PAN – Archäologische Kleinfunde

Aus Schatzsucher.Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Bodenfunde

Ein Bodenfund eines Sondengängers, der keiner Meldepflicht unterliegt, wird als „Portable Antiquity“, also ein transportables archäologisches Objekt bezeichnet. Obwohl diese Funde, z. B. Musketenkugeln, Münzen oder Gewandnadeln (Fibeln), nicht als Schätze gelten, interessieren sich Archäologen und Historiker sehr für die Verteilung dieser Streufunde. Damit derartige Funde gemeldet werden und somit für die Wissenschaft nicht verloren gehen, gründeten Archäologen in Großbritannien das Portable Antiquities Scheme (kurz PAS). Als ich am 27.03.2019 diesen Artikel schrieb, befanden sich 1.402.377 gemeldete Objekte in der Datenbank des PAS (www.finds.org.uk/database).

Das PAS war derart erfolgreich, dass es mittlerweile nicht nur Streufunde erfasst, sondern auch zur Anlaufstelle für Schatzfunde wurde. Daher gründete das British Museum eine eigene Abteilung, die sich „Portable Antiquities and Treasure“ nennt.

In Flandern/Belgien erfasst die MEDEA-Plattform (www.vondsten.be) die Bodenfunde der Sondengänger. Bis zum 27.03.2019 waren dort 1.218 Bodenfunde gemeldet worden.

In Dänemark werden Bodenfunde durch das DIME (www.metaldetektorfund.dk) erfasst. Zum selben Stichtag waren dort 24.130 Bodenfunde verzeichnet.

Stolz meldete das PAN der Niederlande (www.portable-antiquities.nl), dass bis zum 07.03.2019 über 50.000 Funde von Sondengängern eingegeben wurden.

Die deutschen Sondengänger schließen sich daher der Forderung der Archäologen nach der Einführung eines solchen PAN-Systems auch in Deutschland an.

Die Vorteile

Die Vorteile der gemeinsamen Nutzung einer einzigen Funddatenbank durch die Länder England/Wales, Dänemark, Niederlande und Deutschland liegen auf der Hand. Beispielsweise können durch das PAN-System erfasste Bodenfunde, wie Münzen oder Fibeln, problemlos mit gleichen oder ähnlichen Funden aus anderen Regionen und sogar Ländern verglichen werden. Das erleichtert die wissenschaftliche Forschung und vermittelt neues Wissen.

Wer mit der Funddatenbank arbeiten möchte, kann sich nicht nur einzelne Objekte anzeigen lassen, sondern es kann sogar eine kombinierte Suche gestartet werden, bei der eine Objektgattung mit ihrem Fundort gekoppelt wird. Bereits am PAN-System beteiligte Archäologen berichten begeistert vom enormen Erkenntnisgewinn allein durch die Vielzahl neu gemeldeter Funde. Doch: Während die Amtsarchäologen in den Niederlanden von der „Meldeflut“ der Bürgerinnen und Bürger fast überrollt wurden, jammern ihre Kollegen aus Deutschland, dass keine oder viel zu wenig Funde von Privatleuten gemeldet werden.

Auch die Verschärfung der Gesetze in Deutschland und teilweise drakonische Strafen für Fundunterschlagung brachten die Amtsarchäologie nicht zum gewünschten Erfolg. Zuletzt wurde in den meisten Bundesländern sogar das Schatzregal-Enteignungsgesetz aus den dunkelsten Zeiten des Mittelalters wieder eingeführt. Als Ergebnis kam es in den meisten Bundesländern zu keinerlei Fundmeldungen mehr!

PAN-System für Deutschland

Sondengänger

Daher ist es an der Zeit, umzudenken und das PAN-System flächendeckend in allen Bundesländern einzuführen. Je länger sich die Einführung des PAN-Systems verzögert, desto mehr Bodenfunde werden der Wissenschaft ungemeldet verloren gehen. Nach dem Vorbild der bereits am PAN-System beteiligten Länder soll die Einführung der PAN-Systems in Deutschland in drei Phasen vollzogen werden. In Phase 1 verpflichten sich die deutschen Amtsarchäologen, zukünftig auf eine Verfolgung von Hobby-Sondengängern zu verzichten – die Suche nach archäologischen Bodenfunden soll bis zu einer Tiefe von 40 cm in der ganzen Bundesrepublik gestattet sein. In Phase 2 können Privatleute/Sondengänger Bodenfunde bei ihren zuständigen PAN-Betreuern melden. Sie lernen gleichzeitig, die archäologischen Standards des PAN-Systems einzuhalten. In Phase 3 können ausgebildete Privatleute/Sondengänger ihre Bodenfunde selbstständig dem PAN-System melden.

In den Niederlanden wurden Sondengänger bis zur Einführung des PAN im Jahr 2016, ebenso wie in Deutschland momentan, durch strenge Gesetze und übereifrige Amtsarchäologen verfolgt. Durch die tolle Zusammenarbeit mit den Sondengängern im Rahmen des PAN-Systems konnte die niederländische Amtsarchäologie einen großen Teil des verlorenen Vertrauens zurückgewinnen. Eine Kooperation auf Augenhöhe zwischen Bürgern und Amtsarchäologie ist also möglich!

Die Faro-Konvention

Das ist nicht nur vor dem Hintergrund der Faro-Konvention erfreulich, denn der Bürger soll gemäß der „Rahmenkonvention über den Wert des Kulturerbes für die Gesellschaft“ vom 27.10.2005 an archäologischen Tätigkeiten beteiligt werden. Auch wenn die Bundesrepublik diese fast 14 Jahre alte EU-Gesetzgebung bis dato noch nicht umgesetzt hat, wird sich die deutsche Amtsarchäologie irgendwann den anderen EU-Ländern anschließen müssen und das europäische Gesetz auch anwenden müssen.

Schließlich liegt es in unser aller Interesse, dass unsere gemeinsame Geschichte wissenschaftlich erforscht und dokumentiert wird. Jeder ungemeldete Bodenfund kann ein fehlendes Puzzleteil der Geschichtsforschung sein.

Datapreis 2018

Wie erfolgreich das niederländische PAN-System ist, zeigt zudem die Auszeichnung mit dem „Datapreis 2018“ in der Kategorie Geisteswissenschaften und Sozialwissenschaften. Die Jury begründete ihre Entscheidung folgendermaßen: „Das Portable Antiquities of the Netherlands (PAN) baut Brücken zwischen Amateuren und der professionellen Archäologie und ist ein Paradebeispiel …“. Sie fügte an: „Viele Tausende von Funden werden auf diese Weise für die Wissenschaft zur Verfügung gestellt …“

Das PAN-System

Die Bezeichnung „Portable Antiquities of the Netherlands“ bezieht sich auf mobile archäologische Funde wie Münzen, Broschen, Schnallen, Tonscherben und Glas. Der Name weist aber auch auf das griechische Wort „Πάν = pan“ hin, was „alles“ bedeutet.

Das Ziel

Archäologische Forschungen basieren in der Regel auf Funden von Ausgrabungen. Darüber hinaus existieren umfangreiche Sammlungen von Antiquitäten, die sich in Privatbesitz befinden. Diese Objekte werden beispielsweise von Sammlern oder Sondengängern aufbewahrt, die nach archäologischen Überresten auf landwirtschaftlichen Feldern oder auf Baustellen suchen. Ihre Privatsammlungen können sehr wertvoll für die wissenschaftliche Forschung sein und zählen zum Kulturerbe der gesamten Menschheit. Diese Funde wurden jedoch noch niemals systematisch durch Wissenschaftler dokumentiert und sind daher in Fachkreisen kaum bekannt.

Das Ziel des PAN ist es, auch diese archäologischen Funde zu dokumentieren und zu veröffentlichen – vorwiegend Funde aus Metall, die von Schatzsuchern und Sondengängern oder in privaten Sammlungen gesammelt werden. Durch die Online-Veröffentlichung der Sammlungen werden die Objekte und ihre Fundorte für das Kulturerbe, die wissenschaftliche Forschung, Museen und die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Relevanz für die Gesellschaft

Das PAN ist für die wissenschaftliche Forschung relevant, dient aber auch weiteren gesellschaftlichen Fragen. Es schließt die Lücke zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit, weil Privatpersonen dazu eingeladen werden, sich aktiv an der Forschung zu beteiligen. Da PAN private Funde ernsthaft studiert, bietet es ehrenamtlichen Archäologen und Hobbyforschern Anerkennung für ihre Suchaktivitäten. Darüber hinaus hat das PAN einen erzieherischen Wert. So können z. B. Heimatforscher sehen, welche alten Objekte in ihrer Gemeinde gefunden wurden, was dazu führt, dass die geschichtlichen Ereignisse stärker wahrgenommen werden.

Schließlich sind die Ergebnisse des PAN für die Entwicklungsplanung in den Niederlanden/Dänemark/ Großbritannien relevant. Die über PAN gemeldeten Funde können auf wichtige archäologische Stätten im Untergrund hinweisen, und im Zuge der Erstellung von Bauentwicklungsplänen für ein bestimmtes Gebiet können zusätzliche Untersuchungen in die Pläne einbezogen werden.

Organisation

Der sichtbarste Teil des PAN sind eine Online-Datenbank und eine Facebook-Seite. Die Organisation von PAN in den Niederlanden besteht aus sieben Mitarbeitern, den „Finds Liaison Officers“. Diese besuchen die Sammler zu Hause oder treffen sich mit ihnen in Museen, um die Funde zu dokumentieren. Mehrere „Finds Specialists“ kümmern sich um die Identifizierung wissenschaftlicher Objekte und planen die Projektkoordination. Freiwillige Ehrenamtliche können ihnen in naher Zukunft helfend zur Seite stehen. PAN ist ein Projekt der Vrije Universiteit Amsterdam (VU). Hauptpartner des Projekts sind die National Heritage Agency (RCE), die Universität Leiden (UL) und die Universität Groningen (RuG). Münzkennungen werden von den Spezialisten von NUMIS bereitgestellt, die von der De Nederlandsche Bank (DNB) zur Verfügung gestellt werden. Pilgerabzeichen werden von Spezialisten der KUNERA beschrieben, die von der Radboud University (Nijmegen) gehostet werden. Freiwillige (Detektor-)Archäologen wie De Detectoramateur (DDA), Coinhunter Company (CC), die Archeologische Werkgemeenschap Nederland (AWN) sowie das Online-Forum www.bodemvondstenwereld.nl unterstützen das PAN ebenso.

Internationale Zusammenarbeit

Das PAN ist Teil der Gruppe „Finds Recording“ im Nordseeraum, eine Kooperation verschiedener europäischer Partner, die auf die Registrierung archäologischer Funde abzielt. Weitere Mitglieder sind das Portable Antiquities Scheme in England und Wales (British Museum), MEDEA in Flandern (Vrije Universiteit Brussels) und das DIME in Dänemark (Universität von Aarhus).

Wichtig! Es ist kein Zufall, dass das PAN im Jahr 2016 initiiert wurde. Am 01.07.2016 wurde das Erbe-Gesetz in den Niederlanden verabschiedet. Ziel dieser neuen Gesetzgebung war, dass Bodenfunde, die mit Metalldetektoren im Oberboden (bis zu 30 cm) gefunden wurden, legalisiert wurden. Vor diesem Zeitpunkt war die Metalldetektion ohne Genehmigung in den Niederlanden illegal. Trotzdem gingen viele Sondengänger auf die Suche und im Allgemeinen wurde das nicht strafrechtlich verfolgt. Aber: Ihre Funde wurden nicht gemeldet und gingen dadurch der Wissenschaft oft verloren.

Unmittelbar nach dem am 01.09.2016 des PAN eingeführt wurde, begannen die Dokumentationen der Privatsammlungen. Sammler, die bereits in den 70er-Jahren aktiv zu suchen begonnen hatten, als Metalldetektoren für jedermann verfügbar geworden waren, kamen jetzt in ein Alter, in dem ihre Sammlungen gefährdet wurden. Denn der wissenschaftliche Wert der Sammlungen liegt nicht nur in den Objekten selbst, sondern hauptsächlich in dem Ort, an dem die Objekte abgerufen wurden. Das Wissen über den Suchbereich wird aber in der Regel selten dokumentiert – es ist oft nur im Gedächtnis der alten Sucher vorhanden. Diese Informationen müssen mündlich vom Sucher an einen Forscher weitergegeben werden, um auf einer Karte dargestellt und mit Fotos sowie Beschreibungen der Funde kombiniert zu werden.

Das PAN-Projekt zielt auch auf die großen Archive von Altsammlern ab, um deren wissenschaftlich wertvolle Sammlungen zu dokumentieren.

Fazit

Die Deutsche Sondengänger Union unterstützt Archäologen, Sondengänger und Hobbyforscher in ihrem Bemühen, sich in das internationale System zu integrieren. Dazu muss kein eigenes nationales System „gestrickt“ werden – was Steuergelder verschwenden würde. Eine auf Deutsch übersetzte Zugangsseite zur gemeinsamen Datenbank würde genügen. Ehrenamtliche Sondengänger und Hobbyforscher, die bereits eng mit der Amtsarchäologie zusammenarbeiten, könnten nach einer Schulung als Ansprechpartner für Fundmeldungen in das System zur Verfügung stehen. So ließe sich dieses System leicht – ohne große Kosten und Arbeitsaufwand – deutschlandweit umsetzen.

Es würden sogar Kosten eingespart, die anderweitig Verwendung finden können. Sämtliche Kosten, die momentan für die Verfolgung angeblich illegaler Sondengänger eingesetzt werden, würden entfallen. Dabei machen die Gerichtskosten für unzählige verlorene Prozesse nebst Schadensersatzzahlungen nur einen geringen Teil aus. Darüber hinaus könnten Kosten für eingestellte Ermittlungsverfahren, Gutachter- und Sachverständige, Beschäftigung von Polizeibeamten und Staatsanwaltschaften, die Sondengänger verfolgen, eingespart werden. Auch den Amtsarchäologen bliebe wieder mehr Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben. So müssten keine Nachforschungsgenehmigungen (NFG) mehr ausgestellt werden – diese haben meist nur eine sehr kurze Laufzeit von einem Jahr. Die mühsame Durchsicht der Fundmeldungen und die Erfassung der Bodenfunde durch die Amtsarchäologie würden extrem reduziert und entfielen teilweise gänzlich. Auch die persönlichen Gespräche der Amtsarchäologie mit ehrenamtlichen Sondengängern - teilweise werden zwischen 150 bis 200 Sondler pro Amt betreut - entfielen. Keine Kosten für Aus- und Weiterbildung der Sondengänger oder Zertifizierungskurse (teilweise Wartezeiten bis zu drei Jahren wegen Überfüllung). Zudem würden sich die Kosten der Amtsarchäologie für die Kriminalisierung der Sondengänger erübrigen, z. B. für Flyer, Pressemitteilungen oder Ausstellungen.

Die Deutsche Sondengänger Union (DSU) unterstützt die Forderung der Archäologie nach einer Einführung des PAN-Systems auch in Deutschland.

Weblinks

PAN-Homepage