Änderungen

Zur Navigation springen Zur Suche springen
9.525 Bytes hinzugefügt ,  22:49, 1. Aug. 2021
Die Seite wurde neu angelegt: „mini|Ungefähre Abgrenzung des Fruchtbaren Halbmondes '''Fruchtbarer Halbmond''' ({{enS|Fertile Crescent}}, {{arS|الهلال…“
[[Datei:Fertile Crescent.png|mini|Ungefähre Abgrenzung des Fruchtbaren Halbmondes]]
'''Fruchtbarer Halbmond''' ({{enS|Fertile Crescent}}, {{arS|الهلال الخصيب|d=al-hilāl al-ḫaṣīb}}) ist die von [[James H. Breasted]] 1916 eingeführte Bezeichnung für das [[Sommerregengebiet|Winterregengebiet]] am nördlichen Rand der [[Syrische Wüste|Syrischen Wüste]], die sich im Norden an die [[Arabische Halbinsel]] anschließt. Namensgebend war die Ausdehnung des Gebiets in Form einer Mondsichel in einem weiten Bogen, der sich vom [[Persischer Golf|Persischen Golf]] im Süden des heutigen [[Irak]], über den Norden von [[Syrien]], den [[Libanon]], [[Israel]], [[Palästina (Region)|Palästina]] und [[Jordanien]] erstreckt. Gelegentlich wird der Norden [[Ägypten]]s hinzugezählt.

== Kulturgeschichte ==
[[Datei:Croissant fertile carte.png|mini|Abgrenzung des Fruchtbaren Halbmondes nach der heutigen Definition<ref>{{Internetquelle |url=https://kids.britannica.com/kids/assembly/view/54537 |titel=Fertile Crescent |werk=Britannica Kids |sprache=en |zugriff=2019-01-07}}</ref>]]
Der Fruchtbare Halbmond gilt als eine der Ursprungsregionen der [[Neolithische Revolution|neolithischen Revolution]], des Überganges von der [[Wildbeuter|wildbeuterischen]] Lebensweise zu [[Ackerbau]] oder [[Viehzucht]] ab dem 12. Jahrtausend v. Chr. Archäologische Forschungen haben ergeben, dass Volksgruppen der Zeitstufe [[Präkeramisches Neolithikum B]] (PPNB) im 7.&nbsp;Jahrtausend v.&nbsp;Chr.&nbsp;im Gebiet des Fruchtbaren Halbmonds Ackerbau betrieben. Es gibt Vermutungen, dass das Klima im 7.&nbsp;Jahrtausend v.&nbsp;Chr.&nbsp;günstiger und niederschlagsreicher war als davor und danach, was ein Vordringen in Steppengebiete ermöglicht haben könnte.<ref>[[Juris Zarins]]: ''Early Pastoral Nomadism and the Settlement of Lower Mesopotamia.'' In: ''Bulletin of the American Schools of Oriental Research,'' Nr. 280, November 1990, S. 31–65, hier S. 38.</ref> Angebaut wurden Getreide ([[Gerste]], [[Einkorn]], [[Emmer (Getreide)|Emmer]]) und Hülsenfrüchte. Der Vorläufer für die kultivierte Gerste (''Hordeum vulgare'') ist die Wildgerste (''Hordeum spontaneum''), die zusammen mit dem Wilden Emmer (''Triticum dicoccoides'') bis heute in der Region vorkommt.<ref>Marcel Bazin: [https://iranicaonline.org/articles/barley ''Barley.''] ''i. In Iran.'' In: ''[[Encyclopædia Iranica]]'', 15. Dezember 1988</ref> [[Archäobotanik|Archäobotanische]] Untersuchungen in den 1990er Jahren im Norden des Fruchtbaren Halbmonds zeigten, dass für vorgeschichtliche Jäger und Sammler neben Wildgetreidesorten, die früher als wesentlich für die Nahrungsversorgung gehalten wurden, auch das Angebot an Gemüse und anderen Pflanzen eine Rolle bei der Sesshaftwerdung spielte.<ref>Manon Savard, Mark Nesbitt, Martin K. Jones: ''The Role of Wild Grasses in Subsistence and Sedentism: New Evidence from the Northern Fertile Crescent.'' In: ''World Archaeology,'' Band 38, Nr. 2 (''Sedentism in Non-Agricultural Societies'') Juni 2006, S. 179–196, hier S. 191</ref>

Die ersten domestizierten Vieharten waren Ziegen, gefolgt von Schafen und später Rindern und Schweinen.<ref>Melinda A. Zeder: ''The Origins of Agriculture in the Near East.'' In: ''[[Current Anthropology]],'' Band 52, Nr. 4 (''The Origins of Agriculture: New Data, New Ideas'') Oktober 2011, S. 221–235, hier S. 222.</ref> Der Fruchtbare Halbmond lag im Verbreitungsgebiet von Wildrindern. Spätestens Anfang des 6.&nbsp;Jahrtausends züchteten sesshafte Ackerbauern die ersten Hausrinder.<ref>Kunz Dittmer: ''Zur Entstehung des Rinderhirtennomadismus.'' In: ''Paideuma,'' Band 11, 1965, S. 8–23, hier S. 11.</ref> Während heute im Norden und in der [[Levante]] im Westen [[Regenfeldbau]] bei Niederschlagsmengen von 400 bis 900 Millimetern pro Jahr möglich ist, lässt sich im Südosten bei Niederschlägen von unter 250 Millimetern eine Ernte nur durch künstliche Bewässerung erreichen.

Im Gebiet des Fruchtbaren Halbmonds entstanden einige der frühesten städtischen Kulturen: [[Eridu]], vermutlich die älteste [[sumer]]ische Stadt, und wenig später [[Uruk]] in Mesopotamien im 4.&nbsp;Jahrtausend v.&nbsp;Chr.&nbsp;Zum Fruchtbaren Halbmond gehörten das [[Reich von Akkade]] im 3., das [[Assyrisches Reich|Assyrische Reich]] im 2.&nbsp;und [[Phönizien]] im 1.&nbsp;Jahrtausend v.&nbsp;Chr.

Der britische Ingenieur [[William Willcocks]] versuchte 1918, den im Glauben von Judentum, Christentum und Islam vorgestellten [[Garten Eden]] bei vier Kanälen im alten Babylonien zwischen [[Ramadi]] und [[Bagdad]] zu verorten.<ref>[[William Willcocks]]: ''From the Garden of Eden to the Crossing of the Jordan.'' The French Institute of Oriental Archaeology, Kairo 1918.</ref> Seither wurden weitere Lokalisierungsvorschläge weiter nördlich im Bereich des Fruchtbaren Halbmondes geäußert.

== Begriffsgeschichte ==
[[Datei:Fertile Crescent concept 1916.png|mini|Ausschnitt aus Breasteds Karte von 1916 mit dem als ''Fertile Crescent'' bezeichneten Gebiet, das im Südwesten bis Palästina reicht. Auf der Originalkarte ist der Fruchtbare Halbmond durch ein schmales grünes Band dargestellt.]]
Erstmals taucht der ''Fruchtbare Halbmond'' auf einer Karte von [[James H. Breasted]] als grün eingefärbter, hufeisenförmiger Bogen mit der Öffnung nach Süden auf. Breasted liefert dazu für die [[Antike]] eine Umschreibung des Gebiets, das demnach von Palästina am östlichen Mittelmeer über [[Assyrien]] am Scheitel bis nach [[Mesopotamien]] im Osten reichte, im Süden begrenzt von Wüsten und im Norden von den Bergketten [[Kleinasien|Anatoliens]]. [[Euphrat]] und [[Tigris]] sind die Hauptflüsse des Fruchtbaren Halbmonds. Die mäßigen Regenfälle sorgten im Winter für grünes Weideland, das über Jahrtausende den Lebensraum für Viehnomaden bot und Hochkulturen entstehen ließ. Nach Breasted lässt sich die antike Geschichte des [[Naher Osten|Nahen Ostens]] als Kampf der nomadischen Wüstenbewohner gegen die Völker aus den nördlichen Bergen um das Gebiet des Fruchtbaren Halbmonds beschreiben. Die Nomaden waren demnach [[Semiten|semitische]] Völker, die ab 3000 v. Chr. aus der Wüste Arabiens nach Nordwesten zogen und sich in Palästina niederließen, wo sie später als [[Kanaaniter]] und weiter nördlich am Euphrat als [[Amurriter]] in Erscheinung traten.<ref>James Henry Breasted, 1916, S. 101, 104.</ref>

Auch wenn der Begriff „Fruchtbarer Halbmond“ schon bald nach Breasteds Einführung vielfach übernommen wurde, stellte Albert T.&nbsp;Clay 1924 kritisch fest, dass das schmale grüne Band auf Breasteds Karte mehrere 100 Kilometer am Mittellauf von Euphrat und Tigris frei lässt – Gebiete mit altem Bewässerungsfeldbau, die Breasted stattdessen dem Wüstenraum (''desert bay'') zurechnet. Das am mittleren Euphrat gelegene [[Mari (Stadt)|Mari]] muss in [[Babylonien|babylonischer]] Zeit im 2.&nbsp;Jahrtausend v.&nbsp;Chr.&nbsp;von fruchtbarem Ackerland umgeben gewesen sein, das bei Hochwasser weitflächig überschwemmt wurde. Die stetige [[Bodendegradation]] haben bereits Autoren in [[Römisches Reich|römischen Zeit]] bemerkt. Weil der Euphrat allmählich die fruchtbaren Böden fortspülte, ist sein Flussbett heute schmäler und tiefer eingegraben als damals.<ref>Albert T. Clay: ''The So-Called Fertile Crescent and Desert Bay.'' In: ''Journal of the American Oriental Society'', Band 44, 1924, S. 186–201, hier S. 186, 196.</ref> Die Gebiete außerhalb der bewässerten Flussebenen sind heute wüstenartig. Die Südgrenze von Breasteds Band des Fruchtbaren Halbmonds im mittleren Bereich entspricht etwa der 250-Millimeter-[[Isolinie]], bis zu der Regenfeldbau möglich ist. Auf vielen Karten ist das Gebiet wesentlich breiter dargestellt und schließt gelegentlich fast ganz Syrien ein. Im übertragenen Sinn können die Länder insgesamt gemeint sein, die am Fruchtbaren Halbmond Anteil haben.

Nordägypten ist durch die [[Sinai-Halbinsel]] vom Fruchtbaren Halbmond getrennt und liegt nicht auf dem asiatischen, sondern auf dem afrikanischen Kontinent. Aufgrund seiner geschichtlichen Verbindung zu den antiken Reichen in Palästina wird [[Unterägypten]] heute manchmal entweder als Fortsetzung oder als Teil des Fruchtbaren Halbmonds angesehen.<ref>James Maxwell Miller, John Haralson Hayes: ''History of Ancient Israel and Judah.'' Westminster John Knox Press, Louisville (KY) 2006, S. 31.</ref>

Robert W&nbsp; Braidwood (1948) sah die ''hilly flanks'', das Wassereinzugsgebiet von Euphrat und Tigris in den im Osten bis zu den Vorhügeln des [[Zagros]] reichenden Mittelgebirgen am Rand des Fruchtbaren Halbmonds als ein Zentrum der frühen Domestikation.<ref>Robert W. Braidwood: ''Prehistoric Men.'' In: ''Popular Series. Anthropology'', Nr. 37, 1948, S. 1–5, 7–189, hier S. 107.</ref>

== Literatur ==
* [[James H. Breasted]]: ''Ancient Times: A History of the Early World.'' Ginn, Boston 1916 ([https://archive.org/details/ancienttimeshist00breauoft bei Internet Archive]).

== Weblinks ==
{{Commonscat|Fertile Crescent|Fruchtbarer Halbmond}}
{{Wiktionary}}
* {{Internetquelle |autor=Joshua J. Mark |url=https://www.ancient.eu/Fertile_Crescent/ |titel=Fertile Crescent |werk=Ancient History Encyclopedia |datum=2018-03-28 |sprache= |zugriff=2019-01-07 |abruf-verborgen=1}}

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Normdaten|TYP=g|GND=4517565-2}}

[[Kategorie:Region im Nahen Osten]]
[[Kategorie:Klimatologie]]
[[Kategorie:Ur- und Frühgeschichte (Fruchtbarer Halbmond)| ]]

Navigationsmenü