridor'', September 1939. Rechts, im Sd.-Kfz 251 mit Vorrichtung für einen Sonnenschutz, General [[Heinz Guderian]]]]
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Ein Angriff der Westmächte blieb aus, jedoch erklärten Großbritannien und Frankreich am 3.&nbsp;September nach Ablauf des Ultimatums Deutschland den Krieg. Die [[Kriegsregierung Chamberlain]] hatte jedoch nur sieben Monate Bestand, während derer Großbritannien im [[Sitzkrieg]] weitgehend passiv blieb.
Den militärischen Angriff begannen das deutsche [[Linienschiff]] ''[[SMS Schleswig-Holstein|Schleswig-Holstein]]'' auf die polnische Stellung „[[Westerplatte]]“ bei [[Danzig]] und die [[Luftwaffe (Wehrmacht)|Luftwaffe]] mit dem [[Luftangriff auf Wieluń]] am 1. September 1939. Die polnische Armee mit ungefähr 1,01&nbsp;Millionen Soldaten stand 1,5&nbsp;Millionen deutschen Soldaten gegenüber.<ref name="Heinrich August Winkler">Heinrich August Winkler: ''Geschichte des Westens. Die Zeit der Weltkriege.'' C.H.Beck, München 2011, S. 894&nbsp;f.</ref> Technisch und in der Art der [[Kriegführung]] war sie unterlegen. Nach dem Einmarsch der ''[[Rote Armee|Roten Armee]]'' in Ostpolen am 17.&nbsp;September 1939 wurde das Kräfteverhältnis nochmals dramatisch zu Gunsten der Aggressoren verschoben. Die polnische Regierung rechnete andererseits mit der Unterstützung durch Frankreich und Großbritannien, die am 2.&nbsp;September aufgrund der „[[Britisch-französische Garantieerklärung|Garantieerklärung vom 30.&nbsp;März 1939]]“ ein [[Ultimatum]] an das Deutsche Reich gestellt hatten. Es forderte den sofortigen Rückzug aller deutschen Truppen aus Polen. Die britisch-französische Garantieerklärung hätte diese Staaten verpflichtet, spätestens 15&nbsp;Tage nach einem deutschen Angriff eine eigene Offensive im Westen Deutschlands zu beginnen. Hitler nahm an, dass die beiden Westmächte ihn ebenso wie beim Einmarsch in die „Rest-Tschechei“ gewähren lassen würden, und ließ den [[Westwall]] nur schwach besetzen.[[Datei:Chamberlain-war-declaration.ogg|mini|links|Tonaufnahme: Premierminister Chamberlain informiert in einer Radioansprache vom 3. September 1939 die britische Bevölkerung über die Kriegserklärung an Deutschland]] Ein Angriff der Westmächte blieb aus, jedoch erklärten Großbritannien und Frankreich am 3.&nbsp;September nach Ablauf des Ultimatums Deutschland den Krieg. Die [[Kriegsregierung Chamberlain]] hatte jedoch nur sieben Monate Bestand, während derer Großbritannien im [[Sitzkrieg]] weitgehend passiv blieb.
      
Mittels [[Gefecht der verbundenen Waffen|konzentrierter Angriffe]] im Rahmen einer „[[Blitzkrieg]]“-Strategie gelang es der Wehrmacht, große Truppenteile der polnischen Verteidiger [[Zangenangriff|einzuschließen]] und [[Kesselschlacht]]en wie [[Schlacht bei Radom|bei Radom]] (9.&nbsp;September) und [[Schlacht an der Bzura|an der Bzura]] (bis zum 19.&nbsp;September) für sich zu entscheiden.
 
Mittels [[Gefecht der verbundenen Waffen|konzentrierter Angriffe]] im Rahmen einer „[[Blitzkrieg]]“-Strategie gelang es der Wehrmacht, große Truppenteile der polnischen Verteidiger [[Zangenangriff|einzuschließen]] und [[Kesselschlacht]]en wie [[Schlacht bei Radom|bei Radom]] (9.&nbsp;September) und [[Schlacht an der Bzura|an der Bzura]] (bis zum 19.&nbsp;September) für sich zu entscheiden.
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Die auf einen schnellen Sieg ausgelegte – und hierbei erfolgreiche – Taktik beim Angriff auf Polen förderte die Verwendung des Begriffs „[[Blitzkrieg]]“ und prägte die weitere Kriegführung Deutschlands bis Ende 1941.
 
Die auf einen schnellen Sieg ausgelegte – und hierbei erfolgreiche – Taktik beim Angriff auf Polen förderte die Verwendung des Begriffs „[[Blitzkrieg]]“ und prägte die weitere Kriegführung Deutschlands bis Ende 1941.
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==== Stellungskrieg an der Westfront, 1939 ====
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==== Stellungskrieg an der Westfront, 1939Am 3.&nbsp;September erklärten Frankreich und Großbritannien Deutschland den Krieg. Aufgrund dessen begann am 5.&nbsp;September eine begrenzte und eher symbolische Offensive der Franzosen gegen das Saargebiet. Die Deutschen leisteten keinen Widerstand und zogen sich zum stark befestigten Westwall zurück. Danach blieb es ruhig an der Westfront. Diese Phase wird auch als „Sitzkrieg“ bezeichnet.<ref>Vgl. französisch: „drôle de guerre“ = „komischer Krieg“, englisch: „phoney war“ = „Krieg der Worte“ oder „Scheinkrieg“. Zum Beispiel wurden am 3.&nbsp;September sechs Millionen Flugblätter von britischen Flugzeugen über Deutschland abgeworfen. Zit.&nbsp;n. H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens.'' München 2011, S. 899.</ref> Bis auf vereinzelte Artillerie[[scharmützel]] erfolgten keine alliierten Angriffe. Auf deutscher Seite rollte die [[NS-Propaganda|Propagandamaschinerie]] an. Mit Flugblättern und Parolen über Lautsprecher fragte man die Franzosen „''Warum führt ihr Krieg?''“ oder verkündete „''Wir werden nicht zuerst schießen''“. ====
{{Hauptartikel|Sitzkrieg}}
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[[Datei:Bundesarchiv Bild 101I-036-0175-16, Oberrheinfront, Lautsprecherwagen.jpg|mini|Lautsprecherwagen der [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] an der Front am [[Oberrhein]], 1939]]
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Am 3.&nbsp;September erklärten Frankreich und Großbritannien Deutschland den Krieg. Aufgrund dessen begann am 5.&nbsp;September eine begrenzte und eher symbolische Offensive der Franzosen gegen das Saargebiet. Die Deutschen leisteten keinen Widerstand und zogen sich zum stark befestigten Westwall zurück. Danach blieb es ruhig an der Westfront. Diese Phase wird auch als „Sitzkrieg“ bezeichnet.<ref>Vgl. französisch: „drôle de guerre“ = „komischer Krieg“, englisch: „phoney war“ = „Krieg der Worte“ oder „Scheinkrieg“. Zum Beispiel wurden am 3.&nbsp;September sechs Millionen Flugblätter von britischen Flugzeugen über Deutschland abgeworfen. Zit.&nbsp;n. H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens.'' München 2011, S. 899.</ref> Bis auf vereinzelte Artillerie[[scharmützel]] erfolgten keine alliierten Angriffe. Auf deutscher Seite rollte die [[NS-Propaganda|Propagandamaschinerie]] an. Mit Flugblättern und Parolen über Lautsprecher fragte man die Franzosen „''Warum führt ihr Krieg?''“ oder verkündete „''Wir werden nicht zuerst schießen''“.
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Am 27. September erging eine Weisung Hitlers an das Oberkommando des Heeres zur Ausarbeitung eines Angriffsplans, des sogenannten „[[Westfeldzug|Fall Gelb]]“. Bis zum 29.&nbsp;Oktober waren die Planungen abgeschlossen. Sie sahen vor, dass zwei Heeresgruppen durch die [[Niederlande]] und [[Belgien]] vorstoßen sollten, um somit sämtliche alliierten Kräfte nördlich der [[Somme]] zu zerschlagen.
 
Am 27. September erging eine Weisung Hitlers an das Oberkommando des Heeres zur Ausarbeitung eines Angriffsplans, des sogenannten „[[Westfeldzug|Fall Gelb]]“. Bis zum 29.&nbsp;Oktober waren die Planungen abgeschlossen. Sie sahen vor, dass zwei Heeresgruppen durch die [[Niederlande]] und [[Belgien]] vorstoßen sollten, um somit sämtliche alliierten Kräfte nördlich der [[Somme]] zu zerschlagen.
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Finnland hatte sich seit Beginn der 1930er-Jahre dem Entwicklungsstand der anderen nordischen Demokratien angepasst, mit denen es konfessionell durch seine protestantisch-lutherische Prägung verwandt war. Auf außenpolitischem Gebiet rückten sie näher zusammen, als sich im Herbst 1933 Finnland, Schweden, Norwegen, Dänemark sowie Belgien, Luxemburg und die Niederlande zu den sogenannten ''Oslo-Staaten'' zusammenschlossen, die sich zu einer engen Zollunion bekannten. 1935 legte sich die finnische Regierung [[Toivo Kivimäki]] auf eine engere Zusammenarbeit mit den drei anderen skandinavischen Staaten zwecks Sicherung der gemeinsamen Neutralität fest.<ref>Es war eine Reaktion auf die drohende Gefahr eines neuen großen europäischen Krieges. Vgl. H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens. Die Zeit der Weltkriege 1914–1945.'' München 2011, S. 367&nbsp;f.</ref>
 
Finnland hatte sich seit Beginn der 1930er-Jahre dem Entwicklungsstand der anderen nordischen Demokratien angepasst, mit denen es konfessionell durch seine protestantisch-lutherische Prägung verwandt war. Auf außenpolitischem Gebiet rückten sie näher zusammen, als sich im Herbst 1933 Finnland, Schweden, Norwegen, Dänemark sowie Belgien, Luxemburg und die Niederlande zu den sogenannten ''Oslo-Staaten'' zusammenschlossen, die sich zu einer engen Zollunion bekannten. 1935 legte sich die finnische Regierung [[Toivo Kivimäki]] auf eine engere Zusammenarbeit mit den drei anderen skandinavischen Staaten zwecks Sicherung der gemeinsamen Neutralität fest.<ref>Es war eine Reaktion auf die drohende Gefahr eines neuen großen europäischen Krieges. Vgl. H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens. Die Zeit der Weltkriege 1914–1945.'' München 2011, S. 367&nbsp;f.</ref>
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[[Datei:Simo hayha honorary rifle.jpg|mini|links|[[Simo Häyhä]], während des Winterkrieges (Dez.&nbsp;1939 – März&nbsp;1940) als [[Scharfschütze]] eingesetzt und von Soldaten der Roten Armee als „Weißer Tod“ bezeichnet, tötete mehr als 500 sowjetische Soldaten während der [[Schlacht von Kollaa]]]]
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Am&nbsp;30.&nbsp;November 1939 überschritten sowjetische Truppen unter dem Kommando des Marschalls [[Kirill Afanassjewitsch Merezkow|Kirill Merezkow]] im sogenannten Winterkrieg die finnische Grenze. Die ''Rote Armee'' griff mit 450.000 Mann, 2.000 Panzern und 1.000 Flugzeugen an<ref>Carl van Dyke: ''The Soviet Invasion of Finland 1939–40''. London 1997, S. 55.</ref> und erwartete einen schnellen Sieg. Deren Offiziere nahmen an, die Finnen würden sie als ihre ''Brüder'' und ''Befreier'' von den kapitalistischen ''Unterdrückern'' begrüßen. Die sowjetische Führung unterschätzte die Kampfkraft der Finnen, die mit nur 200.000 Soldaten, darunter vielen Reservisten und Jugendlichen, wenigen Panzern und Flugzeugen die Angreifer der ''Roten Armee'' am Durchbruch der [[Mannerheim-Linie]] nach hohen sowjetischen Verlusten hindern konnten. Finnische Soldaten nutzten einfache, aber effektive Brandsätze zur Panzerbekämpfung, die von ihnen nach dem Außenminister der Sowjetunion „[[Molotowcocktail]]“ genannt wurden.<ref>Vgl. Alexander Lüdeke: ''Der Zweite Weltkrieg. Ursachen, Ausbruch, Verlauf, Folgen''. Bath, UK, S.&nbsp;33.</ref> Die zahlenmäßige Übermacht der sowjetischen Truppen wirkte sich nicht besonders aus, weil das Waldgelände und der tiefe Schnee Operationen der ''Roten Armee'' abseits der wenigen Straßen kaum zuließen und oft nur ein [[Regiment]] vorne an befestigten Straßen kämpfen konnte.<ref>Hinweis: Ein sowjetisches Schützenregiment umfasste ca. 450 Soldaten.</ref> Zu diesen Widrigkeiten kamen Temperaturen von minus 35&nbsp;°C hinzu.<ref>Vgl. Carl van Dyke: ''The Soviet Invasion of Finland 1939–40''. London 1997, S. 100 und 123.</ref> Am Ende des Winterkrieges hatte die ''Rote Armee'' mehr als 85.000 Tote und Vermisste zu beklagen, die finnische Armee ca. 27.000 Mann.<ref>Vgl. Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S. 58 & 64.</ref> Erst nach umfassenden Umgruppierungen und Verstärkungen konnte die Rote Armee Anfang Februar 1940 auf der Karelischen Landenge westlich des Ladoga-Sees größere Durchbrüche erzielen.<ref>H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens.'' München 2011, S.&nbsp;901.</ref>
[[Datei:A Finnish Maxim M-32 machine gun nest during the Winter War.jpg|mini|Finnische Maschinengewehr&shy;stellung bei [[Pitkjaranta]] (heutiger russ. Name) am Nordostufer des Ladoga-Sees, etwa 100&nbsp;m vor der sowjetischen Front, 21. Febr. 1940]]Am&nbsp;30.&nbsp;November 1939 überschritten sowjetische Truppen unter dem Kommando des Marschalls [[Kirill Afanassjewitsch Merezkow|Kirill Merezkow]] im sogenannten Winterkrieg die finnische Grenze. Die ''Rote Armee'' griff mit 450.000 Mann, 2.000 Panzern und 1.000 Flugzeugen an<ref>Carl van Dyke: ''The Soviet Invasion of Finland 1939–40''. London 1997, S. 55.</ref> und erwartete einen schnellen Sieg. Deren Offiziere nahmen an, die Finnen würden sie als ihre ''Brüder'' und ''Befreier'' von den kapitalistischen ''Unterdrückern'' begrüßen. Die sowjetische Führung unterschätzte die Kampfkraft der Finnen, die mit nur 200.000 Soldaten, darunter vielen Reservisten und Jugendlichen, wenigen Panzern und Flugzeugen die Angreifer der ''Roten Armee'' am Durchbruch der [[Mannerheim-Linie]] nach hohen sowjetischen Verlusten hindern konnten. Finnische Soldaten nutzten einfache, aber effektive Brandsätze zur Panzerbekämpfung, die von ihnen nach dem Außenminister der Sowjetunion „[[Molotowcocktail]]“ genannt wurden.<ref>Vgl. Alexander Lüdeke: ''Der Zweite Weltkrieg. Ursachen, Ausbruch, Verlauf, Folgen''. Bath, UK, S.&nbsp;33.</ref> Die zahlenmäßige Übermacht der sowjetischen Truppen wirkte sich nicht besonders aus, weil das Waldgelände und der tiefe Schnee Operationen der ''Roten Armee'' abseits der wenigen Straßen kaum zuließen und oft nur ein [[Regiment]] vorne an befestigten Straßen kämpfen konnte.<ref>Hinweis: Ein sowjetisches Schützenregiment umfasste ca. 450 Soldaten.</ref> Zu diesen Widrigkeiten kamen Temperaturen von minus 35&nbsp;°C hinzu.<ref>Vgl. Carl van Dyke: ''The Soviet Invasion of Finland 1939–40''. London 1997, S. 100 und 123.</ref> Am Ende des Winterkrieges hatte die ''Rote Armee'' mehr als 85.000 Tote und Vermisste zu beklagen, die finnische Armee ca. 27.000 Mann.<ref>Vgl. Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S. 58 & 64.</ref> Erst nach umfassenden Umgruppierungen und Verstärkungen konnte die Rote Armee Anfang Februar 1940 auf der Karelischen Landenge westlich des Ladoga-Sees größere Durchbrüche erzielen.<ref>H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens.'' München 2011, S.&nbsp;901.</ref>
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[[Datei:Map of Finnish areas ceded to Soviet Union 1940-47.png|150px|mini|
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Finnische&nbsp;Gebietsverluste im Frieden von Moskau (1940) und im Frieden von Paris (1947)]]
   
Schweden unterstützte Finnland indirekt, ohne seine Neutralität aufzugeben. Großbritannien und Frankreich griffen nicht zugunsten der Finnen in den Krieg ein, da beide Staaten keinen weiteren Kriegsgegner haben wollten. Das Deutsche Reich sympathisierte zwar mit Finnland, eine militärische Unterstützung erfolgte jedoch wegen des bestehenden Nichtangriffspakts mit der Sowjetunion nicht.
 
Schweden unterstützte Finnland indirekt, ohne seine Neutralität aufzugeben. Großbritannien und Frankreich griffen nicht zugunsten der Finnen in den Krieg ein, da beide Staaten keinen weiteren Kriegsgegner haben wollten. Das Deutsche Reich sympathisierte zwar mit Finnland, eine militärische Unterstützung erfolgte jedoch wegen des bestehenden Nichtangriffspakts mit der Sowjetunion nicht.
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==== Besetzung Dänemarks und Norwegens, April 1940 ====
 
==== Besetzung Dänemarks und Norwegens, April 1940 ====
 
{{Hauptartikel|Unternehmen Weserübung}}
 
{{Hauptartikel|Unternehmen Weserübung}}
[[Datei:Second world war europe 1940 map de.png|mini|Norwegen und Westfeldzug 1940]]
      
Zum Ende des Jahres 1939, nach dem Ausfall der Eisenerzeinfuhren aus Frankreich (lothringische [[Minette (Erz)|Minette]]), deckten die Erzlieferungen aus dem neutralen [[Schweden]] 49&nbsp;Prozent des deutschen Bedarfs. Diese wurden von den schwedischen Abbaugebieten bei [[Kiruna]] mit der [[Bahnstrecke Luleå–Narvik|Erzbahn]] zum ganzjährig eisfreien Verladehafen [[Narvik]] in Norwegen transportiert. Norwegen hatte daher für das Deutsche Reich eine außerordentliche wirtschaftliche und militärische Bedeutung. Ein weiterer wichtiger Rohstoff war das finnische [[Nickel]]. Die Briten wollten diese wichtigen Rohstofflieferungen stören und frühestmöglich unterbinden (→[[Altmark-Zwischenfall]]), weswegen am 5.&nbsp;Februar 1940 im obersten franko-britischen Kriegsrat die Landung von vier [[Division (Militär)|Divisionen]] in Narvik vereinbart worden war. Am 21. Februar erging eine Weisung Hitlers für die Planung von Unternehmen in [[Skandinavien]]. Am 1.&nbsp;März wurde das ''[[Unternehmen Weserübung]]'' beschlossen. Es sah vor, [[Dänemark]] einzunehmen und als „Sprungbrett“ für die Eroberung Norwegens zu benutzen. Im März kam es zu ersten Angriffen auf britische Kriegsschiffe.
 
Zum Ende des Jahres 1939, nach dem Ausfall der Eisenerzeinfuhren aus Frankreich (lothringische [[Minette (Erz)|Minette]]), deckten die Erzlieferungen aus dem neutralen [[Schweden]] 49&nbsp;Prozent des deutschen Bedarfs. Diese wurden von den schwedischen Abbaugebieten bei [[Kiruna]] mit der [[Bahnstrecke Luleå–Narvik|Erzbahn]] zum ganzjährig eisfreien Verladehafen [[Narvik]] in Norwegen transportiert. Norwegen hatte daher für das Deutsche Reich eine außerordentliche wirtschaftliche und militärische Bedeutung. Ein weiterer wichtiger Rohstoff war das finnische [[Nickel]]. Die Briten wollten diese wichtigen Rohstofflieferungen stören und frühestmöglich unterbinden (→[[Altmark-Zwischenfall]]), weswegen am 5.&nbsp;Februar 1940 im obersten franko-britischen Kriegsrat die Landung von vier [[Division (Militär)|Divisionen]] in Narvik vereinbart worden war. Am 21. Februar erging eine Weisung Hitlers für die Planung von Unternehmen in [[Skandinavien]]. Am 1.&nbsp;März wurde das ''[[Unternehmen Weserübung]]'' beschlossen. Es sah vor, [[Dänemark]] einzunehmen und als „Sprungbrett“ für die Eroberung Norwegens zu benutzen. Im März kam es zu ersten Angriffen auf britische Kriegsschiffe.
    
Am 5. April begann die alliierte ''[[Operation Wilfred]]'', in der die Gewässer vor Norwegen vermint und weitere Truppen ins Land gebracht werden sollten. Einen Tag später lief das deutsche ''Unternehmen Weserübung'' an. Dabei wurde fast die gesamte [[Kriegsmarine]] mobilisiert und die Hälfte der gesamten deutschen Zerstörerflottille nach Narvik geschickt. Am 9.&nbsp;April wurde eine [[Gebirgstruppe (Deutschland)#Die Gebirgstruppe der Wehrmacht|Gebirgsjäger-Division]] in [[Schlacht um Narvik|Narvik]] angelandet.
 
Am 5. April begann die alliierte ''[[Operation Wilfred]]'', in der die Gewässer vor Norwegen vermint und weitere Truppen ins Land gebracht werden sollten. Einen Tag später lief das deutsche ''Unternehmen Weserübung'' an. Dabei wurde fast die gesamte [[Kriegsmarine]] mobilisiert und die Hälfte der gesamten deutschen Zerstörerflottille nach Narvik geschickt. Am 9.&nbsp;April wurde eine [[Gebirgstruppe (Deutschland)#Die Gebirgstruppe der Wehrmacht|Gebirgsjäger-Division]] in [[Schlacht um Narvik|Narvik]] angelandet.
[[Datei:Bundesarchiv Bild 101I-753-0010-19A, Jütland, deutscher Spähpanzer (Sd. Kfz. 222).jpg|mini|links|[[Panzerspähwagen Sd.Kfz. 222|Panzerspähwagen]] der Wehrmacht in [[Viborg]] (Dänemark), April 1940]]
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Die britische militärische Führung hielt eine Landung der Deutschen für recht unwahrscheinlich, was dazu führte, dass von alliierter Seite nur geringe Gegenmaßnahmen getroffen wurden. Die Deutschen konnten ihren [[Brückenkopf]] ohne größeren Widerstand ausweiten, sodass am 10.&nbsp;April bereits [[Stavanger]], [[Trondheim]] und Narvik besetzt wurden, nachdem zuvor bereits [[Dänemark unter deutscher Besatzung|Dänemark kampflos besetzt]] worden war.<ref>Vgl. Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S.&nbsp;93.</ref> Großbritannien besetzte am 12.&nbsp;April aus strategischen Gründen die dänischen [[Färöer im Zweiten Weltkrieg|Färöer]] im Nordatlantik. [[Datei:Bundesarchiv Bild 183-H26353, Norwegen, Kampf um ein brennendes Dorf.jpg|mini|Deutsche Soldaten im Kampf um ein brennendes Dorf in Norwegen, 40&nbsp;km westlich [[Lillehammer]], April 1940]]
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Die britische militärische Führung hielt eine Landung der Deutschen für recht unwahrscheinlich, was dazu führte, dass von alliierter Seite nur geringe Gegenmaßnahmen getroffen wurden. Die Deutschen konnten ihren [[Brückenkopf]] ohne größeren Widerstand ausweiten, sodass am 10.&nbsp;April bereits [[Stavanger]], [[Trondheim]] und Narvik besetzt wurden, nachdem zuvor bereits [[Dänemark unter deutscher Besatzung|Dänemark kampflos besetzt]] worden war.<ref>Vgl. Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S.&nbsp;93.</ref> Großbritannien besetzte am 12.&nbsp;April aus strategischen Gründen die dänischen [[Färöer im Zweiten Weltkrieg|Färöer]] im Nordatlantik.  
    
Beim Versuch, die Hauptstadt Oslo zu besetzen, wurden schwere Einheiten der Kriegsmarine eingesetzt, die im engen Fahrwasser des [[Oslofjord]]es wenig geeignet waren. Dabei wurde das deutsche Flaggschiff, der Schwere Kreuzer ''[[Blücher (Schiff, 1937)|Blücher]]'', deren erster Kampfeinsatz ihr letzter war, durch norwegische Küstenbatterien versenkt. Oslo wurde, später als von den Deutschen geplant, von Luftlandetruppen eingenommen.
 
Beim Versuch, die Hauptstadt Oslo zu besetzen, wurden schwere Einheiten der Kriegsmarine eingesetzt, die im engen Fahrwasser des [[Oslofjord]]es wenig geeignet waren. Dabei wurde das deutsche Flaggschiff, der Schwere Kreuzer ''[[Blücher (Schiff, 1937)|Blücher]]'', deren erster Kampfeinsatz ihr letzter war, durch norwegische Küstenbatterien versenkt. Oslo wurde, später als von den Deutschen geplant, von Luftlandetruppen eingenommen.
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==== Westfeldzug, Mai/Juni 1940 ====
 
==== Westfeldzug, Mai/Juni 1940 ====
{{Hauptartikel|Westfeldzug}}
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Am 10.&nbsp;Mai 1940 begann der Angriff deutscher Verbände („[[Fall Gelb]]“) mit insgesamt sieben Armeen auf die neutralen Staaten Niederlande, Belgien und Luxemburg. 136 deutsche Divisionen standen rund 137 alliierten gegenüber.
 
Am 10.&nbsp;Mai 1940 begann der Angriff deutscher Verbände („[[Fall Gelb]]“) mit insgesamt sieben Armeen auf die neutralen Staaten Niederlande, Belgien und Luxemburg. 136 deutsche Divisionen standen rund 137 alliierten gegenüber.
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[[Datei:Rotterdam, Laurenskerk, na bombardement van mei 1940.jpg|mini|[[Rotterdam]] nach Bombenangriff im Mai 1940 und anschließender Enttrümmerung (1942)]] Als erste stellten die Niederlande ihren Widerstand ein. Am 13.&nbsp;Mai gingen [[Wilhelmina (Niederlande)|Königin Wilhelmina]] und die Regierung ins Exil nach London. Nach dem schnellen Vorstoß der Heeresgruppe A durch das Großherzogtum und [[Bombardierung von Rotterdam 1940|Bombardierung Rotterdams]], bei der 814 Einwohner der Stadt ums Leben kamen,<ref>H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens. Die Zeit der Weltkriege 1914–1945.'' S.&nbsp;907.</ref> kapitulierten die niederländischen Streitkräfte am 15.&nbsp;Mai 1940. Drei Tage später übernahm der ehemalige Führer der österreichischen Nationalsozialisten, [[Arthur Seyß-Inquart]], das Amt des [[Reichskommissariat Niederlande|Reichskommissars für die Niederlande]]. Die niederländischen Inseln [[Aruba]] und [[Curaçao]] (Südamerika) hatten im Weltkrieg wegen ihrer weltgrößten Erdölraffinerien große strategische Bedeutung, weswegen sie 1942 von deutschen und italienischen U-Booten [[Angriff auf Aruba|beschossen]] wurden.
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Als erste stellten die Niederlande ihren Widerstand ein. Am 13.&nbsp;Mai gingen [[Wilhelmina (Niederlande)|Königin Wilhelmina]] und die Regierung ins Exil nach London. Nach dem schnellen Vorstoß der Heeresgruppe A durch das Großherzogtum und [[Bombardierung von Rotterdam 1940|Bombardierung Rotterdams]], bei der 814 Einwohner der Stadt ums Leben kamen,<ref>H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens. Die Zeit der Weltkriege 1914–1945.'' S.&nbsp;907.</ref> kapitulierten die niederländischen Streitkräfte am 15.&nbsp;Mai 1940. Drei Tage später übernahm der ehemalige Führer der österreichischen Nationalsozialisten, [[Arthur Seyß-Inquart]], das Amt des [[Reichskommissariat Niederlande|Reichskommissars für die Niederlande]]. Die niederländischen Inseln [[Aruba]] und [[Curaçao]] (Südamerika) hatten im Weltkrieg wegen ihrer weltgrößten Erdölraffinerien große strategische Bedeutung, weswegen sie 1942 von deutschen und italienischen U-Booten [[Angriff auf Aruba|beschossen]] wurden.
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[[Datei:Bundesarchiv Bild 146-1969-129-01, Belgien, deutsche Truppen in Brüssel.jpg|mini|Kampflose Ankunft motorisierter deutscher Truppen im Zentrum von [[Brüssel]], 17.&nbsp;Mai 1940]]
   
Die belgische Armee leistete etwas länger Widerstand. Bis zum 16.&nbsp;Mai wurden die Festungen Lüttich, Namur und die [[Dijle|Dyle-Stellung]] eingenommen, am 17.&nbsp;Mai Brüssel und tags darauf Antwerpen. Dadurch gelang es den deutschen Angreifern, die belgischen Truppen nördlich dieser Linie von den britischen und französischen Verbänden abzuschneiden, die inzwischen nach Belgien vorgerückt waren. Die belgische Regierung flüchtete über Frankreich nach Großbritannien. Am 28.&nbsp;Mai unterzeichnete der im Lande gebliebene König [[Leopold III. (Belgien)|Leopold&nbsp;III.]] gegen den Willen des Kabinetts die Kapitulation.<ref>Vgl. Rolf Fischer: ''Zweiter Weltkrieg.'' Köln 2014, S.&nbsp;64&nbsp;f.</ref> Regierungspräsident [[Eggert Reeder]] wurde Chef der deutschen Militärverwaltung.<ref name="Winkler 908">H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens. Die Zeit der Weltkriege 1914–1945.'' S.&nbsp;908.</ref>
 
Die belgische Armee leistete etwas länger Widerstand. Bis zum 16.&nbsp;Mai wurden die Festungen Lüttich, Namur und die [[Dijle|Dyle-Stellung]] eingenommen, am 17.&nbsp;Mai Brüssel und tags darauf Antwerpen. Dadurch gelang es den deutschen Angreifern, die belgischen Truppen nördlich dieser Linie von den britischen und französischen Verbänden abzuschneiden, die inzwischen nach Belgien vorgerückt waren. Die belgische Regierung flüchtete über Frankreich nach Großbritannien. Am 28.&nbsp;Mai unterzeichnete der im Lande gebliebene König [[Leopold III. (Belgien)|Leopold&nbsp;III.]] gegen den Willen des Kabinetts die Kapitulation.<ref>Vgl. Rolf Fischer: ''Zweiter Weltkrieg.'' Köln 2014, S.&nbsp;64&nbsp;f.</ref> Regierungspräsident [[Eggert Reeder]] wurde Chef der deutschen Militärverwaltung.<ref name="Winkler 908">H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens. Die Zeit der Weltkriege 1914–1945.'' S.&nbsp;908.</ref>
[[Datei:1940-Fall Gelb.jpg|mini|links|Der sogenannte „Sichelschnitt“ (Mai 1940) von Luxemburg nach Boulogne u. Calais an der Kanalküste. Die dort operierenden britischen und frz. Truppen wurden dadurch von ihren rückwärtigen Verbindungen nach Nordfrankreich abgeschnitten]]
      
Um den nördlichen Abschnitt der Maginot-Linie zu umgehen, wurde das neutrale [[Luxemburg im Zweiten Weltkrieg|Luxemburg]] von der Wehrmacht als Durchmarschgebiet genutzt. Danach wurde das Großherzogtum ein sogenanntes „[[CdZ-Gebiet Luxemburg|CdZ-Gebiet]]“, das einem [[Chef der Zivilverwaltung]] unterstand.<ref>''Der Große Ploetz''. Freiburg i. B. 2008, S. 1062.</ref>
 
Um den nördlichen Abschnitt der Maginot-Linie zu umgehen, wurde das neutrale [[Luxemburg im Zweiten Weltkrieg|Luxemburg]] von der Wehrmacht als Durchmarschgebiet genutzt. Danach wurde das Großherzogtum ein sogenanntes „[[CdZ-Gebiet Luxemburg|CdZ-Gebiet]]“, das einem [[Chef der Zivilverwaltung]] unterstand.<ref>''Der Große Ploetz''. Freiburg i. B. 2008, S. 1062.</ref>
    
In Frankreich hatten Regierung und Militärs auf die stark befestigte [[Maginot-Linie]] entlang der deutsch-französischen Grenze von [[Basel]] bis Luxemburg vertraut. Weil die belgischen [[Ardennen]] für Panzer als schwer passierbar galten, wurden sie von den Alliierten für eine natürliche Verlängerung der Maginotlinie gehalten. Der Feldzugplan des Generalleutnants [[Erich von Manstein]] sah dagegen einen Vormarsch durch die Ardennen mit sechs Panzer- und fünf motorisierten Divisionen vor, um die französischen und britischen Truppen bei [[Boulogne-sur-Mer|Boulogne]] und [[Calais]] von Süden her zu umfassen. Die Heeresgruppen B und C sollten eher defensiv agieren. Diesem Plan kam entgegen, dass starke alliierte Kräfte, darunter die Masse der [[British Expeditionary Force]], weit nach Norden vorrückten, um den bedrängten Belgiern und Niederländern zur Hilfe zu kommen, und auf diese Weise Raum für deutsche Truppen der Heeresgruppe A in ihrem Rücken ließen. Am 19.&nbsp;Mai erreichten deutsche Einheiten die Kanalküste, ungefähr 100&nbsp;km südlich von Calais. Der Vormarsch weiter nördlich an der Kanalküste erfolgte so schnell, dass die britischen und französischen Einheiten bei Calais und [[Dünkirchen]] eingekesselt wurden. Dieser schnelle und unerwartete Vormarsch wurde später von Churchill als „[[Sichelschnitt]]“ bezeichnet.<ref>[[Karl-Heinz Frieser]]: ''Blitzkrieg-Legende. Der Westfeldzug 1940.'' (Militärgeschichtliches Forschungsamt) Oldenbourg, München 2012, S. 71.</ref> Hitler entschied in Übereinstimmung mit [[Gerd von Rundstedt|von Rundstedt]] und im Widerspruch zur Meinung anderer Generäle, die angeschlagene Panzertruppe zu schonen, ihren Vormarsch anzuhalten und die Einschließung von Dünkirchen der Luftwaffe und den Artillerieregimentern zu überlassen.<ref>H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens. Die Zeit der Weltkriege 1914–1945.'' München 2011, S. 909.</ref>
 
In Frankreich hatten Regierung und Militärs auf die stark befestigte [[Maginot-Linie]] entlang der deutsch-französischen Grenze von [[Basel]] bis Luxemburg vertraut. Weil die belgischen [[Ardennen]] für Panzer als schwer passierbar galten, wurden sie von den Alliierten für eine natürliche Verlängerung der Maginotlinie gehalten. Der Feldzugplan des Generalleutnants [[Erich von Manstein]] sah dagegen einen Vormarsch durch die Ardennen mit sechs Panzer- und fünf motorisierten Divisionen vor, um die französischen und britischen Truppen bei [[Boulogne-sur-Mer|Boulogne]] und [[Calais]] von Süden her zu umfassen. Die Heeresgruppen B und C sollten eher defensiv agieren. Diesem Plan kam entgegen, dass starke alliierte Kräfte, darunter die Masse der [[British Expeditionary Force]], weit nach Norden vorrückten, um den bedrängten Belgiern und Niederländern zur Hilfe zu kommen, und auf diese Weise Raum für deutsche Truppen der Heeresgruppe A in ihrem Rücken ließen. Am 19.&nbsp;Mai erreichten deutsche Einheiten die Kanalküste, ungefähr 100&nbsp;km südlich von Calais. Der Vormarsch weiter nördlich an der Kanalküste erfolgte so schnell, dass die britischen und französischen Einheiten bei Calais und [[Dünkirchen]] eingekesselt wurden. Dieser schnelle und unerwartete Vormarsch wurde später von Churchill als „[[Sichelschnitt]]“ bezeichnet.<ref>[[Karl-Heinz Frieser]]: ''Blitzkrieg-Legende. Der Westfeldzug 1940.'' (Militärgeschichtliches Forschungsamt) Oldenbourg, München 2012, S. 71.</ref> Hitler entschied in Übereinstimmung mit [[Gerd von Rundstedt|von Rundstedt]] und im Widerspruch zur Meinung anderer Generäle, die angeschlagene Panzertruppe zu schonen, ihren Vormarsch anzuhalten und die Einschließung von Dünkirchen der Luftwaffe und den Artillerieregimentern zu überlassen.<ref>H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens. Die Zeit der Weltkriege 1914–1945.'' München 2011, S. 909.</ref>
[[Datei:British troops lifeboat dunkerque.png|mini|Britische Soldaten in Rettungsbooten am Strand bei Dünkirchen, 1940. (Filmszene aus „Divide and Conquer“ (1943) von [[Frank Capra]])]]
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Dadurch gewannen die Briten drei Tage Zeit für die Vorbereitung der ''[[Operation Dynamo]]'', die am 27.&nbsp;Mai begann. Etwa 1200 Schiffe und (auch private) Boote konnten insgesamt 338.000 Soldaten evakuieren, darunter 145.000 Soldaten der französischen Armee. Etwa 80.000 Soldaten, vor allem französische, blieben zurück. Die Briten hatten bei den Kämpfen 68.000 Mann verloren. Fast alle verbliebenen Panzer und Fahrzeuge, der größte Teil der Artillerie und der vorhandenen Vorräte mussten vernichtet werden.<ref>Alle Zahlenangaben nach Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S.&nbsp;138.</ref> Aus militärischer Sicht stellte Hitlers Haltebefehl, der die Evakuierung fast des gesamten britischen Expeditionskorps ermöglichte, einen schweren taktischen und vor allem in der Rückschau folgenreichen Fehler dar. Die Fähigkeit zur Fortsetzung des Krieges wäre nach dem Verlust des Expeditionskorps für Großbritannien deutlich schwieriger geworden, da es sich um erfahrene Berufssoldaten handelte. So ging den Alliierten nur das am Strand zurückgelassene Kriegsmaterial verloren, das leichter ersetzt werden konnte. Aber auch Churchills mitreißende Reden haben im Mai und Juni 1940 den Mut der Briten belebt und stärkten den Sinn dafür, welche Bedeutung der Krieg für das Überleben von Freiheit und Demokratie hatte.<ref>Vgl. Ian Kershaw: ''Höllensturz. Europa 1914 bis 1949.'' DVA, München 2016, S. 529.</ref>
 
Dadurch gewannen die Briten drei Tage Zeit für die Vorbereitung der ''[[Operation Dynamo]]'', die am 27.&nbsp;Mai begann. Etwa 1200 Schiffe und (auch private) Boote konnten insgesamt 338.000 Soldaten evakuieren, darunter 145.000 Soldaten der französischen Armee. Etwa 80.000 Soldaten, vor allem französische, blieben zurück. Die Briten hatten bei den Kämpfen 68.000 Mann verloren. Fast alle verbliebenen Panzer und Fahrzeuge, der größte Teil der Artillerie und der vorhandenen Vorräte mussten vernichtet werden.<ref>Alle Zahlenangaben nach Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S.&nbsp;138.</ref> Aus militärischer Sicht stellte Hitlers Haltebefehl, der die Evakuierung fast des gesamten britischen Expeditionskorps ermöglichte, einen schweren taktischen und vor allem in der Rückschau folgenreichen Fehler dar. Die Fähigkeit zur Fortsetzung des Krieges wäre nach dem Verlust des Expeditionskorps für Großbritannien deutlich schwieriger geworden, da es sich um erfahrene Berufssoldaten handelte. So ging den Alliierten nur das am Strand zurückgelassene Kriegsmaterial verloren, das leichter ersetzt werden konnte. Aber auch Churchills mitreißende Reden haben im Mai und Juni 1940 den Mut der Briten belebt und stärkten den Sinn dafür, welche Bedeutung der Krieg für das Überleben von Freiheit und Demokratie hatte.<ref>Vgl. Ian Kershaw: ''Höllensturz. Europa 1914 bis 1949.'' DVA, München 2016, S. 529.</ref>
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[[Datei:Bundesarchiv Bild 101III-Pleißer-001-19, Compiegne, Verhandlungen Waffenstillstand.jpg|mini|von Ribbentrop, Hitler, Göring, Raeder (hinter Göring), [[Walther von Brauchitsch|von Brauchitsch]] und Heß vor dem [[Wagen von Compiègne]], 21. Juni 1940]]
      
Als sich die Briten zurückzogen, bereitete sich Frankreich auf die Verteidigung vor. Der „[[Westfeldzug#Fall Rot|Fall Rot]]“, die eigentliche Schlacht um Frankreich, begann am 5.&nbsp;Juni mit einer deutschen Offensive an der [[Aisne (Oise)|Aisne]] und der [[Somme]]. Am 9.&nbsp;Juni überschritten deutsche Soldaten die [[Seine]]. Am 10.&nbsp;Juni trat Italien auf Seiten Deutschlands [[Italiens Kriegserklärung an Frankreich und Großbritannien|in den Krieg ein]] und begann am 21.&nbsp;Juni eine Offensive in den [[Westalpen]], obwohl die Regierung Pétain am 20.&nbsp;Juni Italien um Waffenstillstand gebeten hatte. Am 14.&nbsp;Juni besetzten Teile der 18.&nbsp;Armee die französische Hauptstadt [[Paris]]. Um ihre Zerstörung zu verhindern, war sie zur [[Offene Stadt|offenen Stadt]] erklärt und kampflos von den französischen Truppen geräumt worden. Am selben Tag durchbrachen deutsche Truppen südlich von Saarbrücken die Maginot-Linie<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.''Stuttgart 2000, S.&nbsp;403.</ref>, und die symbolträchtige Festung [[Verdun]] konnte ebenfalls eingenommen werden.
 
Als sich die Briten zurückzogen, bereitete sich Frankreich auf die Verteidigung vor. Der „[[Westfeldzug#Fall Rot|Fall Rot]]“, die eigentliche Schlacht um Frankreich, begann am 5.&nbsp;Juni mit einer deutschen Offensive an der [[Aisne (Oise)|Aisne]] und der [[Somme]]. Am 9.&nbsp;Juni überschritten deutsche Soldaten die [[Seine]]. Am 10.&nbsp;Juni trat Italien auf Seiten Deutschlands [[Italiens Kriegserklärung an Frankreich und Großbritannien|in den Krieg ein]] und begann am 21.&nbsp;Juni eine Offensive in den [[Westalpen]], obwohl die Regierung Pétain am 20.&nbsp;Juni Italien um Waffenstillstand gebeten hatte. Am 14.&nbsp;Juni besetzten Teile der 18.&nbsp;Armee die französische Hauptstadt [[Paris]]. Um ihre Zerstörung zu verhindern, war sie zur [[Offene Stadt|offenen Stadt]] erklärt und kampflos von den französischen Truppen geräumt worden. Am selben Tag durchbrachen deutsche Truppen südlich von Saarbrücken die Maginot-Linie<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.''Stuttgart 2000, S.&nbsp;403.</ref>, und die symbolträchtige Festung [[Verdun]] konnte ebenfalls eingenommen werden.
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[[Datei:Adolf Hitler, Eiffel Tower, Paris 23 June 1940.jpg|mini|Hitler und [[Entourage]] vor dem Eiffelturm, 23. Juni 1940]]
      
Nachdem deutsche Truppen am 17.&nbsp;Juni [[Orléans]] und [[Nevers]] an der Loire (260&nbsp;km südlich von Paris) sowie [[Dijon]] erreicht hatten, traf ein Waffenstillstandsgesuch von [[Philippe Pétain]], dem Ministerpräsidenten der neu gebildeten französischen Regierung, in Hitlers Hauptquartier ein. Der ''Führer'' wurde daraufhin von [[Wilhelm Keitel|Keitel]]<ref>Wegen seiner Unterwürfigkeit gegenüber Hitler auch „[[Lakai|Lakeitel]]“ genannt. Rolf-Dieter Müller: ''Hitlers Wehrmacht. 1935–1945.'' München 2012, S. 26.</ref> als „der größte Feldherr aller Zeiten“ gelobt.<ref>Alexander Lüdeke: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Bath (UK) 2007, S. 50. Später, nach Stalingrad (1943), wurde im [[Flüsterwitz#Bedeutung in der Zeit des Nationalsozialismus|Flüsterwitz]] der Begriff zu „[[Gröfaz]]“ als ironische Anspielung auf Hitlers militärische Niederlagen [[Verballhornung|verballhornt]].</ref> Hitler traf sich am 18.&nbsp;Juni mit Mussolini in München, um die Waffenstillstandsbedingungen mit ihm abzustimmen. Die weitreichenden Forderungen des ''Duce'', unter anderen Nizza, Korsika und Savoyen sowie die Nutzung von Häfen und Eisenbahnen in Afrika für militärische Zwecke, wies Hitler zurück. Ihm lag daran, eine Fortsetzung des Krieges durch die französische Flotte und in den Kolonien zu verhindern. Dennoch begann Italien noch am 21.&nbsp;Juni eine Offensive in den Alpen, die nur geringfügige Geländegewinne erbrachte, unter anderen [[Menton]]e.<ref name="Winkler 916">H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens. Die Zeit der Weltkriege 1914–1945.'' München 2011, S. 916.</ref> Die [[Waffenstillstand von Compiègne (1940)|Waffenstillstandsbedingungen]] wurden am 21.&nbsp;Juni 1940 im ''Wagen von Compiègne'' von Keitel dem französischen General [[Charles Huntziger]] überreicht.<ref>Darstellung der Begleitumstände bei Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.'' DVA, Stuttgart 2000, S. 404&nbsp;f.</ref> Am 22.&nbsp;Juni unterzeichnete die französische Delegation, nachdem fast alle ihre Gegenvorstellungen zurückgewiesen worden waren, den Waffenstillstandsvertrag.<ref name="Winkler 916" /> Er trat am 25.&nbsp;Juni um 01:35&nbsp;Uhr in Kraft, nachdem am Tag zuvor auch der italienisch-französische Waffenstillstand unterzeichnet worden war.<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945''. Stuttgart 2000, S.&nbsp;405.</ref> Frankreich durfte nur noch 100.000 Soldaten mit leichten Waffen unterhalten; Artillerie und Panzer waren nicht erlaubt.
 
Nachdem deutsche Truppen am 17.&nbsp;Juni [[Orléans]] und [[Nevers]] an der Loire (260&nbsp;km südlich von Paris) sowie [[Dijon]] erreicht hatten, traf ein Waffenstillstandsgesuch von [[Philippe Pétain]], dem Ministerpräsidenten der neu gebildeten französischen Regierung, in Hitlers Hauptquartier ein. Der ''Führer'' wurde daraufhin von [[Wilhelm Keitel|Keitel]]<ref>Wegen seiner Unterwürfigkeit gegenüber Hitler auch „[[Lakai|Lakeitel]]“ genannt. Rolf-Dieter Müller: ''Hitlers Wehrmacht. 1935–1945.'' München 2012, S. 26.</ref> als „der größte Feldherr aller Zeiten“ gelobt.<ref>Alexander Lüdeke: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Bath (UK) 2007, S. 50. Später, nach Stalingrad (1943), wurde im [[Flüsterwitz#Bedeutung in der Zeit des Nationalsozialismus|Flüsterwitz]] der Begriff zu „[[Gröfaz]]“ als ironische Anspielung auf Hitlers militärische Niederlagen [[Verballhornung|verballhornt]].</ref> Hitler traf sich am 18.&nbsp;Juni mit Mussolini in München, um die Waffenstillstandsbedingungen mit ihm abzustimmen. Die weitreichenden Forderungen des ''Duce'', unter anderen Nizza, Korsika und Savoyen sowie die Nutzung von Häfen und Eisenbahnen in Afrika für militärische Zwecke, wies Hitler zurück. Ihm lag daran, eine Fortsetzung des Krieges durch die französische Flotte und in den Kolonien zu verhindern. Dennoch begann Italien noch am 21.&nbsp;Juni eine Offensive in den Alpen, die nur geringfügige Geländegewinne erbrachte, unter anderen [[Menton]]e.<ref name="Winkler 916">H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens. Die Zeit der Weltkriege 1914–1945.'' München 2011, S. 916.</ref> Die [[Waffenstillstand von Compiègne (1940)|Waffenstillstandsbedingungen]] wurden am 21.&nbsp;Juni 1940 im ''Wagen von Compiègne'' von Keitel dem französischen General [[Charles Huntziger]] überreicht.<ref>Darstellung der Begleitumstände bei Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.'' DVA, Stuttgart 2000, S. 404&nbsp;f.</ref> Am 22.&nbsp;Juni unterzeichnete die französische Delegation, nachdem fast alle ihre Gegenvorstellungen zurückgewiesen worden waren, den Waffenstillstandsvertrag.<ref name="Winkler 916" /> Er trat am 25.&nbsp;Juni um 01:35&nbsp;Uhr in Kraft, nachdem am Tag zuvor auch der italienisch-französische Waffenstillstand unterzeichnet worden war.<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945''. Stuttgart 2000, S.&nbsp;405.</ref> Frankreich durfte nur noch 100.000 Soldaten mit leichten Waffen unterhalten; Artillerie und Panzer waren nicht erlaubt.
 
Am 1.&nbsp;Juli 1940 demonstrierte die Wehrmacht mit einer großen Parade auf den Champs-Elysees in Paris ihren Sieg über Frankreich.<ref>Panzer wurden dabei nicht verwendet.</ref>
 
Am 1.&nbsp;Juli 1940 demonstrierte die Wehrmacht mit einer großen Parade auf den Champs-Elysees in Paris ihren Sieg über Frankreich.<ref>Panzer wurden dabei nicht verwendet.</ref>
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[[Datei:France map Lambert-93 with regions and departments-occupation-de.svg|mini|links|Besetzte und unbesetzte Zone in Frankreich bis November 1942]]
   
Nur sechs Wochen und drei Tage hatte der sogenannte „Blitzkrieg“ im Westen gedauert, in dem etwa 100.000 französische, 35.000 britische und etwa 46.000 deutsche Soldaten ihr Leben verloren.<ref name="Winkler 916" /> Französische Jagdflieger schossen mehrere Hundert deutsche Kampfflugzeuge ab, und fast 1000 deutsche Kampfpiloten gerieten in Gefangenschaft.<ref>Danielle Costelle, Isabelle Clarke: ''Der Krieg. Menschen im Zweiten Weltkrieg.'' Bucher, München 2010, S. 48 (Frz. Ausgabe: „Apocalypse“. Editions Acropole, Paris 2009). Die britische Regierung verlangte, ohne Erfolg, die Auslieferung dieser Piloten. Nach dem Waffenstillstand zwischen Deutschland und Frankreich wurden sie freigelassen und in neue Einsätze geschickt – gegen England.</ref> Frankreich wurde in zwei Zonen geteilt: Der Norden und Westen Frankreichs waren deutsch besetzt; hier befanden sich wichtige Flugfelder und Marinebasen (unter anderen [[Brest (Finistère)|Brest]], [[Lorient]], [[St. Nazaire]], [[La Rochelle]] und [[Bordeaux]]) für den Krieg gegen Großbritannien.
 
Nur sechs Wochen und drei Tage hatte der sogenannte „Blitzkrieg“ im Westen gedauert, in dem etwa 100.000 französische, 35.000 britische und etwa 46.000 deutsche Soldaten ihr Leben verloren.<ref name="Winkler 916" /> Französische Jagdflieger schossen mehrere Hundert deutsche Kampfflugzeuge ab, und fast 1000 deutsche Kampfpiloten gerieten in Gefangenschaft.<ref>Danielle Costelle, Isabelle Clarke: ''Der Krieg. Menschen im Zweiten Weltkrieg.'' Bucher, München 2010, S. 48 (Frz. Ausgabe: „Apocalypse“. Editions Acropole, Paris 2009). Die britische Regierung verlangte, ohne Erfolg, die Auslieferung dieser Piloten. Nach dem Waffenstillstand zwischen Deutschland und Frankreich wurden sie freigelassen und in neue Einsätze geschickt – gegen England.</ref> Frankreich wurde in zwei Zonen geteilt: Der Norden und Westen Frankreichs waren deutsch besetzt; hier befanden sich wichtige Flugfelder und Marinebasen (unter anderen [[Brest (Finistère)|Brest]], [[Lorient]], [[St. Nazaire]], [[La Rochelle]] und [[Bordeaux]]) für den Krieg gegen Großbritannien.
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Politisch-strategisch befand sich das Deutsche Reich nach dem Sieg im Westen in einer Situation, die ihm grundlegend neue Optionen zur Fortsetzung des Krieges eröffnete: für den Krieg gegen Großbritannien im Westen, es hatte die Gleichgewichte im Mittelmeerraum verschoben, und es konnte auf die Wirtschaftsressourcen Westeuropas, Mitteleuropas und Ostmitteleuropas zurückgreifen und damit den Krieg auf lange Zeit durchhalten,<ref>Vgl. Peter Longerich: „Hitler. Biographie.“ Siedler, München 2015, S. 727.</ref> u.&nbsp;a. Industriegüter aus dem ''Protektorat Böhmen und Mähren'', Eisenerze aus Schweden, die über den norwegischen Hafen [[Narvik]] nach Deutschland verschifft wurden, landwirtschaftliche Produkte aus Polen, Dänemark, den Niederlanden und Griechenland, Industriegüter aus Belgien und Frankreich, [[Wolfram#Militär|Wolfram]] aus Portugal sowie Erdöl aus Rumänien. Für internationale Geldtransaktionen und Devisengeschäfte konnte die neutrale Schweiz genutzt werden.
 
Politisch-strategisch befand sich das Deutsche Reich nach dem Sieg im Westen in einer Situation, die ihm grundlegend neue Optionen zur Fortsetzung des Krieges eröffnete: für den Krieg gegen Großbritannien im Westen, es hatte die Gleichgewichte im Mittelmeerraum verschoben, und es konnte auf die Wirtschaftsressourcen Westeuropas, Mitteleuropas und Ostmitteleuropas zurückgreifen und damit den Krieg auf lange Zeit durchhalten,<ref>Vgl. Peter Longerich: „Hitler. Biographie.“ Siedler, München 2015, S. 727.</ref> u.&nbsp;a. Industriegüter aus dem ''Protektorat Böhmen und Mähren'', Eisenerze aus Schweden, die über den norwegischen Hafen [[Narvik]] nach Deutschland verschifft wurden, landwirtschaftliche Produkte aus Polen, Dänemark, den Niederlanden und Griechenland, Industriegüter aus Belgien und Frankreich, [[Wolfram#Militär|Wolfram]] aus Portugal sowie Erdöl aus Rumänien. Für internationale Geldtransaktionen und Devisengeschäfte konnte die neutrale Schweiz genutzt werden.
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Drei Schlachtschiffe der französischen Flotte, die in [[Mers-el-Kébir]] vor Anker lag, wurden am 3.&nbsp;Juli 1940 nach einem britischen Ultimatum, das unbeantwortet blieb, auf Befehl Churchills durch Schiffe der ''Royal Navy'' versenkt oder schwer beschädigt, damit sie nicht in deutsche Hände fallen konnten ([[Operation Catapult]]). Dabei kamen 1297 französische Matrosen ums Leben.<ref>Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S.&nbsp;150.</ref> Der östliche und südliche Teil Frankreichs blieb unter französischer Kontrolle. Marschall Philippe Pétain regierte von [[Vichy]] aus den sogenannten „[[État français]]“ als [[Marionettenstaat]] des Deutschen Reichs. [[Datei:Toulon 1942.jpg|mini|Brennende frz. Kriegsschiffe „Strasbourg“, „Colbert“, „Algérie“ und „Marseillaise“ im Hafen von [[Toulon]], 23.&nbsp;November 1942]] Im November 1942 wurde die bisher unbesetzte Zone von deutschen und italienischen Truppen besetzt, nachdem anglo-amerikanische Truppen in Nordafrika gelandet waren. Die 50.000 Soldaten der ''Vichy-Regierung'' leisteten keinen Widerstand gegen Deutsche und Italiener. Der Rest der demobilisierten französischen Kriegsmarine wurde im Hafen von [[Toulon]] von den Besatzungen versenkt.<ref>Drei Schlachtschiffe, sieben Kreuzer, 29 Zerstörer und 20 U-Boote. Vgl. Rolf Fischer: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Köln 2014, S.&nbsp;159.</ref>
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Drei Schlachtschiffe der französischen Flotte, die in [[Mers-el-Kébir]] vor Anker lag, wurden am 3.&nbsp;Juli 1940 nach einem britischen Ultimatum, das unbeantwortet blieb, auf Befehl Churchills durch Schiffe der ''Royal Navy'' versenkt oder schwer beschädigt, damit sie nicht in deutsche Hände fallen konnten ([[Operation Catapult]]). Dabei kamen 1297 französische Matrosen ums Leben.<ref>Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S.&nbsp;150.</ref> Der östliche und südliche Teil Frankreichs blieb unter französischer Kontrolle. Marschall Philippe Pétain regierte von [[Vichy]] aus den sogenannten „[[État français]]“ als [[Marionettenstaat]] des Deutschen Reichs.  
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Im November 1942 wurde die bisher unbesetzte Zone von deutschen und italienischen Truppen besetzt, nachdem anglo-amerikanische Truppen in Nordafrika gelandet waren. Die 50.000 Soldaten der ''Vichy-Regierung'' leisteten keinen Widerstand gegen Deutsche und Italiener. Der Rest der demobilisierten französischen Kriegsmarine wurde im Hafen von [[Toulon]] von den Besatzungen versenkt.<ref>Drei Schlachtschiffe, sieben Kreuzer, 29 Zerstörer und 20 U-Boote. Vgl. Rolf Fischer: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Köln 2014, S.&nbsp;159.</ref>
    
=== Von der Kapitulation Frankreichs bis zum Angriff auf die Sowjetunion, Juni 1940 bis Juni 1941 ===
 
=== Von der Kapitulation Frankreichs bis zum Angriff auf die Sowjetunion, Juni 1940 bis Juni 1941 ===
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==== ''France libre'' ====
 
==== ''France libre'' ====
{{Hauptartikel|Forces françaises libres}}
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[[Charles de Gaulle]] (1890–1970), bisher ''Militär-Staatssekretär'', wurde Organisator des Widerstandes als „Führer des freien Frankreich“ vom Exil in London aus. Von der Propaganda des [[Vichy-Regime]]s als ''Le Général micro'' und ''Fourrier'' (Verpflegungsunteroffizier) der Juden verspottet,<ref>http://www.charles-de-gaulle.org/espace-pedagogie/dossiers-thematiques/de-gaulle-caricatures/franchot-general-micro/ (Musée de l'Armée, Paris)</ref> rief er seine Landsleute zum Widerstand auf. Bereits am 18.&nbsp;Juni 1940 hatte er sich in einer Rundfunkrede an alle Franzosen gewandt: „Frankreich hat eine Schlacht verloren. Aber den Krieg hat Frankreich nicht verloren!“<ref>Londoner Appell, 18.&nbsp;Juni 1940.</ref> Er sagte voraus, dass das Industriepotential der Vereinigten Staaten in diesem Krieg das Blatt wenden werde. Damit wies er die Meinung von [[Defätist]]en zurück, Großbritannien werde binnen drei Wochen geschlagen sein.<ref>Vgl. Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S.&nbsp;145.</ref>
 
[[Charles de Gaulle]] (1890–1970), bisher ''Militär-Staatssekretär'', wurde Organisator des Widerstandes als „Führer des freien Frankreich“ vom Exil in London aus. Von der Propaganda des [[Vichy-Regime]]s als ''Le Général micro'' und ''Fourrier'' (Verpflegungsunteroffizier) der Juden verspottet,<ref>http://www.charles-de-gaulle.org/espace-pedagogie/dossiers-thematiques/de-gaulle-caricatures/franchot-general-micro/ (Musée de l'Armée, Paris)</ref> rief er seine Landsleute zum Widerstand auf. Bereits am 18.&nbsp;Juni 1940 hatte er sich in einer Rundfunkrede an alle Franzosen gewandt: „Frankreich hat eine Schlacht verloren. Aber den Krieg hat Frankreich nicht verloren!“<ref>Londoner Appell, 18.&nbsp;Juni 1940.</ref> Er sagte voraus, dass das Industriepotential der Vereinigten Staaten in diesem Krieg das Blatt wenden werde. Damit wies er die Meinung von [[Defätist]]en zurück, Großbritannien werde binnen drei Wochen geschlagen sein.<ref>Vgl. Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S.&nbsp;145.</ref>
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==== Die Türkei im Zweiten Weltkrieg ====
 
==== Die Türkei im Zweiten Weltkrieg ====
[[Datei:Latrans-Turkey location Hatay.svg|mini|Geographische Lage der heutigen türkischen Provinz Hatay (rot markiert)]]
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Im Zweiten Weltkrieg bewahrte die Türkei ihre Neutralität, nachdem sie sich 1939 mit der Mandatsmacht Frankreich über die Annexion der syrischen Provinz [[Sandschak Alexandrette|Hatay]], eines Mandats des Völkerbunds, verständigt hatte. Frankreich war den türkischen Forderungen nach einer Beendigung seines syrischen Mandats entgegengekommen, um die Türkei von einem Kriegseintritt auf Seiten des Deutschen Reiches abzuhalten. Am 23. Februar 1945, als Deutschlands Niederlage offensichtlich war, erklärte sie auf der Seite der Alliierten Deutschland und Japan den Krieg, um auf diese Weise ihren Anspruch auf die bis 1939 völkerrechtlich zu [[Syrien]] gehörende Provinz auch nach dem Krieg zu unterstreichen. Die offizielle Haltung Syriens dagegen ist bis in die Gegenwart (Stand Februar 2011), dass die Abstimmung in Hatays Parlament 1939 über den Beitritt zur Türkei völkerrechtswidrig gewesen sei und diese Provinz ein Teil Syriens ist.
 
Im Zweiten Weltkrieg bewahrte die Türkei ihre Neutralität, nachdem sie sich 1939 mit der Mandatsmacht Frankreich über die Annexion der syrischen Provinz [[Sandschak Alexandrette|Hatay]], eines Mandats des Völkerbunds, verständigt hatte. Frankreich war den türkischen Forderungen nach einer Beendigung seines syrischen Mandats entgegengekommen, um die Türkei von einem Kriegseintritt auf Seiten des Deutschen Reiches abzuhalten. Am 23. Februar 1945, als Deutschlands Niederlage offensichtlich war, erklärte sie auf der Seite der Alliierten Deutschland und Japan den Krieg, um auf diese Weise ihren Anspruch auf die bis 1939 völkerrechtlich zu [[Syrien]] gehörende Provinz auch nach dem Krieg zu unterstreichen. Die offizielle Haltung Syriens dagegen ist bis in die Gegenwart (Stand Februar 2011), dass die Abstimmung in Hatays Parlament 1939 über den Beitritt zur Türkei völkerrechtswidrig gewesen sei und diese Provinz ein Teil Syriens ist.
    
==== Luftschlacht um England, 1940/1941 ====
 
==== Luftschlacht um England, 1940/1941 ====
{{Hauptartikel|Luftschlacht um England}}
      
Als „Luftschlacht um England“ bezeichnete die nationalsozialistische Propaganda die Vorbereitung einer Invasion Großbritanniens durch Ausschaltung der ''Royal Air Force''. Hitler glaubte nicht an einen Erfolg und zog einen Friedensschluss mit Großbritannien vor, freilich nur, wenn es die ehemals deutschen Kolonien zurückgeben und auf Einfluss in Europa verzichten würde.<ref>Ian Kershaw: ''Wendepunkte.'' München 2008, S. 101.</ref>
 
Als „Luftschlacht um England“ bezeichnete die nationalsozialistische Propaganda die Vorbereitung einer Invasion Großbritanniens durch Ausschaltung der ''Royal Air Force''. Hitler glaubte nicht an einen Erfolg und zog einen Friedensschluss mit Großbritannien vor, freilich nur, wenn es die ehemals deutschen Kolonien zurückgeben und auf Einfluss in Europa verzichten würde.<ref>Ian Kershaw: ''Wendepunkte.'' München 2008, S. 101.</ref>
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[[Datei:Spitfires camera gun film shows tracer ammunition.jpg|mini|links|Bordkamera einer [[Supermarine Spitfire|Spitfire]] zeigt Leuchtspurmunition, die eine [[Heinkel He 111|He&nbsp;111]] trifft, über England am 25.&nbsp;September 1940]]
      
In den zwei Jahren zwischen dem Münchner Abkommen und der „Luftschlacht um England“ hatten die Briten ihre Luftverteidigung verbessert. An der Süd- und Ostküste der Britischen Insel wurden „[[Chain Home]]“-Radarstationen installiert. Die britische Industrie konnte in den drei Monaten vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges mehr als 1400 [[Jagdflugzeug#Begleitjäger|Jagdflugzeuge]] produzieren. Die Royal Air Force (RAF) warb erfolgreich Piloten aus dem [[Commonwealth of Nations|Commonwealth]], Frankreich, den USA, Polen und der Tschechoslowakei an, denn auf einen Piloten der RAF kamen sechs deutsche.<ref>Siegfried Müller: ''Schmetterlinge des Todes im Tanz. Die Luftschlacht um England aus der Sicht der Beteiligten.'' [[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]], 3.&nbsp;Dezember 2005, S. 44.</ref> Bei den Flugzeugen sah es ähnlich aus: Im Westfeldzug kamen auf ein britisches Kampfflugzeug etwa vier deutsche Jäger und Bomber.<ref>Vgl. A. Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S. 156.</ref> Deshalb setzte Dowding auch ausländische Freiwillige als Jagdflieger ein, zunächst aus den Commonwealth-Staaten Kanada, Australien und Neuseeland, dann aber auch aus Polen, Tschechien und Frankreich. Ein Fünftel der insgesamt in der Luftschlacht um England eingesetzten knapp 3000 „Spitfire“- oder „Hurricane“-Piloten stammte nicht aus Großbritannien.
 
In den zwei Jahren zwischen dem Münchner Abkommen und der „Luftschlacht um England“ hatten die Briten ihre Luftverteidigung verbessert. An der Süd- und Ostküste der Britischen Insel wurden „[[Chain Home]]“-Radarstationen installiert. Die britische Industrie konnte in den drei Monaten vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges mehr als 1400 [[Jagdflugzeug#Begleitjäger|Jagdflugzeuge]] produzieren. Die Royal Air Force (RAF) warb erfolgreich Piloten aus dem [[Commonwealth of Nations|Commonwealth]], Frankreich, den USA, Polen und der Tschechoslowakei an, denn auf einen Piloten der RAF kamen sechs deutsche.<ref>Siegfried Müller: ''Schmetterlinge des Todes im Tanz. Die Luftschlacht um England aus der Sicht der Beteiligten.'' [[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]], 3.&nbsp;Dezember 2005, S. 44.</ref> Bei den Flugzeugen sah es ähnlich aus: Im Westfeldzug kamen auf ein britisches Kampfflugzeug etwa vier deutsche Jäger und Bomber.<ref>Vgl. A. Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S. 156.</ref> Deshalb setzte Dowding auch ausländische Freiwillige als Jagdflieger ein, zunächst aus den Commonwealth-Staaten Kanada, Australien und Neuseeland, dann aber auch aus Polen, Tschechien und Frankreich. Ein Fünftel der insgesamt in der Luftschlacht um England eingesetzten knapp 3000 „Spitfire“- oder „Hurricane“-Piloten stammte nicht aus Großbritannien.
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[[Datei:View from St Paul's Cathedral after the Blitz.jpg|mini|London nach dem ''„Blitz“'', 28.&nbsp;Dezember 1940]]
      
Am 2.&nbsp;Juli begann Göring die Luftschlacht mit einer begrenzten Offensive gegen die Schifffahrt im Ärmelkanal. [[Hugh Dowding, 1. Baron Dowding|Hugh Dowding]], Kommandeur der britischen Luftverteidigung, nahm die Herausforderung nicht an. Die nächste Phase begann Mitte August. Die RAF sollte durch die Vernichtung ihrer Flugzeuge in der Luft zerschlagen werden, während die Bekämpfung der Schifffahrt weiterging. Im August und September schossen britische Jäger 341 deutsche Flugzeuge ab und verloren selbst 108. Die RAF hatte den Vorteil, dass die Piloten der abgeschossenen Maschinen nicht jedes Mal für sie verloren waren, sofern sie sich mit dem Fallschirm retten konnten. In der nächsten Phase konzentrierte die Luftwaffe ihre Angriffe auf London. Hitler sprach von Vergeltung und völliger Vernichtung, nachdem in der Nacht zum 26.&nbsp;August auf Befehl Churchills 60 Bomber der RAF einen [[Luftangriffe der Alliierten auf Berlin|Angriff auf Berlin]] geflogen hatten, der kaum Schäden verursacht hatte. Am 7.&nbsp;September griff die ''Luftwaffe'' die Londoner Docks mit 300 Bombern und 600 Jägern an, aber sie verlor wieder mehr Flugzeuge als die britischen Jagdstaffeln. Am 15.&nbsp;September erreichten die deutschen Angriffe, von den Briten „[[The Blitz]]“ genannt, ihren Höhepunkt mit zwei Tagesangriffen. Die deutschen Bomber wurden dezimiert und die Jäger abgewiesen. Die Entscheidung, London anzugreifen, gilt als ein großer strategischer Fehler mit weitreichenden Folgen, denn weitere Angriffe auf London bis zum Jahresende mit durchschnittlich 160 Bombern bewirkten, militärisch gesehen, wenig, waren aber für die Luftwaffe äußerst verlustreich. Am 17.&nbsp;September 1940 verschob Hitler das „[[Unternehmen Seelöwe]]“ auf unbestimmte Zeit.
 
Am 2.&nbsp;Juli begann Göring die Luftschlacht mit einer begrenzten Offensive gegen die Schifffahrt im Ärmelkanal. [[Hugh Dowding, 1. Baron Dowding|Hugh Dowding]], Kommandeur der britischen Luftverteidigung, nahm die Herausforderung nicht an. Die nächste Phase begann Mitte August. Die RAF sollte durch die Vernichtung ihrer Flugzeuge in der Luft zerschlagen werden, während die Bekämpfung der Schifffahrt weiterging. Im August und September schossen britische Jäger 341 deutsche Flugzeuge ab und verloren selbst 108. Die RAF hatte den Vorteil, dass die Piloten der abgeschossenen Maschinen nicht jedes Mal für sie verloren waren, sofern sie sich mit dem Fallschirm retten konnten. In der nächsten Phase konzentrierte die Luftwaffe ihre Angriffe auf London. Hitler sprach von Vergeltung und völliger Vernichtung, nachdem in der Nacht zum 26.&nbsp;August auf Befehl Churchills 60 Bomber der RAF einen [[Luftangriffe der Alliierten auf Berlin|Angriff auf Berlin]] geflogen hatten, der kaum Schäden verursacht hatte. Am 7.&nbsp;September griff die ''Luftwaffe'' die Londoner Docks mit 300 Bombern und 600 Jägern an, aber sie verlor wieder mehr Flugzeuge als die britischen Jagdstaffeln. Am 15.&nbsp;September erreichten die deutschen Angriffe, von den Briten „[[The Blitz]]“ genannt, ihren Höhepunkt mit zwei Tagesangriffen. Die deutschen Bomber wurden dezimiert und die Jäger abgewiesen. Die Entscheidung, London anzugreifen, gilt als ein großer strategischer Fehler mit weitreichenden Folgen, denn weitere Angriffe auf London bis zum Jahresende mit durchschnittlich 160 Bombern bewirkten, militärisch gesehen, wenig, waren aber für die Luftwaffe äußerst verlustreich. Am 17.&nbsp;September 1940 verschob Hitler das „[[Unternehmen Seelöwe]]“ auf unbestimmte Zeit.
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Zunächst wandte er sich der Mittelmeeroption zu. Spaniens Diktator Franco war im Juni 1940 noch bereit gewesen, an deutscher Seite in den Krieg einzutreten. Er forderte dafür [[Gibraltar]], [[Französisch-Marokko]], [[Oran (Provinz)|Oran]] und Vergrößerung der Kolonien [[Spanisch-Sahara]] und [[Spanisch-Guinea]] sowie vorherige umfangreiche Lieferungen von Waffen, Rohstoffen und Nahrungsmitteln. Hitler hielt Spaniens Unterstützung damals nicht für nötig und ließ ausweichend antworten. Als er sich am 23. Oktober in [[Hendaye]] mit Franco traf, zeigte Hitler aber ein viel größeres Interesse am Kriegseintritt Spaniens, den er für Januar 1941 vorschlug. Spanische und deutsche Truppen könnten [[Unternehmen Felix|Gibraltar]] erobern und so das Mittelmeer nach Westen absperren. Außenminister Ribbentrop ging sogar gedanklich einen Schritt weiter und ventilierte die Vorstellung eines antibritischen [[Kontinentalblock]]s von Spanien bis Japan.<ref>Vgl. Peter Longerich: ''Hitler. Biographie.'' München 2015, S.&nbsp;741. Longerich bezieht sich auf W. Michalka: ''Ribbentrop und die deutsche Weltpolitik 1933–1940.'' München 1980, S.&nbsp;286ff.</ref> Franco und [[Ramón Serrano Súñer|Súñer]], dessen Schwiegersohn und späterer Außenminister, waren jedoch nicht mehr von der baldigen Niederlage Großbritanniens überzeugt. Sie ließen sich nicht zu unbedachten Schritten verleiten und wiederholten absichtlich überzogene Forderungen nach der Lieferung von Waffen. Hitler wiederum musste hinsichtlich der spanischen Kolonialwünsche in Nordafrika Rücksicht auf ''Vichy-Frankreich'' nehmen. Franco war daher lediglich mit der Unterzeichnung eines Protokolls einverstanden, in dem Spanien seine Bereitschaft erklärte, Mitglied des ''Dreimächtepakts'' zu werden und in den Krieg einzutreten – unter dem Vorbehalt, dass der Zeitpunkt noch gemeinsam vereinbart werden sollte. Damit war die Abmachung für Hitler praktisch wertlos.<ref>Lothar Gruchmann: ''Der Zweite Weltkrieg. Kriegführung und Politik.'' 8. Aufl., dtv, München 1985 (1967), S. 96–99.</ref> Im internen Kreis „wütete“ er später über das „[[Jesuiten]]schwein“ und den „falsche[n] Stolz des Spaniers“.<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.'' Stuttgart 2000, S. 444 und A. Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2012, S. 173. Kershaw und Beevor beziehen sich auf Halders ''Kriegstagebuch''. Kohlhammer, Stuttgart 1962–1964, Bd. 2, S. 158. Halder hielt Bemerkungen fest, die von Hitlers Heeresadjutanten [[Gerhard Engel (General)|Gerhard Engel]] weitergegeben wurden. (Hinweis bei Kershaw).</ref>
 
Zunächst wandte er sich der Mittelmeeroption zu. Spaniens Diktator Franco war im Juni 1940 noch bereit gewesen, an deutscher Seite in den Krieg einzutreten. Er forderte dafür [[Gibraltar]], [[Französisch-Marokko]], [[Oran (Provinz)|Oran]] und Vergrößerung der Kolonien [[Spanisch-Sahara]] und [[Spanisch-Guinea]] sowie vorherige umfangreiche Lieferungen von Waffen, Rohstoffen und Nahrungsmitteln. Hitler hielt Spaniens Unterstützung damals nicht für nötig und ließ ausweichend antworten. Als er sich am 23. Oktober in [[Hendaye]] mit Franco traf, zeigte Hitler aber ein viel größeres Interesse am Kriegseintritt Spaniens, den er für Januar 1941 vorschlug. Spanische und deutsche Truppen könnten [[Unternehmen Felix|Gibraltar]] erobern und so das Mittelmeer nach Westen absperren. Außenminister Ribbentrop ging sogar gedanklich einen Schritt weiter und ventilierte die Vorstellung eines antibritischen [[Kontinentalblock]]s von Spanien bis Japan.<ref>Vgl. Peter Longerich: ''Hitler. Biographie.'' München 2015, S.&nbsp;741. Longerich bezieht sich auf W. Michalka: ''Ribbentrop und die deutsche Weltpolitik 1933–1940.'' München 1980, S.&nbsp;286ff.</ref> Franco und [[Ramón Serrano Súñer|Súñer]], dessen Schwiegersohn und späterer Außenminister, waren jedoch nicht mehr von der baldigen Niederlage Großbritanniens überzeugt. Sie ließen sich nicht zu unbedachten Schritten verleiten und wiederholten absichtlich überzogene Forderungen nach der Lieferung von Waffen. Hitler wiederum musste hinsichtlich der spanischen Kolonialwünsche in Nordafrika Rücksicht auf ''Vichy-Frankreich'' nehmen. Franco war daher lediglich mit der Unterzeichnung eines Protokolls einverstanden, in dem Spanien seine Bereitschaft erklärte, Mitglied des ''Dreimächtepakts'' zu werden und in den Krieg einzutreten – unter dem Vorbehalt, dass der Zeitpunkt noch gemeinsam vereinbart werden sollte. Damit war die Abmachung für Hitler praktisch wertlos.<ref>Lothar Gruchmann: ''Der Zweite Weltkrieg. Kriegführung und Politik.'' 8. Aufl., dtv, München 1985 (1967), S. 96–99.</ref> Im internen Kreis „wütete“ er später über das „[[Jesuiten]]schwein“ und den „falsche[n] Stolz des Spaniers“.<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.'' Stuttgart 2000, S. 444 und A. Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2012, S. 173. Kershaw und Beevor beziehen sich auf Halders ''Kriegstagebuch''. Kohlhammer, Stuttgart 1962–1964, Bd. 2, S. 158. Halder hielt Bemerkungen fest, die von Hitlers Heeresadjutanten [[Gerhard Engel (General)|Gerhard Engel]] weitergegeben wurden. (Hinweis bei Kershaw).</ref>
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[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-H25217, Henry Philippe Petain und Adolf Hitler.jpg|mini|[[Philippe Pétain]] und Adolf Hitler am 24. Oktober 1940 in Montoire-sur-le-Loir (→ Le Loir ist ein linker Nebenfluss der Loire)]]
      
Wie in Hendaye hinsichtlich Spaniens, so blieb auch in [[Montoire-sur-le-Loir]] bei zwei Treffen mit Pétain und [[Pierre Laval|Laval]] am 22.&nbsp;und&nbsp;24.&nbsp;Oktober 1940 offen, ob es zu einer konkreten Zusammenarbeit mit Frankreich kommen werde. Hitler wollte, wenn schon nicht eine Kriegserklärung an England, so wenigstens die Verteidigung der französischen Kolonien in Nordafrika und [[Völkerbundmandat für Syrien und Libanon|Nahost]] gegen Angriffe der [[Forces françaises libres|FFL]] und der Briten erreichen sowie die Überlassung von Stützpunkten an der afrikanischen Mittelmeer- und Atlantikküste für den Seekrieg gegen Großbritannien. Marschall Pétain stimmte im Prinzip einer Zusammenarbeit mit Deutschland zu, lehnte aber indirekt einen Kriegseintritt Frankreichs ab, indem er darauf hinweisen ließ, dass eine Kriegserklärung nur durch Parlamentsbeschluss ausgesprochen werden könne. Ein solcher Beschluss sei fraglich.<ref>Lothar Gruchmann: ''Der Zweite Weltkrieg. Kriegführung und Politik.'' 8. Aufl., dtv, München 1985 (1967), S. 99–101.</ref> Das Ergebnis des Treffens war daher für den Krieg gegen Großbritannien bedeutungslos.<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.'' DVA, Stuttgart 2000, S. 445.</ref> Dennoch gab Pétain ein paar Tage später in einer Radiorede zu verstehen, er werde den Pfad der Zusammenarbeit ''(collaboration)'' mit Deutschland einschlagen.
 
Wie in Hendaye hinsichtlich Spaniens, so blieb auch in [[Montoire-sur-le-Loir]] bei zwei Treffen mit Pétain und [[Pierre Laval|Laval]] am 22.&nbsp;und&nbsp;24.&nbsp;Oktober 1940 offen, ob es zu einer konkreten Zusammenarbeit mit Frankreich kommen werde. Hitler wollte, wenn schon nicht eine Kriegserklärung an England, so wenigstens die Verteidigung der französischen Kolonien in Nordafrika und [[Völkerbundmandat für Syrien und Libanon|Nahost]] gegen Angriffe der [[Forces françaises libres|FFL]] und der Briten erreichen sowie die Überlassung von Stützpunkten an der afrikanischen Mittelmeer- und Atlantikküste für den Seekrieg gegen Großbritannien. Marschall Pétain stimmte im Prinzip einer Zusammenarbeit mit Deutschland zu, lehnte aber indirekt einen Kriegseintritt Frankreichs ab, indem er darauf hinweisen ließ, dass eine Kriegserklärung nur durch Parlamentsbeschluss ausgesprochen werden könne. Ein solcher Beschluss sei fraglich.<ref>Lothar Gruchmann: ''Der Zweite Weltkrieg. Kriegführung und Politik.'' 8. Aufl., dtv, München 1985 (1967), S. 99–101.</ref> Das Ergebnis des Treffens war daher für den Krieg gegen Großbritannien bedeutungslos.<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.'' DVA, Stuttgart 2000, S. 445.</ref> Dennoch gab Pétain ein paar Tage später in einer Radiorede zu verstehen, er werde den Pfad der Zusammenarbeit ''(collaboration)'' mit Deutschland einschlagen.
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==== Italienischer Parallelkrieg im Mittelmeerraum und in Ostafrika, 1940/1941 ====
 
==== Italienischer Parallelkrieg im Mittelmeerraum und in Ostafrika, 1940/1941 ====
{{Hauptartikel|Italienische Invasion Ägyptens|Ostafrikafeldzug|Griechenland#Von der Unabhängigkeit bis zum Zweiten Weltkrieg|titel3=Griechenland – von der Unabhängigkeit bis zum Zweiten Weltkrieg}}
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[[Datei:Faschistisches Italien mit Kolonialreich 1939.png|mini|Das faschistische Italien mit seinen Kolonien in Europa und Afrika (1939)]]
      
Mussolini hoffte, dass nach dem deutschen [[Achsenmächte|Achsenpartner]] auch Italien militärische Erfolge erringen könne, obwohl König [[Viktor Emanuel III.]] noch 1939 die realistische Einschätzung vertreten hatte, das Heer befinde sich in einem erbärmlichen Zustand und die Offiziere würden nichts taugen. Nachdem Italien am 10. Juni 1940 in den Krieg eingetreten war, ließ Mussolini britische Positionen im Mittelmeer sowie in Nord- und Ostafrika angreifen.<ref>Ian Kershaw: ''Wendepunkte.'' München 2008, S. 179.</ref> Nach geringen italienischen Anfangserfolgen in [[Italienische Invasion Ägyptens|Ägypten]] und in Ostafrika ging im Spätsommer und Herbst 1940 die Initiative verloren. Die Gegenoffensiven von britischen und Commonwealth-Truppen ([[Operation Compass]]) führten Anfang 1941 zu italienischen Niederlagen in Ägypten, im östlichen Teil Libyens ([[Cyrenaika]]) und in Ostafrika.
 
Mussolini hoffte, dass nach dem deutschen [[Achsenmächte|Achsenpartner]] auch Italien militärische Erfolge erringen könne, obwohl König [[Viktor Emanuel III.]] noch 1939 die realistische Einschätzung vertreten hatte, das Heer befinde sich in einem erbärmlichen Zustand und die Offiziere würden nichts taugen. Nachdem Italien am 10. Juni 1940 in den Krieg eingetreten war, ließ Mussolini britische Positionen im Mittelmeer sowie in Nord- und Ostafrika angreifen.<ref>Ian Kershaw: ''Wendepunkte.'' München 2008, S. 179.</ref> Nach geringen italienischen Anfangserfolgen in [[Italienische Invasion Ägyptens|Ägypten]] und in Ostafrika ging im Spätsommer und Herbst 1940 die Initiative verloren. Die Gegenoffensiven von britischen und Commonwealth-Truppen ([[Operation Compass]]) führten Anfang 1941 zu italienischen Niederlagen in Ägypten, im östlichen Teil Libyens ([[Cyrenaika]]) und in Ostafrika.
[[Datei:Italian soldiers taken prisoner during Operation Compass.jpg|mini|links|Italienische Kriegsgefangene während der [[Operation Compass]], nach der Schlacht um [[Bardia]] an der libysch-ägyptischen Grenze, 6.&nbsp;Januar 1941]]
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130.000 italienische Soldaten gerieten in britische Gefangenschaft. Im Februar 1941 reagierte Hitler mit der Entsendung des [[Deutsches Afrikakorps|Deutschen Afrikakorps]] ([[Unternehmen Sonnenblume]]), um wenigstens zu verhindern, dass Italien die Kolonie [[Italienisch-Libyen|Libyen]] verliere. In Ostafrika verlor Italien bis Ende November 1941 30.000 Soldaten (24.000 Kriegsgefangene und 6000 Gefallene) und seine dortigen Kolonien.
 
130.000 italienische Soldaten gerieten in britische Gefangenschaft. Im Februar 1941 reagierte Hitler mit der Entsendung des [[Deutsches Afrikakorps|Deutschen Afrikakorps]] ([[Unternehmen Sonnenblume]]), um wenigstens zu verhindern, dass Italien die Kolonie [[Italienisch-Libyen|Libyen]] verliere. In Ostafrika verlor Italien bis Ende November 1941 30.000 Soldaten (24.000 Kriegsgefangene und 6000 Gefallene) und seine dortigen Kolonien.
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==== Balkanfeldzug, 1941 ====
 
==== Balkanfeldzug, 1941 ====
{{Hauptartikel|Balkanfeldzug (1941)}}
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[[Datei:Second world war europe 1941 map de.png|mini|Balkanfeldzug, April – Mai 1941]]
      
Anfang des Jahres 1941 versuchte das Deutsche Reich im Balkankonflikt zu vermitteln. So unterbreitete Hitler dem [[Königreich Jugoslawien]] den Vorschlag, dem ''Dreimächtepakt'' beizutreten, was jedoch abgelehnt wurde. Griechenland verzichtete ebenfalls auf jeden Vermittlungsversuch, da seine Armee die italienischen Soldaten an der Front zum Rückzug zwingen konnte. Eine italienische Großoffensive am 9.&nbsp;März wurde zum Desaster. Am 27.&nbsp;März trat Jugoslawien schließlich dem ''Dreimächtepakt'' bei. Die Folge waren antideutsche Demonstrationen und ein [[Jugoslawischer Staatsstreich 1941|Staatsstreich]] des serbischen Offizierskorps gegen die Regierung des [[Paul von Jugoslawien|Prinzregenten Paul]], woraufhin der Beitritt wieder rückgängig gemacht wurde.
 
Anfang des Jahres 1941 versuchte das Deutsche Reich im Balkankonflikt zu vermitteln. So unterbreitete Hitler dem [[Königreich Jugoslawien]] den Vorschlag, dem ''Dreimächtepakt'' beizutreten, was jedoch abgelehnt wurde. Griechenland verzichtete ebenfalls auf jeden Vermittlungsversuch, da seine Armee die italienischen Soldaten an der Front zum Rückzug zwingen konnte. Eine italienische Großoffensive am 9.&nbsp;März wurde zum Desaster. Am 27.&nbsp;März trat Jugoslawien schließlich dem ''Dreimächtepakt'' bei. Die Folge waren antideutsche Demonstrationen und ein [[Jugoslawischer Staatsstreich 1941|Staatsstreich]] des serbischen Offizierskorps gegen die Regierung des [[Paul von Jugoslawien|Prinzregenten Paul]], woraufhin der Beitritt wieder rückgängig gemacht wurde.
    
Diese unerwartete Wendung führte zu Hitlers Entscheidung, Jugoslawien anzugreifen. Er rechtfertigte den Angriff als Vergeltung gegen eine serbische „Verbrecherclique“ in [[Belgrad]].<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.'' DVA, Stuttgart 2000, S. 484.</ref> Am 6.&nbsp;April überschritten Verbände der Wehrmacht die Grenze nach Jugoslawien, und die Luftwaffe begann, Belgrad in Schutt und Asche zu legen (→&nbsp;[[Unternehmen Strafgericht]]), obwohl die Hauptstadt zur „[[Offene Stadt|offenen Stadt]]“ erklärt worden war.<ref>Die Opfer waren kaum zu schätzen, die Zahl lag irgendwo zwischen 1500 und 30.000 Toten. Zit. n. Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S. 188.</ref> Der weitere Vormarsch erfolgte wie in einem geplanten Manöver. Am 10.&nbsp;April wurde [[Zagreb]] besetzt, wo am selben Tag der [[Unabhängiger Staat Kroatien|Unabhängige Staat Kroatien]] ausgerufen wurde. Belgrad wurde am 13.&nbsp;April von deutschen Truppen besetzt. Am 17.&nbsp;April unterschrieben die jugoslawischen Befehlshaber die Kapitulation der jugoslawischen Armee.
 
Diese unerwartete Wendung führte zu Hitlers Entscheidung, Jugoslawien anzugreifen. Er rechtfertigte den Angriff als Vergeltung gegen eine serbische „Verbrecherclique“ in [[Belgrad]].<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.'' DVA, Stuttgart 2000, S. 484.</ref> Am 6.&nbsp;April überschritten Verbände der Wehrmacht die Grenze nach Jugoslawien, und die Luftwaffe begann, Belgrad in Schutt und Asche zu legen (→&nbsp;[[Unternehmen Strafgericht]]), obwohl die Hauptstadt zur „[[Offene Stadt|offenen Stadt]]“ erklärt worden war.<ref>Die Opfer waren kaum zu schätzen, die Zahl lag irgendwo zwischen 1500 und 30.000 Toten. Zit. n. Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S. 188.</ref> Der weitere Vormarsch erfolgte wie in einem geplanten Manöver. Am 10.&nbsp;April wurde [[Zagreb]] besetzt, wo am selben Tag der [[Unabhängiger Staat Kroatien|Unabhängige Staat Kroatien]] ausgerufen wurde. Belgrad wurde am 13.&nbsp;April von deutschen Truppen besetzt. Am 17.&nbsp;April unterschrieben die jugoslawischen Befehlshaber die Kapitulation der jugoslawischen Armee.
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[[Datei:Bundesarchiv Bild 141-1005, Belgrad, Zerstörungen.jpg|mini|links|Zerstörungen in Belgrad nach Luftangriff, April 1941]]
      
Ebenfalls am 6.&nbsp;April begann der deutsche Feldzug gegen Griechenland. Anders als in Jugoslawien war der griechische Widerstand stellenweise ausgesprochen hart. Besonders in den Gebirgslagen und im Gebiet der stark verteidigten [[Metaxas-Linie]] kamen deutsche Soldaten nur langsam und unter hohen Verlusten voran. Am 9.&nbsp;April fiel [[Thessaloniki|Saloniki]]. Gleichzeitig wurde die [[Griechische Streitkräfte|griechische Armee]] in [[Makedonien (geographische Region Griechenlands)|Ostmazedonien]] abgeschnitten und die Metaxas-Linie stärker bedrängt. Die griechischen Verstärkungen von der albanischen Front wurden bei ihrem Vormarsch durch die gebirgige Landschaft von deutschen und italienischen Panzereinheiten sowie Luftangriffen aufgehalten. Am 21.&nbsp;April mussten 223.000&nbsp;griechische Soldaten kapitulieren.
 
Ebenfalls am 6.&nbsp;April begann der deutsche Feldzug gegen Griechenland. Anders als in Jugoslawien war der griechische Widerstand stellenweise ausgesprochen hart. Besonders in den Gebirgslagen und im Gebiet der stark verteidigten [[Metaxas-Linie]] kamen deutsche Soldaten nur langsam und unter hohen Verlusten voran. Am 9.&nbsp;April fiel [[Thessaloniki|Saloniki]]. Gleichzeitig wurde die [[Griechische Streitkräfte|griechische Armee]] in [[Makedonien (geographische Region Griechenlands)|Ostmazedonien]] abgeschnitten und die Metaxas-Linie stärker bedrängt. Die griechischen Verstärkungen von der albanischen Front wurden bei ihrem Vormarsch durch die gebirgige Landschaft von deutschen und italienischen Panzereinheiten sowie Luftangriffen aufgehalten. Am 21.&nbsp;April mussten 223.000&nbsp;griechische Soldaten kapitulieren.
    
Die in Griechenland stationierten britischen Verbände bauten unterdessen eine Verteidigung an den [[Thermopylen]] auf. Diese wurde am 24.&nbsp;April überrannt, woraufhin die Alliierten eine amphibische Evakuierungsoperation einleiten mussten, in der 50.000&nbsp;Soldaten nach [[Kreta]] und [[Ägypten]] verschifft wurden. Am 27.&nbsp;April rückte die Wehrmacht in [[Athen]] ein.
 
Die in Griechenland stationierten britischen Verbände bauten unterdessen eine Verteidigung an den [[Thermopylen]] auf. Diese wurde am 24.&nbsp;April überrannt, woraufhin die Alliierten eine amphibische Evakuierungsoperation einleiten mussten, in der 50.000&nbsp;Soldaten nach [[Kreta]] und [[Ägypten]] verschifft wurden. Am 27.&nbsp;April rückte die Wehrmacht in [[Athen]] ein.
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[[Datei:Bundesarchiv Bild 101I-164-0357-29A, Athen, Einmarsch deutscher Truppen.jpg|mini|Einmarsch deutscher Truppen in [[Athen]], Mai 1941]]
      
Hitler befahl am 25.&nbsp;April, [[Unternehmen Merkur|Kreta]] mit Luftlandetruppen, Fallschirmjägerverbänden und der 5.&nbsp;Gebirgs-Division Mitte Mai 1941 zu erobern. Am 20.&nbsp;Mai 1941 landeten deutsche Fallschirmspringer auf [[Luftlandeschlacht um Kreta|Kreta]]. Dabei hatten sie hohe Verluste. Die gelandeten Einheiten konnten zunächst keine Flugplätze für Nachschub und Verstärkungen erobern. Erst durch verstärkten Einsatz der Luftwaffe und nach erfolgreichen Landungen auf umkämpften Flugplätzen stabilisierte sich die Lage für die Angreifer. Die Alliierten, darunter [[Neuseeland|Neuseeländer]] und [[Australien|Australier]], verteidigten Kreta eine Woche lang, bis sie sich mit etwa 17.000&nbsp;Mann nach Ägypten absetzen mussten. Aufgrund der hohen deutschen Verluste beschloss Hitler, in Zukunft keine Luftlandungen mehr durchzuführen. Der Versuch, die strategisch wichtige Insel [[Belagerung von Malta (Zweiter Weltkrieg)|Malta]] zu erobern, unterblieb daher.<ref>Gerhard Schreiber: ''Der Zweite Weltkrieg.''5. Aufl., München 2013, S.&nbsp;53.</ref>
 
Hitler befahl am 25.&nbsp;April, [[Unternehmen Merkur|Kreta]] mit Luftlandetruppen, Fallschirmjägerverbänden und der 5.&nbsp;Gebirgs-Division Mitte Mai 1941 zu erobern. Am 20.&nbsp;Mai 1941 landeten deutsche Fallschirmspringer auf [[Luftlandeschlacht um Kreta|Kreta]]. Dabei hatten sie hohe Verluste. Die gelandeten Einheiten konnten zunächst keine Flugplätze für Nachschub und Verstärkungen erobern. Erst durch verstärkten Einsatz der Luftwaffe und nach erfolgreichen Landungen auf umkämpften Flugplätzen stabilisierte sich die Lage für die Angreifer. Die Alliierten, darunter [[Neuseeland|Neuseeländer]] und [[Australien|Australier]], verteidigten Kreta eine Woche lang, bis sie sich mit etwa 17.000&nbsp;Mann nach Ägypten absetzen mussten. Aufgrund der hohen deutschen Verluste beschloss Hitler, in Zukunft keine Luftlandungen mehr durchzuführen. Der Versuch, die strategisch wichtige Insel [[Belagerung von Malta (Zweiter Weltkrieg)|Malta]] zu erobern, unterblieb daher.<ref>Gerhard Schreiber: ''Der Zweite Weltkrieg.''5. Aufl., München 2013, S.&nbsp;53.</ref>
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==== Krieg gegen die Sowjetunion, Juni 1941 bis Oktober 1942 ====
 
==== Krieg gegen die Sowjetunion, Juni 1941 bis Oktober 1942 ====
{{Hauptartikel|Deutsch-Sowjetischer Krieg}}
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[[Datei:Second world war europe 1941-1942 map de.png|mini|Russlandfeldzug, 1941–1942]]
   
Der Balkanfeldzug hatte den Angriffszeitpunkt für einen Überfall auf die Sowjetunion um vier Wochen verschoben. Der Angriff fand erst am 22.&nbsp;Juni 1941 statt. Obwohl Berechnungen auf deutscher Seite zeigten, dass die Versorgung der Wehrmacht nur bis zu einer Linie entlang [[Pskow]], [[Kiew]] und der [[Krim]] möglich war, verlangte Hitler die Eroberung [[Moskau]]s im Rahmen eines einzigen, ununterbrochenen Feldzuges. Hier zeigte sich dessen gefährliche Unterschätzung der Sowjetunion, die schon nach der Kapitulation Frankreichs im Juni&nbsp;1940 zum Ausdruck gekommen war ''(s.&nbsp;o.)''. Für den Überfall standen drei Heeresgruppen (Nord, Mitte, Süd) bereit. Die [[Heeresgruppe Nord]] ([[Wilhelm Ritter von Leeb|von Leeb]]) sollte die [[Baltikum|baltischen]] Staaten erobern und dann nach [[Leningrad]] vorstoßen. Auf der [[Heeresgruppe Mitte]] ([[Fedor von Bock|von Bock]]) lag die Hauptlast. Sie sollte nach Moskau vorrücken und war entsprechend stark gerüstet. Die [[Heeresgruppe Süd]] (von Rundstedt) sollte die [[Ukraine]] erobern. Vom besetzten Norwegen aus wurden ebenfalls Angriffe gegen die Sowjetunion unternommen. Sie zielten auf [[Murmansk]], den Hafen und die dortige Eisenbahnverbindung, die „[[Murmanbahn]]“. An dem Feldzug waren auch 600.000 Soldaten aus verbündeten, neutralen und besetzten Staaten beteiligt.<ref>Spanien, Frankreich, Belgien, Niederlande, Dänemark und Norwegen</ref> Später kamen 30.000 Freiwillige aus neutralen und besetzten Gebieten (unter anderen Polen, Estland, Lettland, Litauen, Weißrussland, Ukraine, Russland, Kaukasus) hinzu, meist Repräsentanten rechtsradikaler oder faschistischer Strömungen in ihren Heimatländern.<ref>Rolf-Dieter Müller: ''An der Seite der Wehrmacht. Hitlers ausländische Helfer beim „Kreuzzug gegen den Bolschewismus“ 1941–1945.'' Augsburg 2013, S. 113.</ref>
 
Der Balkanfeldzug hatte den Angriffszeitpunkt für einen Überfall auf die Sowjetunion um vier Wochen verschoben. Der Angriff fand erst am 22.&nbsp;Juni 1941 statt. Obwohl Berechnungen auf deutscher Seite zeigten, dass die Versorgung der Wehrmacht nur bis zu einer Linie entlang [[Pskow]], [[Kiew]] und der [[Krim]] möglich war, verlangte Hitler die Eroberung [[Moskau]]s im Rahmen eines einzigen, ununterbrochenen Feldzuges. Hier zeigte sich dessen gefährliche Unterschätzung der Sowjetunion, die schon nach der Kapitulation Frankreichs im Juni&nbsp;1940 zum Ausdruck gekommen war ''(s.&nbsp;o.)''. Für den Überfall standen drei Heeresgruppen (Nord, Mitte, Süd) bereit. Die [[Heeresgruppe Nord]] ([[Wilhelm Ritter von Leeb|von Leeb]]) sollte die [[Baltikum|baltischen]] Staaten erobern und dann nach [[Leningrad]] vorstoßen. Auf der [[Heeresgruppe Mitte]] ([[Fedor von Bock|von Bock]]) lag die Hauptlast. Sie sollte nach Moskau vorrücken und war entsprechend stark gerüstet. Die [[Heeresgruppe Süd]] (von Rundstedt) sollte die [[Ukraine]] erobern. Vom besetzten Norwegen aus wurden ebenfalls Angriffe gegen die Sowjetunion unternommen. Sie zielten auf [[Murmansk]], den Hafen und die dortige Eisenbahnverbindung, die „[[Murmanbahn]]“. An dem Feldzug waren auch 600.000 Soldaten aus verbündeten, neutralen und besetzten Staaten beteiligt.<ref>Spanien, Frankreich, Belgien, Niederlande, Dänemark und Norwegen</ref> Später kamen 30.000 Freiwillige aus neutralen und besetzten Gebieten (unter anderen Polen, Estland, Lettland, Litauen, Weißrussland, Ukraine, Russland, Kaukasus) hinzu, meist Repräsentanten rechtsradikaler oder faschistischer Strömungen in ihren Heimatländern.<ref>Rolf-Dieter Müller: ''An der Seite der Wehrmacht. Hitlers ausländische Helfer beim „Kreuzzug gegen den Bolschewismus“ 1941–1945.'' Augsburg 2013, S. 113.</ref>
    
Am frühen Morgen des 22.&nbsp;Juni 1941, zwischen 3:00&nbsp;Uhr und 3:30&nbsp;Uhr, begann der Angriff gegen die Sowjetunion.<ref>Ernst Klink: ''Der Krieg gegen die Sowjetunion bis zur Jahreswende 1941/42. Die Operationsführung.'' In: [[Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg]]. Band 4. Hrsg. v. [[Militärgeschichtliches Forschungsamt|Militärgeschichtlichen Forschungsamt]]. DVA, Stuttgart 1983, S. 451–712, hier S. 451 f., auch zum Folgenden.</ref> Obwohl ihm mehrere ernst zu nehmende Hinweise, unter anderen von [[Harro Schulze-Boysen]], [[Arvid Harnack]] und [[Richard Sorge#Tätigkeit im Nachrichtendienst|Richard Sorge]], zugegangen waren,<ref>Ian Kershaw: ''Wendepunkte''. München 2008, S. 310.</ref> blieb Stalin davon überzeugt, dass Hitler die Sowjetunion nicht vor einem Sieg über Großbritannien angreifen werde.<ref>H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens.'' München 2011, S. 941.</ref> Der Angriff wurde von 153 deutschen Divisionen, darunter 19 Panzer- und 12 motorisierte Divisionen, auf einer Frontlänge von 1600&nbsp;km zwischen der Ostsee und den Karpaten geführt. Zwei Divisionen operierten von Finnland aus. Die Heeresgruppe Nord besetzte die drei baltischen Staaten Litauen, Lettland, Estland und erreichte Anfang September [[Nowgorod]]. Die Heeresgruppe Mitte erreichte in derselben Zeit [[Smolensk]], das auf dem direkten Weg nach Moskau liegt. Die Heeresgruppe Süd hatte die Aufgabe, die Ukraine zu erobern, und stand zur selben Zeit kurz vor [[Saporoschje]] im Südosten der Ukraine. Die militärischen Befehlshaber der Roten Armee waren nicht auf diese bisher größte militärische Offensive der Weltgeschichte mit etwas über drei Millionen Heeressoldaten eingestellt. Innerhalb einer Woche kamen Soldaten aus den verbündeten Staaten Rumänien, Italien, Slowakei und Ungarn<ref name="Lüdeke118">Alexander Lüdeke: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Bath (UK) 2007, S. 118.</ref> sowie Finnland hinzu, das kein Bündnis mit Deutschland hatte<ref>Matti Klinge: ''Geschichte Finnlands im Überblick.'' Otava, Helsinki 1995, ISBN 951-113822-7, S. 123&nbsp;f.</ref> und Wert auf die Feststellung legte, dass es gegen die Sowjetunion einen „Fortsetzungskrieg“ zur Rückeroberung der 1940 abgetretenen Gebiete führe.<ref>H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens.'' München 2011, S. 945.</ref> Die Rote Armee hatte an der Westgrenze annähernd drei Millionen Soldaten stationiert, die mit Panzern, Artillerie und Flugzeugen den Angreifern zwar weit überlegen, jedoch nicht kampfbereit waren.<ref>Peter Longerich: „Hitler. Biographie.“ Siedler, München 2015, S. 784.</ref> Viele der sowjetischen Soldaten an der Grenze ergaben sich ohne Widerstand, während die motorisierten deutschen Truppen zunächst zügig vorankommen konnten. Die damalige Fähigkeit der sowjetischen Streitkräfte, einen Angriff oder einen Krieg gegen Deutschland zu führen, muss auch nach neueren Erkenntnissen stark bezweifelt werden. Der erste [[Wehrmachtbericht]] am Morgen des 22.&nbsp;Juni 1941 erweckte dagegen den Eindruck, sowjetische Truppen seien nach Ostpreußen eingedrungen. Er unterstützte damit die [[Präventivkriegsthese|Präventivkriegslegende]] der [[NS-Propaganda]], die den Angriff als Verteidigungskrieg darstellte. Tatsächlich war der Überfall auf die Sowjetunion im Wesentlichen ein ideologisch verbrämter Eroberungs- und Vernichtungskrieg mit dem von Hitler bereits Jahre zuvor formulierten Ziel der Gewinnung von „[[Lebensraum im Osten]]“. Damit war „ein blockadefestes Großimperium“ bis zum [[Ural]] und über den [[Kaukasus]] hinaus gemeint.<ref>Vgl. Rolf-Dieter Müller: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Stuttgart 2004 (Handbuch der deutschen Geschichte; Band 21), S. 108–154.</ref>
 
Am frühen Morgen des 22.&nbsp;Juni 1941, zwischen 3:00&nbsp;Uhr und 3:30&nbsp;Uhr, begann der Angriff gegen die Sowjetunion.<ref>Ernst Klink: ''Der Krieg gegen die Sowjetunion bis zur Jahreswende 1941/42. Die Operationsführung.'' In: [[Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg]]. Band 4. Hrsg. v. [[Militärgeschichtliches Forschungsamt|Militärgeschichtlichen Forschungsamt]]. DVA, Stuttgart 1983, S. 451–712, hier S. 451 f., auch zum Folgenden.</ref> Obwohl ihm mehrere ernst zu nehmende Hinweise, unter anderen von [[Harro Schulze-Boysen]], [[Arvid Harnack]] und [[Richard Sorge#Tätigkeit im Nachrichtendienst|Richard Sorge]], zugegangen waren,<ref>Ian Kershaw: ''Wendepunkte''. München 2008, S. 310.</ref> blieb Stalin davon überzeugt, dass Hitler die Sowjetunion nicht vor einem Sieg über Großbritannien angreifen werde.<ref>H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens.'' München 2011, S. 941.</ref> Der Angriff wurde von 153 deutschen Divisionen, darunter 19 Panzer- und 12 motorisierte Divisionen, auf einer Frontlänge von 1600&nbsp;km zwischen der Ostsee und den Karpaten geführt. Zwei Divisionen operierten von Finnland aus. Die Heeresgruppe Nord besetzte die drei baltischen Staaten Litauen, Lettland, Estland und erreichte Anfang September [[Nowgorod]]. Die Heeresgruppe Mitte erreichte in derselben Zeit [[Smolensk]], das auf dem direkten Weg nach Moskau liegt. Die Heeresgruppe Süd hatte die Aufgabe, die Ukraine zu erobern, und stand zur selben Zeit kurz vor [[Saporoschje]] im Südosten der Ukraine. Die militärischen Befehlshaber der Roten Armee waren nicht auf diese bisher größte militärische Offensive der Weltgeschichte mit etwas über drei Millionen Heeressoldaten eingestellt. Innerhalb einer Woche kamen Soldaten aus den verbündeten Staaten Rumänien, Italien, Slowakei und Ungarn<ref name="Lüdeke118">Alexander Lüdeke: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Bath (UK) 2007, S. 118.</ref> sowie Finnland hinzu, das kein Bündnis mit Deutschland hatte<ref>Matti Klinge: ''Geschichte Finnlands im Überblick.'' Otava, Helsinki 1995, ISBN 951-113822-7, S. 123&nbsp;f.</ref> und Wert auf die Feststellung legte, dass es gegen die Sowjetunion einen „Fortsetzungskrieg“ zur Rückeroberung der 1940 abgetretenen Gebiete führe.<ref>H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens.'' München 2011, S. 945.</ref> Die Rote Armee hatte an der Westgrenze annähernd drei Millionen Soldaten stationiert, die mit Panzern, Artillerie und Flugzeugen den Angreifern zwar weit überlegen, jedoch nicht kampfbereit waren.<ref>Peter Longerich: „Hitler. Biographie.“ Siedler, München 2015, S. 784.</ref> Viele der sowjetischen Soldaten an der Grenze ergaben sich ohne Widerstand, während die motorisierten deutschen Truppen zunächst zügig vorankommen konnten. Die damalige Fähigkeit der sowjetischen Streitkräfte, einen Angriff oder einen Krieg gegen Deutschland zu führen, muss auch nach neueren Erkenntnissen stark bezweifelt werden. Der erste [[Wehrmachtbericht]] am Morgen des 22.&nbsp;Juni 1941 erweckte dagegen den Eindruck, sowjetische Truppen seien nach Ostpreußen eingedrungen. Er unterstützte damit die [[Präventivkriegsthese|Präventivkriegslegende]] der [[NS-Propaganda]], die den Angriff als Verteidigungskrieg darstellte. Tatsächlich war der Überfall auf die Sowjetunion im Wesentlichen ein ideologisch verbrämter Eroberungs- und Vernichtungskrieg mit dem von Hitler bereits Jahre zuvor formulierten Ziel der Gewinnung von „[[Lebensraum im Osten]]“. Damit war „ein blockadefestes Großimperium“ bis zum [[Ural]] und über den [[Kaukasus]] hinaus gemeint.<ref>Vgl. Rolf-Dieter Müller: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Stuttgart 2004 (Handbuch der deutschen Geschichte; Band 21), S. 108–154.</ref>
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[[Datei:RIAN archive 1000 Soldiers carrying a wounded soldier.jpg|mini|Sowjetische Soldaten bergen einen Verwundeten bei [[Leningrad]], Oktober&nbsp;1941]]
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Am 22.&nbsp;Juni mittags verlas der sowjetische Außenminister [[Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow|Molotow]] im Rundfunk eine Rede, in der er den Ausbruch des Krieges bekannt gab. Erst elf Tage später richtete sich Josef Stalin am 3.&nbsp;Juli mit einer Rundfunkansprache an das Volk.<ref>Richard Overy: ''Russlands Krieg 1941–1945.'' Rowohlt, Hamburg 2004, ISBN 3-498-05032-X, S. 127.</ref> Davor war [[Kesselschlacht bei Białystok und Minsk|Minsk]] eingeschlossen und wenig später besetzt worden. Hitler beharrte gegenüber dem OKH lange Zeit auf dem Vorrang der Eroberung der Ukraine anstelle Moskaus. Das Hauptziel der NS-Führung bestand darin, sich die Ölvorräte des Kaukasus und das Getreide in der Ukraine zu sichern. Dies würde sie nach Hitlers Überzeugung unbesiegbar machen.<ref>Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S.&nbsp;219.</ref> Trotz siegreicher [[Kesselschlacht]]en scheiterte der Plan ''Barbarossa'' bereits im August&nbsp;1941 und löste die sogenannte „[[Augustkrise (1941)|Augustkrise]]“ aus, weil aus diesen Schlachten große Teile des Gegners entkamen und sich neu formierten, der Überraschungseffekt des Überfalls abflaute, die deutschen Verluste zunahmen und Hitlers „Zickzack der Anordnungen“ zur Schwerpunktbildung bei der ''[[Heeresgruppe Mitte]]'' oder der ''[[Heeresgruppe Süd]]'' sich häuften.<ref>Rolf-Dieter Müller: ''Der Feind steht im Osten. Hitlers geheime Pläne für einen Krieg gegen die Sowjetunion im Jahr 1939.'' Christoph Links Verlag, Berlin 2013, S. 240, 244, 245, 247, 248&nbsp;f.</ref> [[Datei:Bundesarchiv Bild 183-L20721, Charkow, deutscher Einmarsch.jpg|mini|Deutscher „Einmarsch“ in [[Charkow]] am 1. November 1941, Aufnahme einer [[Propagandakompanie]].]] Erst nach der [[Schlacht um Kiew (1941)|Einnahme Kiews]] und [[Charkow]]s wurde am 2.&nbsp;Oktober der Vorstoß auf Moskau wieder aufgenommen. Doch schon im Oktober begann es zu regnen, im November setzte Frost mit minus 22 Grad Celsius ein. Daraufhin verlangsamte sich die deutsche Offensive, sie blieb immer häufiger in Schlamm oder Schnee stecken, und der [[Schlacht um Moskau|Angriff auf Moskau]] kam am 5.&nbsp;Dezember wegen arktischer Temperaturen von bis zu minus 50&nbsp;°C und der sich versteifenden sowjetischen Gegenwehr zum Erliegen. Am Tag darauf setzte eine sowjetische Gegenoffensive mit gut für den Winterkrieg ausgerüsteten Einheiten aus Fernost unter dem Befehl von Schukow ein, wodurch eine Eroberung der Hauptstadt Moskau durch deutsche Truppen verhindert wurde. Die Flucht der Heeresgruppe konnte zwar durch einen unbedingten Haltebefehl Hitlers gestoppt werden, aber sein Ziel, „die Sowjetunion in einem schnellen Feldzug niederzuwerfen“,<ref>[http://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0009_bar&l=de Weisung Nr. 21 (Fall Barbarossa)].</ref> war misslungen, „Barbarossa“ gescheitert.<ref>Bodo Scheurig: ''Henning von Tresckow. Eine Biographie.'' Stalling, Oldenburg 1973, S. 119.</ref> Die verlorene Schlacht um Moskau war der geopolitische Wendepunkt des Zweiten Weltkrieges, „die eigentliche Zäsur“,<ref>Gerd R. Ueberschär: ''Das Scheitern des „Unternehmens Barbarossa“.'' In: Gerd R. Ueberschär und Wolfram Wette: ''Der deutsche Überfall auf die Sowjetunion: „Unternehmen Barbarossa“ 1941.'' Frankfurt am Main 2011, S. 120.</ref> weil die Serie der deutschen Blitzsiege abriss. Die Wehrmacht verlor bis Ende Januar&nbsp;1942 rund ein Drittel ihrer Soldaten. Eine Million Gefallene, Vermisste oder Verwundete konnten nur zur Hälfte ersetzt werden. Noch weit stärkere Verluste hatte die Rote Armee mit bis zu diesem Zeitpunkt rund 3,3&nbsp;Millionen Gefangenen, einer nicht näher bekannten Zahl von Toten sowie 2,2&nbsp;Millionen Verwundeten und Kranken.<ref>[[Rolf-Dieter Müller]]: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Klett-Cotta, Stuttgart 2004, ISBN 3-608-60021-3. ([[Handbuch der deutschen Geschichte]]; Band 21), S. 154&nbsp;f.</ref>
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Am 22.&nbsp;Juni mittags verlas der sowjetische Außenminister [[Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow|Molotow]] im Rundfunk eine Rede, in der er den Ausbruch des Krieges bekannt gab. Erst elf Tage später richtete sich Josef Stalin am 3.&nbsp;Juli mit einer Rundfunkansprache an das Volk.<ref>Richard Overy: ''Russlands Krieg 1941–1945.'' Rowohlt, Hamburg 2004, ISBN 3-498-05032-X, S. 127.</ref> Davor war [[Kesselschlacht bei Białystok und Minsk|Minsk]] eingeschlossen und wenig später besetzt worden. Hitler beharrte gegenüber dem OKH lange Zeit auf dem Vorrang der Eroberung der Ukraine anstelle Moskaus. Das Hauptziel der NS-Führung bestand darin, sich die Ölvorräte des Kaukasus und das Getreide in der Ukraine zu sichern. Dies würde sie nach Hitlers Überzeugung unbesiegbar machen.<ref>Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S.&nbsp;219.</ref> Trotz siegreicher [[Kesselschlacht]]en scheiterte der Plan ''Barbarossa'' bereits im August&nbsp;1941 und löste die sogenannte „[[Augustkrise (1941)|Augustkrise]]“ aus, weil aus diesen Schlachten große Teile des Gegners entkamen und sich neu formierten, der Überraschungseffekt des Überfalls abflaute, die deutschen Verluste zunahmen und Hitlers „Zickzack der Anordnungen“ zur Schwerpunktbildung bei der ''[[Heeresgruppe Mitte]]'' oder der ''[[Heeresgruppe Süd]]'' sich häuften.<ref>Rolf-Dieter Müller: ''Der Feind steht im Osten. Hitlers geheime Pläne für einen Krieg gegen die Sowjetunion im Jahr 1939.'' Christoph Links Verlag, Berlin 2013, S. 240, 244, 245, 247, 248&nbsp;f.</ref> Erst nach der [[Schlacht um Kiew (1941)|Einnahme Kiews]] und [[Charkow]]s wurde am 2.&nbsp;Oktober der Vorstoß auf Moskau wieder aufgenommen. Doch schon im Oktober begann es zu regnen, im November setzte Frost mit minus 22 Grad Celsius ein. Daraufhin verlangsamte sich die deutsche Offensive, sie blieb immer häufiger in Schlamm oder Schnee stecken, und der [[Schlacht um Moskau|Angriff auf Moskau]] kam am 5.&nbsp;Dezember wegen arktischer Temperaturen von bis zu minus 50&nbsp;°C und der sich versteifenden sowjetischen Gegenwehr zum Erliegen. Am Tag darauf setzte eine sowjetische Gegenoffensive mit gut für den Winterkrieg ausgerüsteten Einheiten aus Fernost unter dem Befehl von Schukow ein, wodurch eine Eroberung der Hauptstadt Moskau durch deutsche Truppen verhindert wurde. Die Flucht der Heeresgruppe konnte zwar durch einen unbedingten Haltebefehl Hitlers gestoppt werden, aber sein Ziel, „die Sowjetunion in einem schnellen Feldzug niederzuwerfen“,<ref>[http://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0009_bar&l=de Weisung Nr. 21 (Fall Barbarossa)].</ref> war misslungen, „Barbarossa“ gescheitert.<ref>Bodo Scheurig: ''Henning von Tresckow. Eine Biographie.'' Stalling, Oldenburg 1973, S. 119.</ref> Die verlorene Schlacht um Moskau war der geopolitische Wendepunkt des Zweiten Weltkrieges, „die eigentliche Zäsur“,<ref>Gerd R. Ueberschär: ''Das Scheitern des „Unternehmens Barbarossa“.'' In: Gerd R. Ueberschär und Wolfram Wette: ''Der deutsche Überfall auf die Sowjetunion: „Unternehmen Barbarossa“ 1941.'' Frankfurt am Main 2011, S. 120.</ref> weil die Serie der deutschen Blitzsiege abriss. Die Wehrmacht verlor bis Ende Januar&nbsp;1942 rund ein Drittel ihrer Soldaten. Eine Million Gefallene, Vermisste oder Verwundete konnten nur zur Hälfte ersetzt werden. Noch weit stärkere Verluste hatte die Rote Armee mit bis zu diesem Zeitpunkt rund 3,3&nbsp;Millionen Gefangenen, einer nicht näher bekannten Zahl von Toten sowie 2,2&nbsp;Millionen Verwundeten und Kranken.<ref>[[Rolf-Dieter Müller]]: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Klett-Cotta, Stuttgart 2004, ISBN 3-608-60021-3. ([[Handbuch der deutschen Geschichte]]; Band 21), S. 154&nbsp;f.</ref>
[[Datei:Bundesarchiv Bild 101I-137-1032-14A, Russland, brennendes Dorf, deutsche Kavallerie.jpg|mini|Zwei berittene deutsche Soldaten in einem brennenden Dorf bei [[Mahiljou]] (Weißrussland), 16. Juli 1941]]
      
Finnland versuchte im [[Fortsetzungskrieg]], mit deutscher Unterstützung die im Winterkrieg an die Sowjetunion verlorenen Gebiete in [[Karelien]] zurückzuerobern. Nachdem es dieses Ziel im Sommer 1941 erreicht hatte, blieb Finnland jedoch nicht defensiv, sondern besetzte bis Dezember&nbsp;1941 umstrittene, nie zuvor finnisch gewesene [[Karelien|karelische]] Gebiete.
 
Finnland versuchte im [[Fortsetzungskrieg]], mit deutscher Unterstützung die im Winterkrieg an die Sowjetunion verlorenen Gebiete in [[Karelien]] zurückzuerobern. Nachdem es dieses Ziel im Sommer 1941 erreicht hatte, blieb Finnland jedoch nicht defensiv, sondern besetzte bis Dezember&nbsp;1941 umstrittene, nie zuvor finnisch gewesene [[Karelien|karelische]] Gebiete.
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Hitlers „Weisung Nr.&nbsp;41“ vom 5.&nbsp;April 1942 („[[Fall Blau]]“) legte für die Sommeroffensive fest, dass zunächst Stalingrad an der Wolga, danach der Kaukasusraum bis zur türkischen und iranischen Grenze erobert werden sollte, um die dortigen Erdölzentren in die Hand zu bekommen. Zunächst trat im Südabschnitt der Front die Rote Armee zum Gegenangriff an. In der [[Schlacht bei Charkow (1942)|Schlacht bei Charkow]] wurden im Mai&nbsp;1942 die angreifenden sowjetischen Verbände vollständig eingeschlossen. Erneut gerieten fast 250.000 sowjetische Soldaten in Gefangenschaft. Von Mai bis Juli wurden [[Schlacht um Sewastopol|Sewastopol]] und die [[Unternehmen Trappenjagd|Halbinsel Kertsch]] auf der [[Krim]]<ref>Die Krim sollte als ''[[Taurien#20. Jahrhundert|Gotenland]]'' deutsches Siedlungsgebiet für [[Südtirol]]er werden, verbunden durch eine Reichsautobahn mit dem Deutschen Reich.</ref> erobert, die als Sprungbrett für eine Offensive bis zum Kaukasus dienen sollten. Dabei gerieten 150.000 Rotarmisten in Gefangenschaft. Weil im Juni&nbsp;1942 [[Tobruk]] in Nordafrika fiel (→&nbsp;[[Unternehmen Theseus]]), weckte die NS-Propaganda nach der Krise im Winter wieder große Hoffnungen auf einen baldigen Gesamtsieg.<ref>Vgl. Alexander Lüdeke: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Bath (UK) 2007, S. 133.</ref>
 
Hitlers „Weisung Nr.&nbsp;41“ vom 5.&nbsp;April 1942 („[[Fall Blau]]“) legte für die Sommeroffensive fest, dass zunächst Stalingrad an der Wolga, danach der Kaukasusraum bis zur türkischen und iranischen Grenze erobert werden sollte, um die dortigen Erdölzentren in die Hand zu bekommen. Zunächst trat im Südabschnitt der Front die Rote Armee zum Gegenangriff an. In der [[Schlacht bei Charkow (1942)|Schlacht bei Charkow]] wurden im Mai&nbsp;1942 die angreifenden sowjetischen Verbände vollständig eingeschlossen. Erneut gerieten fast 250.000 sowjetische Soldaten in Gefangenschaft. Von Mai bis Juli wurden [[Schlacht um Sewastopol|Sewastopol]] und die [[Unternehmen Trappenjagd|Halbinsel Kertsch]] auf der [[Krim]]<ref>Die Krim sollte als ''[[Taurien#20. Jahrhundert|Gotenland]]'' deutsches Siedlungsgebiet für [[Südtirol]]er werden, verbunden durch eine Reichsautobahn mit dem Deutschen Reich.</ref> erobert, die als Sprungbrett für eine Offensive bis zum Kaukasus dienen sollten. Dabei gerieten 150.000 Rotarmisten in Gefangenschaft. Weil im Juni&nbsp;1942 [[Tobruk]] in Nordafrika fiel (→&nbsp;[[Unternehmen Theseus]]), weckte die NS-Propaganda nach der Krise im Winter wieder große Hoffnungen auf einen baldigen Gesamtsieg.<ref>Vgl. Alexander Lüdeke: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Bath (UK) 2007, S. 133.</ref>
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[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-B24543, Hauptquartier Heeresgruppe Süd, Lagebesprechung.jpg|mini|links|Lagebesprechung im Hauptquartier der Heeresgruppe Süd in [[Poltawa]], 1.&nbsp;Juni 1942]]
   
Ende Juni&nbsp;1942 begann die Sommeroffensive im Süden der Ostfront zwischen [[Kursk]] und [[Taganrog]] am Asowschen Meer, deren Bedeutung Hitler noch einmal am 1.&nbsp;Juni 1942 auf einer Oberbefehlshaber-Besprechung in [[Poltawa]] der [[Heeresgruppe Süd]] herausgestellt hatte: „Wenn ich das Öl von Maikop und Grosny nicht bekomme, dann muß ich diesen Krieg liquidieren.“<ref>Aussage von Generalfeldmarschall Paulus im [[Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher|Nürnberger Prozess]].[http://www.zeno.org/Geschichte/M/Der+Nürnberger+Prozeß/Hauptverhandlungen/Sechsundfünfzigster+Tag.+Montag,+11.+Februar+1946/Nachmittagssitzung Nachmittagssitzung am Montag, dem 11.&nbsp;Februar 1946 (56.&nbsp;Tag)]. Veröffentlicht in: ''Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg.'' Nürnberg 1947, Band 7, S. 283–310. Hitler verwendete hier (1942) den Ausdruck „liquidieren“ im Sinne von „beenden“.</ref> Stalin sah ähnliche Folgen für die Sowjetunion voraus, falls „unsere wichtigste Wasserstraße und bald auch unser Erdöl verloren gehen“.<ref>Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S. 409.</ref> Am 3.&nbsp;Juli überschritten deutsche Kräfte den [[Don (Asowsches Meer)|Don]] bei [[Woronesch]]. Zwanzig Tage später konnte [[Rostow am Don|Rostow am unteren Don]] erobert werden, doch blieb die Gefangenenzahl gering, da die Rote Armee – im Gegensatz zu 1941 – einen strategischen Rückzug hinter den Don, die Wolga bei Stalingrad und zum westlichen und mittleren Kaukasus einleitete.<ref>Diese Rückzüge lassen vermuten, dass die sowjetische Führung auf die Notlandung eines deutschen Generalstabsoffiziers am 19.&nbsp;Juni 1942 reagiert hatte, der Karten über die erste Phase der deutschen Sommeroffensive bei sich führte.</ref> Am selben Tag, dem 23.&nbsp;Juli, wurde die „Weisung Nr.&nbsp;41“ ''(s.&nbsp;o.)'' so abgeändert, dass statt des vorgesehenen Nacheinanders nunmehr zwei gleichzeitige Vorstöße ins [[Unternehmen Edelweiß|Kaukasusgebiet]] und gegen [[Unternehmen Braunschweig|Stalingrad]] vorgesehen waren. Im Unterschied zur Weisung vom April, bei der [[Franz Halder|Halders]] Handschrift zu erkennen war, ging diese Weisung direkt auf eine Entscheidung Hitlers zurück. Der Generalstab hatte sie verhindern wollen. „Von da an war eine Niederlage voraussehbar.“<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.'' DVA, Stuttgart 2000, S. 694&nbsp;f.</ref> Hitler weigerte sich auch, realistische Schätzungen der sowjetischen Panzerproduktion zur Kenntnis zu nehmen, die tatsächlich mehr als das Vierfache der deutschen erreicht hatte.<ref>Vgl. Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S. 423.</ref>
 
Ende Juni&nbsp;1942 begann die Sommeroffensive im Süden der Ostfront zwischen [[Kursk]] und [[Taganrog]] am Asowschen Meer, deren Bedeutung Hitler noch einmal am 1.&nbsp;Juni 1942 auf einer Oberbefehlshaber-Besprechung in [[Poltawa]] der [[Heeresgruppe Süd]] herausgestellt hatte: „Wenn ich das Öl von Maikop und Grosny nicht bekomme, dann muß ich diesen Krieg liquidieren.“<ref>Aussage von Generalfeldmarschall Paulus im [[Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher|Nürnberger Prozess]].[http://www.zeno.org/Geschichte/M/Der+Nürnberger+Prozeß/Hauptverhandlungen/Sechsundfünfzigster+Tag.+Montag,+11.+Februar+1946/Nachmittagssitzung Nachmittagssitzung am Montag, dem 11.&nbsp;Februar 1946 (56.&nbsp;Tag)]. Veröffentlicht in: ''Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg.'' Nürnberg 1947, Band 7, S. 283–310. Hitler verwendete hier (1942) den Ausdruck „liquidieren“ im Sinne von „beenden“.</ref> Stalin sah ähnliche Folgen für die Sowjetunion voraus, falls „unsere wichtigste Wasserstraße und bald auch unser Erdöl verloren gehen“.<ref>Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S. 409.</ref> Am 3.&nbsp;Juli überschritten deutsche Kräfte den [[Don (Asowsches Meer)|Don]] bei [[Woronesch]]. Zwanzig Tage später konnte [[Rostow am Don|Rostow am unteren Don]] erobert werden, doch blieb die Gefangenenzahl gering, da die Rote Armee – im Gegensatz zu 1941 – einen strategischen Rückzug hinter den Don, die Wolga bei Stalingrad und zum westlichen und mittleren Kaukasus einleitete.<ref>Diese Rückzüge lassen vermuten, dass die sowjetische Führung auf die Notlandung eines deutschen Generalstabsoffiziers am 19.&nbsp;Juni 1942 reagiert hatte, der Karten über die erste Phase der deutschen Sommeroffensive bei sich führte.</ref> Am selben Tag, dem 23.&nbsp;Juli, wurde die „Weisung Nr.&nbsp;41“ ''(s.&nbsp;o.)'' so abgeändert, dass statt des vorgesehenen Nacheinanders nunmehr zwei gleichzeitige Vorstöße ins [[Unternehmen Edelweiß|Kaukasusgebiet]] und gegen [[Unternehmen Braunschweig|Stalingrad]] vorgesehen waren. Im Unterschied zur Weisung vom April, bei der [[Franz Halder|Halders]] Handschrift zu erkennen war, ging diese Weisung direkt auf eine Entscheidung Hitlers zurück. Der Generalstab hatte sie verhindern wollen. „Von da an war eine Niederlage voraussehbar.“<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.'' DVA, Stuttgart 2000, S. 694&nbsp;f.</ref> Hitler weigerte sich auch, realistische Schätzungen der sowjetischen Panzerproduktion zur Kenntnis zu nehmen, die tatsächlich mehr als das Vierfache der deutschen erreicht hatte.<ref>Vgl. Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S. 423.</ref>
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[[Datei:Near East Iran - truck convoy of US supplies for USSR - NARA - 195340.jpg|mini|Frauen betrachten am „Persischen Korridor“ einen Nachschubkonvoi der Alliierten für die UdSSR, irgendwo zwischen Teheran und Bandar Pahlawi, Juni 1943 (heutiger Name: Bandar Anzali)]]
   
Die Heeresgruppe Süd wurde in die [[Heeresgruppe&nbsp;A]] (→&nbsp;Kaukasus) und [[Heeresgruppe&nbsp;B]] (→&nbsp;Stalingrad) geteilt. Die schwächere Heeresgruppe&nbsp;B bekam den Auftrag, Stalingrad zu erobern und danach die Wolga hinunter bis [[Astrachan]], 75&nbsp;km nördlich vom [[Kaspisches Meer|Kaspischen Meer]] entfernt, vorzudringen, um so die Fortsetzung des sogenannten ''[[Persischer Korridor|Persischen Korridors]]'' zu sperren. Die Heeresgruppe&nbsp;A sollte die Ostküste des Schwarzen Meeres besetzen, die Ölquellen von [[Maikop]] und [[Grosny]] im westlichen Kaukasus in Besitz nehmen und schließlich, weit südlich am Kaspischen Meer, [[Baku]] und dessen Ölquellen erobern. Diese Strategie lässt sich „nur als glatter Wahnsinn bezeichnen“.<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.'' DVA, Stuttgart 2000, S. 695.</ref> Tatsächlich kam sie nur bis in den Westkaukasus und eroberte das nördlich davon gelegene Maikop, dessen Ölanlagen aber systematisch zerstört worden waren. Das nächstgelegene und wichtige Erdölgebiet von Grosny, dessen Besitz Hitler als wesentlich für die Weiterführung des Krieges ansah, wurde nicht erreicht. Damit wurde schon Mitte August deutlich, dass das operative Ziel der Heeresgruppe&nbsp;A nicht erreicht werden würde; der Angriff auf die Passhöhen des Kaukasus musste Ende August&nbsp;1942 eingestellt werden. Auch die Heeresgruppe&nbsp;B konnte ihr strategisches Ziel nicht erreichen, obwohl Hitler am 8.&nbsp;November 1942 im Münchener [[Löwenbräukeller]] noch von einem Erfolg [[Stalingrad-Rede Hitlers im Münchner Löwenbräukeller|gesprochen hatte]]: „Ich wollte zur Wolga kommen, und zwar an einer bestimmten Stelle, an einer bestimmten Stadt. […] Dort schneidet man nämlich 30&nbsp;Millionen Tonnen Verkehr ab. […] Es kommt kein Schiff mehr die Wolga hoch. Das ist das Entscheidende.“<ref>Zit. n. W. Michalka (Hrsg.): ''Das Dritte Reich.'' Bd. 2 (dtv-dokumente), München 1985, S. 78.</ref> Zwar eroberte sie fast ganz Stalingrad, wurde dort aber Ende November&nbsp;1942 von sowjetischen Truppen eingekesselt und musste am 31.&nbsp;Januar 1943 kapitulieren.
 
Die Heeresgruppe Süd wurde in die [[Heeresgruppe&nbsp;A]] (→&nbsp;Kaukasus) und [[Heeresgruppe&nbsp;B]] (→&nbsp;Stalingrad) geteilt. Die schwächere Heeresgruppe&nbsp;B bekam den Auftrag, Stalingrad zu erobern und danach die Wolga hinunter bis [[Astrachan]], 75&nbsp;km nördlich vom [[Kaspisches Meer|Kaspischen Meer]] entfernt, vorzudringen, um so die Fortsetzung des sogenannten ''[[Persischer Korridor|Persischen Korridors]]'' zu sperren. Die Heeresgruppe&nbsp;A sollte die Ostküste des Schwarzen Meeres besetzen, die Ölquellen von [[Maikop]] und [[Grosny]] im westlichen Kaukasus in Besitz nehmen und schließlich, weit südlich am Kaspischen Meer, [[Baku]] und dessen Ölquellen erobern. Diese Strategie lässt sich „nur als glatter Wahnsinn bezeichnen“.<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.'' DVA, Stuttgart 2000, S. 695.</ref> Tatsächlich kam sie nur bis in den Westkaukasus und eroberte das nördlich davon gelegene Maikop, dessen Ölanlagen aber systematisch zerstört worden waren. Das nächstgelegene und wichtige Erdölgebiet von Grosny, dessen Besitz Hitler als wesentlich für die Weiterführung des Krieges ansah, wurde nicht erreicht. Damit wurde schon Mitte August deutlich, dass das operative Ziel der Heeresgruppe&nbsp;A nicht erreicht werden würde; der Angriff auf die Passhöhen des Kaukasus musste Ende August&nbsp;1942 eingestellt werden. Auch die Heeresgruppe&nbsp;B konnte ihr strategisches Ziel nicht erreichen, obwohl Hitler am 8.&nbsp;November 1942 im Münchener [[Löwenbräukeller]] noch von einem Erfolg [[Stalingrad-Rede Hitlers im Münchner Löwenbräukeller|gesprochen hatte]]: „Ich wollte zur Wolga kommen, und zwar an einer bestimmten Stelle, an einer bestimmten Stadt. […] Dort schneidet man nämlich 30&nbsp;Millionen Tonnen Verkehr ab. […] Es kommt kein Schiff mehr die Wolga hoch. Das ist das Entscheidende.“<ref>Zit. n. W. Michalka (Hrsg.): ''Das Dritte Reich.'' Bd. 2 (dtv-dokumente), München 1985, S. 78.</ref> Zwar eroberte sie fast ganz Stalingrad, wurde dort aber Ende November&nbsp;1942 von sowjetischen Truppen eingekesselt und musste am 31.&nbsp;Januar 1943 kapitulieren.
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[[Datei:German and Japanese spheres of influence at greatest extent World War II 1942.jpg|mini|Einfluss- und Herrschaftsbereich der Achsenmächte im September&nbsp;1942]]
      
Als Hitler mit Goebbels im [[Führerhauptquartier Werwolf|Führerhauptquartier ''Werwolf'']] bei [[Winniza]] (Ukraine) am 19.&nbsp;August unter vier Augen sprach, war er dagegen noch übertrieben optimistisch gewesen: Man werde nach den Ölquellen von Maikop, Grosny und Baku Kleinasien erobern und danach den Iran, den [[Irak]] sowie [[Völkerbundsmandat für Palästina|Palästina]], um derart die Briten von ihrer Ölversorgung abzuschneiden. Beim baldigen [[Angriff auf Stalingrad]] erwarte er die Eroberung der Stadt innerhalb von acht Tagen.<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.'' DVA, Stuttgart 2000, S. 696.</ref> Zur selben Zeit wuchs in der Sowjetunion die Enttäuschung über die ausbleibende Eröffnung einer „zweiten Front“ durch die Alliierten in Westeuropa.<ref>Nach dem misslungenen Angriff auf [[Operation Jubilee|Dieppe]] am 19.&nbsp;August reagierten Soldaten der ''Roten Armee'' zynisch: Wenn sie eine Dose amerikanisches Rindfleisch öffneten, bemerkten sie bissig: „Na, dann wollen wir mal die zweite Front aufmachen.“ Zit. n. Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Berlin 2014, S. 391. Beevor gibt hier ein Zitat aus Bd. III der Memoiren (dt. 1978) [[Ilja Ehrenburg]]s wieder.</ref> Gleichwohl trugen die auf der Basis des [[Leih- und Pachtgesetz]]es erfolgten Hilfslieferungen der Amerikaner wesentlich dazu bei, dass die Rote Armee die Kriegführung durchhalten konnte. Dabei waren neben den gelieferten Militärgütern die Nahrungsmittel von Bedeutung. Bei den sowjetischen Soldaten hießen die Konservenbüchsen mit festem, rosa Pressfleisch „Zweite Front“. Mehr als die Hälfte der in die UdSSR gelieferten Güter waren, an Gewicht gemessen, Lebensmittel: „Sie reichten aus, um jeden sowjetischen Soldaten während des gesamten Krieges täglich mit schätzungsweise einem halben Pfund Nahrungskonzentrat zu versorgen.“<ref>[[Richard Overy]]: ''Russlands Krieg. 1941–1945''. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2003, ISBN 3-498-05032-X, S. 302–304, Zitat S. 303 f.</ref>
 
Als Hitler mit Goebbels im [[Führerhauptquartier Werwolf|Führerhauptquartier ''Werwolf'']] bei [[Winniza]] (Ukraine) am 19.&nbsp;August unter vier Augen sprach, war er dagegen noch übertrieben optimistisch gewesen: Man werde nach den Ölquellen von Maikop, Grosny und Baku Kleinasien erobern und danach den Iran, den [[Irak]] sowie [[Völkerbundsmandat für Palästina|Palästina]], um derart die Briten von ihrer Ölversorgung abzuschneiden. Beim baldigen [[Angriff auf Stalingrad]] erwarte er die Eroberung der Stadt innerhalb von acht Tagen.<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.'' DVA, Stuttgart 2000, S. 696.</ref> Zur selben Zeit wuchs in der Sowjetunion die Enttäuschung über die ausbleibende Eröffnung einer „zweiten Front“ durch die Alliierten in Westeuropa.<ref>Nach dem misslungenen Angriff auf [[Operation Jubilee|Dieppe]] am 19.&nbsp;August reagierten Soldaten der ''Roten Armee'' zynisch: Wenn sie eine Dose amerikanisches Rindfleisch öffneten, bemerkten sie bissig: „Na, dann wollen wir mal die zweite Front aufmachen.“ Zit. n. Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Berlin 2014, S. 391. Beevor gibt hier ein Zitat aus Bd. III der Memoiren (dt. 1978) [[Ilja Ehrenburg]]s wieder.</ref> Gleichwohl trugen die auf der Basis des [[Leih- und Pachtgesetz]]es erfolgten Hilfslieferungen der Amerikaner wesentlich dazu bei, dass die Rote Armee die Kriegführung durchhalten konnte. Dabei waren neben den gelieferten Militärgütern die Nahrungsmittel von Bedeutung. Bei den sowjetischen Soldaten hießen die Konservenbüchsen mit festem, rosa Pressfleisch „Zweite Front“. Mehr als die Hälfte der in die UdSSR gelieferten Güter waren, an Gewicht gemessen, Lebensmittel: „Sie reichten aus, um jeden sowjetischen Soldaten während des gesamten Krieges täglich mit schätzungsweise einem halben Pfund Nahrungskonzentrat zu versorgen.“<ref>[[Richard Overy]]: ''Russlands Krieg. 1941–1945''. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2003, ISBN 3-498-05032-X, S. 302–304, Zitat S. 303 f.</ref>
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==== Partisanenkrieg ====
 
==== Partisanenkrieg ====
[[Datei:Bundesarchiv Bild 146-1973-029C-68, Frankreich, verhaftete Widerstandskämpfer.jpg|mini|Verhaftete Mitglieder der [[Résistance]] in Frankreich]]
      
Mit dem Einmarsch deutscher Truppen wurde in besetzten Staaten Europas eine Umgestaltung entsprechend den nationalsozialistischen besatzungspolitischen, rassenideologischen und bevölkerungspolitischen Vorstellungen eingeleitet, die die Besatzer mit den Mitteln der Repression durchzusetzen versuchten. Sie betraf vor allem den politischen und militärisch-politischen Widerstand und die jüdische Minderheit, die im gesamten deutschen Machtbereich zum Objekt von Verfolgung und Vernichtung wurde.
 
Mit dem Einmarsch deutscher Truppen wurde in besetzten Staaten Europas eine Umgestaltung entsprechend den nationalsozialistischen besatzungspolitischen, rassenideologischen und bevölkerungspolitischen Vorstellungen eingeleitet, die die Besatzer mit den Mitteln der Repression durchzusetzen versuchten. Sie betraf vor allem den politischen und militärisch-politischen Widerstand und die jüdische Minderheit, die im gesamten deutschen Machtbereich zum Objekt von Verfolgung und Vernichtung wurde.
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Mit dem Generalplan Ost (s.&nbsp;o.) entstand unter [[Heinrich Himmler]], dem [[Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums]], ein umfassendes bevölkerungs- und siedlungspolitisches Konzept zur kolonialistischen „Germanisierung“ der besetzten und noch zu erobernden Ostgebiete. Besonders die Bevölkerungen [[Polen]]s, [[Serbien]]s, der [[Ukraine]], [[Weißrussland]]s und [[Russland]]s sollten „durchaus niedergehalten werden“. Aus der rücksichtslosen Ausplünderung dieser Gebiete ergab sich, dass Millionen der Hungertod drohte, was von den Planern hingenommen, wenn nicht begrüßt wurde. Nach der Entscheidung für den „Arbeitseinsatz“ als dem ökonomisch ergiebigeren Umgang mit der Bevölkerung vor allem der Sowjetunion wurden Millionen [[Zwangsarbeit in der Zeit des Nationalsozialismus|Zwangsarbeiter]] nach Deutschland verschleppt. Repression und Ausbeutung stießen bald auf Widerstand.
 
Mit dem Generalplan Ost (s.&nbsp;o.) entstand unter [[Heinrich Himmler]], dem [[Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums]], ein umfassendes bevölkerungs- und siedlungspolitisches Konzept zur kolonialistischen „Germanisierung“ der besetzten und noch zu erobernden Ostgebiete. Besonders die Bevölkerungen [[Polen]]s, [[Serbien]]s, der [[Ukraine]], [[Weißrussland]]s und [[Russland]]s sollten „durchaus niedergehalten werden“. Aus der rücksichtslosen Ausplünderung dieser Gebiete ergab sich, dass Millionen der Hungertod drohte, was von den Planern hingenommen, wenn nicht begrüßt wurde. Nach der Entscheidung für den „Arbeitseinsatz“ als dem ökonomisch ergiebigeren Umgang mit der Bevölkerung vor allem der Sowjetunion wurden Millionen [[Zwangsarbeit in der Zeit des Nationalsozialismus|Zwangsarbeiter]] nach Deutschland verschleppt. Repression und Ausbeutung stießen bald auf Widerstand.
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[[Datei:Bundesarchiv R 49 Bild-0138, Polen, Wartheland, Aussiedlung von Polen.jpg|mini|links|Vertreibung polnischer Bevölkerung aus dem deutsch besetzten [[Wartheland]], Herbst 1939]]
      
In den [[Niederlande]]n streikten zum Beispiel die Polizei und die Eisenbahner. In Frankreich kam es zu bewaffneten Angriffen. In den Balkanstaaten und in Osteuropa war der Widerstand besonders stark und verteilte sich oft auf verschiedene Gruppierungen. [[Jugoslawische Partisanen]] unter der Führung von [[Josip Broz Tito|Tito]] konnten einzelne zusammenhängende Gebiete befreien, und in Griechenland kontrollierten Partisanen der [[ELAS]], [[EDES]] und [[EKKA]] die gebirgigen Landesteile. In der Sowjetunion bekämpften kommunistische und [[Anarchismus|anarchistische]] Gruppen das deutsche [[Besatzungsmacht|Besatzungsregime]]. Der Partisanenkrieg in der Sowjetunion war von der Roten Armee schon vor dem Krieg geplant worden; entsprechende Einheiten wurden aufgestellt, die nach der Eroberung eines Gebietes den Widerstand gegen die Besatzer im Hinterland der Front weiterführen sollten.
 
In den [[Niederlande]]n streikten zum Beispiel die Polizei und die Eisenbahner. In Frankreich kam es zu bewaffneten Angriffen. In den Balkanstaaten und in Osteuropa war der Widerstand besonders stark und verteilte sich oft auf verschiedene Gruppierungen. [[Jugoslawische Partisanen]] unter der Führung von [[Josip Broz Tito|Tito]] konnten einzelne zusammenhängende Gebiete befreien, und in Griechenland kontrollierten Partisanen der [[ELAS]], [[EDES]] und [[EKKA]] die gebirgigen Landesteile. In der Sowjetunion bekämpften kommunistische und [[Anarchismus|anarchistische]] Gruppen das deutsche [[Besatzungsmacht|Besatzungsregime]]. Der Partisanenkrieg in der Sowjetunion war von der Roten Armee schon vor dem Krieg geplant worden; entsprechende Einheiten wurden aufgestellt, die nach der Eroberung eines Gebietes den Widerstand gegen die Besatzer im Hinterland der Front weiterführen sollten.
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[[Datei:Bundesarchiv Bild 101I-031-2436-05A, Russland, Hinrichtung von Partisanen.jpg|mini|Hingerichtete Partisanen in der Sowjetunion, Januar 1943]]
      
Im Allgemeinen war der Partisanenkrieg durch zahlreiche Verstöße gegen das [[Kriegsvölkerrecht|Kriegsrecht]] gekennzeichnet. Die Partisanen machten meistens keine Gefangenen oder zwangen sie zur [[Fahnenflucht|Desertation]]. Auf deutscher Seite enthielt der [[Kommissarbefehl]] die Anweisung, [[Politkommissar]]e der Roten Armee nicht als [[Kriegsgefangener|Kriegsgefangene]] zu behandeln, sondern sie „nach durchgeführter Absonderung zu erledigen“.<ref>Nur mündlich an Kommandeure weitergegeben, Version vom 6.&nbsp;Juni 1941.</ref> So nahm der Partisanenkrieg in Osteuropa seinen Anfang als systematischer Ausrottungskrieg. In Griechenland ([[Massaker auf Kefalonia|Kefalonia]], [[Massaker von Chortiatis|Chortiatis]]), Frankreich ([[Oradour-sur-Glane|Oradour]], [[Massaker von Maillé|Maillé]]) und Italien ([[Massaker von Marzabotto|Marzabotto]], [[Massaker von Caiazzo|Caiazzo]]) kam es zu vereinzelten Massakern an feindlich gesinnter Zivilbevölkerung.
 
Im Allgemeinen war der Partisanenkrieg durch zahlreiche Verstöße gegen das [[Kriegsvölkerrecht|Kriegsrecht]] gekennzeichnet. Die Partisanen machten meistens keine Gefangenen oder zwangen sie zur [[Fahnenflucht|Desertation]]. Auf deutscher Seite enthielt der [[Kommissarbefehl]] die Anweisung, [[Politkommissar]]e der Roten Armee nicht als [[Kriegsgefangener|Kriegsgefangene]] zu behandeln, sondern sie „nach durchgeführter Absonderung zu erledigen“.<ref>Nur mündlich an Kommandeure weitergegeben, Version vom 6.&nbsp;Juni 1941.</ref> So nahm der Partisanenkrieg in Osteuropa seinen Anfang als systematischer Ausrottungskrieg. In Griechenland ([[Massaker auf Kefalonia|Kefalonia]], [[Massaker von Chortiatis|Chortiatis]]), Frankreich ([[Oradour-sur-Glane|Oradour]], [[Massaker von Maillé|Maillé]]) und Italien ([[Massaker von Marzabotto|Marzabotto]], [[Massaker von Caiazzo|Caiazzo]]) kam es zu vereinzelten Massakern an feindlich gesinnter Zivilbevölkerung.
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== Weblinks ==
 
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* [http://www.dhm.de/lemo/html/wk2/ ''Der Zweite Weltkrieg''] im Lebendigen virtuellen Museum Online ([[LeMO]])
 
* [http://www.dhm.de/lemo/html/wk2/ ''Der Zweite Weltkrieg''] im Lebendigen virtuellen Museum Online ([[LeMO]])

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