Änderungen

Zur Navigation springen Zur Suche springen
K
Zeile 380: Zeile 380:     
==== Krieg gegen die Sowjetunion, Juni 1941 bis Oktober 1942 ====
 
==== Krieg gegen die Sowjetunion, Juni 1941 bis Oktober 1942 ====
{{Hauptartikel|Deutsch-Sowjetischer Krieg}}
     −
[[Datei:Second world war europe 1941-1942 map de.png|mini|Russlandfeldzug, 1941–1942]]
   
Der Balkanfeldzug hatte den Angriffszeitpunkt für einen Überfall auf die Sowjetunion um vier Wochen verschoben. Der Angriff fand erst am 22.&nbsp;Juni 1941 statt. Obwohl Berechnungen auf deutscher Seite zeigten, dass die Versorgung der Wehrmacht nur bis zu einer Linie entlang [[Pskow]], [[Kiew]] und der [[Krim]] möglich war, verlangte Hitler die Eroberung [[Moskau]]s im Rahmen eines einzigen, ununterbrochenen Feldzuges. Hier zeigte sich dessen gefährliche Unterschätzung der Sowjetunion, die schon nach der Kapitulation Frankreichs im Juni&nbsp;1940 zum Ausdruck gekommen war ''(s.&nbsp;o.)''. Für den Überfall standen drei Heeresgruppen (Nord, Mitte, Süd) bereit. Die [[Heeresgruppe Nord]] ([[Wilhelm Ritter von Leeb|von Leeb]]) sollte die [[Baltikum|baltischen]] Staaten erobern und dann nach [[Leningrad]] vorstoßen. Auf der [[Heeresgruppe Mitte]] ([[Fedor von Bock|von Bock]]) lag die Hauptlast. Sie sollte nach Moskau vorrücken und war entsprechend stark gerüstet. Die [[Heeresgruppe Süd]] (von Rundstedt) sollte die [[Ukraine]] erobern. Vom besetzten Norwegen aus wurden ebenfalls Angriffe gegen die Sowjetunion unternommen. Sie zielten auf [[Murmansk]], den Hafen und die dortige Eisenbahnverbindung, die „[[Murmanbahn]]“. An dem Feldzug waren auch 600.000 Soldaten aus verbündeten, neutralen und besetzten Staaten beteiligt.<ref>Spanien, Frankreich, Belgien, Niederlande, Dänemark und Norwegen</ref> Später kamen 30.000 Freiwillige aus neutralen und besetzten Gebieten (unter anderen Polen, Estland, Lettland, Litauen, Weißrussland, Ukraine, Russland, Kaukasus) hinzu, meist Repräsentanten rechtsradikaler oder faschistischer Strömungen in ihren Heimatländern.<ref>Rolf-Dieter Müller: ''An der Seite der Wehrmacht. Hitlers ausländische Helfer beim „Kreuzzug gegen den Bolschewismus“ 1941–1945.'' Augsburg 2013, S. 113.</ref>
 
Der Balkanfeldzug hatte den Angriffszeitpunkt für einen Überfall auf die Sowjetunion um vier Wochen verschoben. Der Angriff fand erst am 22.&nbsp;Juni 1941 statt. Obwohl Berechnungen auf deutscher Seite zeigten, dass die Versorgung der Wehrmacht nur bis zu einer Linie entlang [[Pskow]], [[Kiew]] und der [[Krim]] möglich war, verlangte Hitler die Eroberung [[Moskau]]s im Rahmen eines einzigen, ununterbrochenen Feldzuges. Hier zeigte sich dessen gefährliche Unterschätzung der Sowjetunion, die schon nach der Kapitulation Frankreichs im Juni&nbsp;1940 zum Ausdruck gekommen war ''(s.&nbsp;o.)''. Für den Überfall standen drei Heeresgruppen (Nord, Mitte, Süd) bereit. Die [[Heeresgruppe Nord]] ([[Wilhelm Ritter von Leeb|von Leeb]]) sollte die [[Baltikum|baltischen]] Staaten erobern und dann nach [[Leningrad]] vorstoßen. Auf der [[Heeresgruppe Mitte]] ([[Fedor von Bock|von Bock]]) lag die Hauptlast. Sie sollte nach Moskau vorrücken und war entsprechend stark gerüstet. Die [[Heeresgruppe Süd]] (von Rundstedt) sollte die [[Ukraine]] erobern. Vom besetzten Norwegen aus wurden ebenfalls Angriffe gegen die Sowjetunion unternommen. Sie zielten auf [[Murmansk]], den Hafen und die dortige Eisenbahnverbindung, die „[[Murmanbahn]]“. An dem Feldzug waren auch 600.000 Soldaten aus verbündeten, neutralen und besetzten Staaten beteiligt.<ref>Spanien, Frankreich, Belgien, Niederlande, Dänemark und Norwegen</ref> Später kamen 30.000 Freiwillige aus neutralen und besetzten Gebieten (unter anderen Polen, Estland, Lettland, Litauen, Weißrussland, Ukraine, Russland, Kaukasus) hinzu, meist Repräsentanten rechtsradikaler oder faschistischer Strömungen in ihren Heimatländern.<ref>Rolf-Dieter Müller: ''An der Seite der Wehrmacht. Hitlers ausländische Helfer beim „Kreuzzug gegen den Bolschewismus“ 1941–1945.'' Augsburg 2013, S. 113.</ref>
    
Am frühen Morgen des 22.&nbsp;Juni 1941, zwischen 3:00&nbsp;Uhr und 3:30&nbsp;Uhr, begann der Angriff gegen die Sowjetunion.<ref>Ernst Klink: ''Der Krieg gegen die Sowjetunion bis zur Jahreswende 1941/42. Die Operationsführung.'' In: [[Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg]]. Band 4. Hrsg. v. [[Militärgeschichtliches Forschungsamt|Militärgeschichtlichen Forschungsamt]]. DVA, Stuttgart 1983, S. 451–712, hier S. 451 f., auch zum Folgenden.</ref> Obwohl ihm mehrere ernst zu nehmende Hinweise, unter anderen von [[Harro Schulze-Boysen]], [[Arvid Harnack]] und [[Richard Sorge#Tätigkeit im Nachrichtendienst|Richard Sorge]], zugegangen waren,<ref>Ian Kershaw: ''Wendepunkte''. München 2008, S. 310.</ref> blieb Stalin davon überzeugt, dass Hitler die Sowjetunion nicht vor einem Sieg über Großbritannien angreifen werde.<ref>H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens.'' München 2011, S. 941.</ref> Der Angriff wurde von 153 deutschen Divisionen, darunter 19 Panzer- und 12 motorisierte Divisionen, auf einer Frontlänge von 1600&nbsp;km zwischen der Ostsee und den Karpaten geführt. Zwei Divisionen operierten von Finnland aus. Die Heeresgruppe Nord besetzte die drei baltischen Staaten Litauen, Lettland, Estland und erreichte Anfang September [[Nowgorod]]. Die Heeresgruppe Mitte erreichte in derselben Zeit [[Smolensk]], das auf dem direkten Weg nach Moskau liegt. Die Heeresgruppe Süd hatte die Aufgabe, die Ukraine zu erobern, und stand zur selben Zeit kurz vor [[Saporoschje]] im Südosten der Ukraine. Die militärischen Befehlshaber der Roten Armee waren nicht auf diese bisher größte militärische Offensive der Weltgeschichte mit etwas über drei Millionen Heeressoldaten eingestellt. Innerhalb einer Woche kamen Soldaten aus den verbündeten Staaten Rumänien, Italien, Slowakei und Ungarn<ref name="Lüdeke118">Alexander Lüdeke: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Bath (UK) 2007, S. 118.</ref> sowie Finnland hinzu, das kein Bündnis mit Deutschland hatte<ref>Matti Klinge: ''Geschichte Finnlands im Überblick.'' Otava, Helsinki 1995, ISBN 951-113822-7, S. 123&nbsp;f.</ref> und Wert auf die Feststellung legte, dass es gegen die Sowjetunion einen „Fortsetzungskrieg“ zur Rückeroberung der 1940 abgetretenen Gebiete führe.<ref>H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens.'' München 2011, S. 945.</ref> Die Rote Armee hatte an der Westgrenze annähernd drei Millionen Soldaten stationiert, die mit Panzern, Artillerie und Flugzeugen den Angreifern zwar weit überlegen, jedoch nicht kampfbereit waren.<ref>Peter Longerich: „Hitler. Biographie.“ Siedler, München 2015, S. 784.</ref> Viele der sowjetischen Soldaten an der Grenze ergaben sich ohne Widerstand, während die motorisierten deutschen Truppen zunächst zügig vorankommen konnten. Die damalige Fähigkeit der sowjetischen Streitkräfte, einen Angriff oder einen Krieg gegen Deutschland zu führen, muss auch nach neueren Erkenntnissen stark bezweifelt werden. Der erste [[Wehrmachtbericht]] am Morgen des 22.&nbsp;Juni 1941 erweckte dagegen den Eindruck, sowjetische Truppen seien nach Ostpreußen eingedrungen. Er unterstützte damit die [[Präventivkriegsthese|Präventivkriegslegende]] der [[NS-Propaganda]], die den Angriff als Verteidigungskrieg darstellte. Tatsächlich war der Überfall auf die Sowjetunion im Wesentlichen ein ideologisch verbrämter Eroberungs- und Vernichtungskrieg mit dem von Hitler bereits Jahre zuvor formulierten Ziel der Gewinnung von „[[Lebensraum im Osten]]“. Damit war „ein blockadefestes Großimperium“ bis zum [[Ural]] und über den [[Kaukasus]] hinaus gemeint.<ref>Vgl. Rolf-Dieter Müller: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Stuttgart 2004 (Handbuch der deutschen Geschichte; Band 21), S. 108–154.</ref>
 
Am frühen Morgen des 22.&nbsp;Juni 1941, zwischen 3:00&nbsp;Uhr und 3:30&nbsp;Uhr, begann der Angriff gegen die Sowjetunion.<ref>Ernst Klink: ''Der Krieg gegen die Sowjetunion bis zur Jahreswende 1941/42. Die Operationsführung.'' In: [[Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg]]. Band 4. Hrsg. v. [[Militärgeschichtliches Forschungsamt|Militärgeschichtlichen Forschungsamt]]. DVA, Stuttgart 1983, S. 451–712, hier S. 451 f., auch zum Folgenden.</ref> Obwohl ihm mehrere ernst zu nehmende Hinweise, unter anderen von [[Harro Schulze-Boysen]], [[Arvid Harnack]] und [[Richard Sorge#Tätigkeit im Nachrichtendienst|Richard Sorge]], zugegangen waren,<ref>Ian Kershaw: ''Wendepunkte''. München 2008, S. 310.</ref> blieb Stalin davon überzeugt, dass Hitler die Sowjetunion nicht vor einem Sieg über Großbritannien angreifen werde.<ref>H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens.'' München 2011, S. 941.</ref> Der Angriff wurde von 153 deutschen Divisionen, darunter 19 Panzer- und 12 motorisierte Divisionen, auf einer Frontlänge von 1600&nbsp;km zwischen der Ostsee und den Karpaten geführt. Zwei Divisionen operierten von Finnland aus. Die Heeresgruppe Nord besetzte die drei baltischen Staaten Litauen, Lettland, Estland und erreichte Anfang September [[Nowgorod]]. Die Heeresgruppe Mitte erreichte in derselben Zeit [[Smolensk]], das auf dem direkten Weg nach Moskau liegt. Die Heeresgruppe Süd hatte die Aufgabe, die Ukraine zu erobern, und stand zur selben Zeit kurz vor [[Saporoschje]] im Südosten der Ukraine. Die militärischen Befehlshaber der Roten Armee waren nicht auf diese bisher größte militärische Offensive der Weltgeschichte mit etwas über drei Millionen Heeressoldaten eingestellt. Innerhalb einer Woche kamen Soldaten aus den verbündeten Staaten Rumänien, Italien, Slowakei und Ungarn<ref name="Lüdeke118">Alexander Lüdeke: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Bath (UK) 2007, S. 118.</ref> sowie Finnland hinzu, das kein Bündnis mit Deutschland hatte<ref>Matti Klinge: ''Geschichte Finnlands im Überblick.'' Otava, Helsinki 1995, ISBN 951-113822-7, S. 123&nbsp;f.</ref> und Wert auf die Feststellung legte, dass es gegen die Sowjetunion einen „Fortsetzungskrieg“ zur Rückeroberung der 1940 abgetretenen Gebiete führe.<ref>H. A. Winkler: ''Geschichte des Westens.'' München 2011, S. 945.</ref> Die Rote Armee hatte an der Westgrenze annähernd drei Millionen Soldaten stationiert, die mit Panzern, Artillerie und Flugzeugen den Angreifern zwar weit überlegen, jedoch nicht kampfbereit waren.<ref>Peter Longerich: „Hitler. Biographie.“ Siedler, München 2015, S. 784.</ref> Viele der sowjetischen Soldaten an der Grenze ergaben sich ohne Widerstand, während die motorisierten deutschen Truppen zunächst zügig vorankommen konnten. Die damalige Fähigkeit der sowjetischen Streitkräfte, einen Angriff oder einen Krieg gegen Deutschland zu führen, muss auch nach neueren Erkenntnissen stark bezweifelt werden. Der erste [[Wehrmachtbericht]] am Morgen des 22.&nbsp;Juni 1941 erweckte dagegen den Eindruck, sowjetische Truppen seien nach Ostpreußen eingedrungen. Er unterstützte damit die [[Präventivkriegsthese|Präventivkriegslegende]] der [[NS-Propaganda]], die den Angriff als Verteidigungskrieg darstellte. Tatsächlich war der Überfall auf die Sowjetunion im Wesentlichen ein ideologisch verbrämter Eroberungs- und Vernichtungskrieg mit dem von Hitler bereits Jahre zuvor formulierten Ziel der Gewinnung von „[[Lebensraum im Osten]]“. Damit war „ein blockadefestes Großimperium“ bis zum [[Ural]] und über den [[Kaukasus]] hinaus gemeint.<ref>Vgl. Rolf-Dieter Müller: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Stuttgart 2004 (Handbuch der deutschen Geschichte; Band 21), S. 108–154.</ref>
   −
[[Datei:RIAN archive 1000 Soldiers carrying a wounded soldier.jpg|mini|Sowjetische Soldaten bergen einen Verwundeten bei [[Leningrad]], Oktober&nbsp;1941]]
     −
Am 22.&nbsp;Juni mittags verlas der sowjetische Außenminister [[Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow|Molotow]] im Rundfunk eine Rede, in der er den Ausbruch des Krieges bekannt gab. Erst elf Tage später richtete sich Josef Stalin am 3.&nbsp;Juli mit einer Rundfunkansprache an das Volk.<ref>Richard Overy: ''Russlands Krieg 1941–1945.'' Rowohlt, Hamburg 2004, ISBN 3-498-05032-X, S. 127.</ref> Davor war [[Kesselschlacht bei Białystok und Minsk|Minsk]] eingeschlossen und wenig später besetzt worden. Hitler beharrte gegenüber dem OKH lange Zeit auf dem Vorrang der Eroberung der Ukraine anstelle Moskaus. Das Hauptziel der NS-Führung bestand darin, sich die Ölvorräte des Kaukasus und das Getreide in der Ukraine zu sichern. Dies würde sie nach Hitlers Überzeugung unbesiegbar machen.<ref>Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S.&nbsp;219.</ref> Trotz siegreicher [[Kesselschlacht]]en scheiterte der Plan ''Barbarossa'' bereits im August&nbsp;1941 und löste die sogenannte „[[Augustkrise (1941)|Augustkrise]]“ aus, weil aus diesen Schlachten große Teile des Gegners entkamen und sich neu formierten, der Überraschungseffekt des Überfalls abflaute, die deutschen Verluste zunahmen und Hitlers „Zickzack der Anordnungen“ zur Schwerpunktbildung bei der ''[[Heeresgruppe Mitte]]'' oder der ''[[Heeresgruppe Süd]]'' sich häuften.<ref>Rolf-Dieter Müller: ''Der Feind steht im Osten. Hitlers geheime Pläne für einen Krieg gegen die Sowjetunion im Jahr 1939.'' Christoph Links Verlag, Berlin 2013, S. 240, 244, 245, 247, 248&nbsp;f.</ref> [[Datei:Bundesarchiv Bild 183-L20721, Charkow, deutscher Einmarsch.jpg|mini|Deutscher „Einmarsch“ in [[Charkow]] am 1. November 1941, Aufnahme einer [[Propagandakompanie]].]] Erst nach der [[Schlacht um Kiew (1941)|Einnahme Kiews]] und [[Charkow]]s wurde am 2.&nbsp;Oktober der Vorstoß auf Moskau wieder aufgenommen. Doch schon im Oktober begann es zu regnen, im November setzte Frost mit minus 22 Grad Celsius ein. Daraufhin verlangsamte sich die deutsche Offensive, sie blieb immer häufiger in Schlamm oder Schnee stecken, und der [[Schlacht um Moskau|Angriff auf Moskau]] kam am 5.&nbsp;Dezember wegen arktischer Temperaturen von bis zu minus 50&nbsp;°C und der sich versteifenden sowjetischen Gegenwehr zum Erliegen. Am Tag darauf setzte eine sowjetische Gegenoffensive mit gut für den Winterkrieg ausgerüsteten Einheiten aus Fernost unter dem Befehl von Schukow ein, wodurch eine Eroberung der Hauptstadt Moskau durch deutsche Truppen verhindert wurde. Die Flucht der Heeresgruppe konnte zwar durch einen unbedingten Haltebefehl Hitlers gestoppt werden, aber sein Ziel, „die Sowjetunion in einem schnellen Feldzug niederzuwerfen“,<ref>[http://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0009_bar&l=de Weisung Nr. 21 (Fall Barbarossa)].</ref> war misslungen, „Barbarossa“ gescheitert.<ref>Bodo Scheurig: ''Henning von Tresckow. Eine Biographie.'' Stalling, Oldenburg 1973, S. 119.</ref> Die verlorene Schlacht um Moskau war der geopolitische Wendepunkt des Zweiten Weltkrieges, „die eigentliche Zäsur“,<ref>Gerd R. Ueberschär: ''Das Scheitern des „Unternehmens Barbarossa“.'' In: Gerd R. Ueberschär und Wolfram Wette: ''Der deutsche Überfall auf die Sowjetunion: „Unternehmen Barbarossa“ 1941.'' Frankfurt am Main 2011, S. 120.</ref> weil die Serie der deutschen Blitzsiege abriss. Die Wehrmacht verlor bis Ende Januar&nbsp;1942 rund ein Drittel ihrer Soldaten. Eine Million Gefallene, Vermisste oder Verwundete konnten nur zur Hälfte ersetzt werden. Noch weit stärkere Verluste hatte die Rote Armee mit bis zu diesem Zeitpunkt rund 3,3&nbsp;Millionen Gefangenen, einer nicht näher bekannten Zahl von Toten sowie 2,2&nbsp;Millionen Verwundeten und Kranken.<ref>[[Rolf-Dieter Müller]]: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Klett-Cotta, Stuttgart 2004, ISBN 3-608-60021-3. ([[Handbuch der deutschen Geschichte]]; Band 21), S. 154&nbsp;f.</ref>
+
Am 22.&nbsp;Juni mittags verlas der sowjetische Außenminister [[Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow|Molotow]] im Rundfunk eine Rede, in der er den Ausbruch des Krieges bekannt gab. Erst elf Tage später richtete sich Josef Stalin am 3.&nbsp;Juli mit einer Rundfunkansprache an das Volk.<ref>Richard Overy: ''Russlands Krieg 1941–1945.'' Rowohlt, Hamburg 2004, ISBN 3-498-05032-X, S. 127.</ref> Davor war [[Kesselschlacht bei Białystok und Minsk|Minsk]] eingeschlossen und wenig später besetzt worden. Hitler beharrte gegenüber dem OKH lange Zeit auf dem Vorrang der Eroberung der Ukraine anstelle Moskaus. Das Hauptziel der NS-Führung bestand darin, sich die Ölvorräte des Kaukasus und das Getreide in der Ukraine zu sichern. Dies würde sie nach Hitlers Überzeugung unbesiegbar machen.<ref>Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S.&nbsp;219.</ref> Trotz siegreicher [[Kesselschlacht]]en scheiterte der Plan ''Barbarossa'' bereits im August&nbsp;1941 und löste die sogenannte „[[Augustkrise (1941)|Augustkrise]]“ aus, weil aus diesen Schlachten große Teile des Gegners entkamen und sich neu formierten, der Überraschungseffekt des Überfalls abflaute, die deutschen Verluste zunahmen und Hitlers „Zickzack der Anordnungen“ zur Schwerpunktbildung bei der ''[[Heeresgruppe Mitte]]'' oder der ''[[Heeresgruppe Süd]]'' sich häuften.<ref>Rolf-Dieter Müller: ''Der Feind steht im Osten. Hitlers geheime Pläne für einen Krieg gegen die Sowjetunion im Jahr 1939.'' Christoph Links Verlag, Berlin 2013, S. 240, 244, 245, 247, 248&nbsp;f.</ref> Erst nach der [[Schlacht um Kiew (1941)|Einnahme Kiews]] und [[Charkow]]s wurde am 2.&nbsp;Oktober der Vorstoß auf Moskau wieder aufgenommen. Doch schon im Oktober begann es zu regnen, im November setzte Frost mit minus 22 Grad Celsius ein. Daraufhin verlangsamte sich die deutsche Offensive, sie blieb immer häufiger in Schlamm oder Schnee stecken, und der [[Schlacht um Moskau|Angriff auf Moskau]] kam am 5.&nbsp;Dezember wegen arktischer Temperaturen von bis zu minus 50&nbsp;°C und der sich versteifenden sowjetischen Gegenwehr zum Erliegen. Am Tag darauf setzte eine sowjetische Gegenoffensive mit gut für den Winterkrieg ausgerüsteten Einheiten aus Fernost unter dem Befehl von Schukow ein, wodurch eine Eroberung der Hauptstadt Moskau durch deutsche Truppen verhindert wurde. Die Flucht der Heeresgruppe konnte zwar durch einen unbedingten Haltebefehl Hitlers gestoppt werden, aber sein Ziel, „die Sowjetunion in einem schnellen Feldzug niederzuwerfen“,<ref>[http://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0009_bar&l=de Weisung Nr. 21 (Fall Barbarossa)].</ref> war misslungen, „Barbarossa“ gescheitert.<ref>Bodo Scheurig: ''Henning von Tresckow. Eine Biographie.'' Stalling, Oldenburg 1973, S. 119.</ref> Die verlorene Schlacht um Moskau war der geopolitische Wendepunkt des Zweiten Weltkrieges, „die eigentliche Zäsur“,<ref>Gerd R. Ueberschär: ''Das Scheitern des „Unternehmens Barbarossa“.'' In: Gerd R. Ueberschär und Wolfram Wette: ''Der deutsche Überfall auf die Sowjetunion: „Unternehmen Barbarossa“ 1941.'' Frankfurt am Main 2011, S. 120.</ref> weil die Serie der deutschen Blitzsiege abriss. Die Wehrmacht verlor bis Ende Januar&nbsp;1942 rund ein Drittel ihrer Soldaten. Eine Million Gefallene, Vermisste oder Verwundete konnten nur zur Hälfte ersetzt werden. Noch weit stärkere Verluste hatte die Rote Armee mit bis zu diesem Zeitpunkt rund 3,3&nbsp;Millionen Gefangenen, einer nicht näher bekannten Zahl von Toten sowie 2,2&nbsp;Millionen Verwundeten und Kranken.<ref>[[Rolf-Dieter Müller]]: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Klett-Cotta, Stuttgart 2004, ISBN 3-608-60021-3. ([[Handbuch der deutschen Geschichte]]; Band 21), S. 154&nbsp;f.</ref>
[[Datei:Bundesarchiv Bild 101I-137-1032-14A, Russland, brennendes Dorf, deutsche Kavallerie.jpg|mini|Zwei berittene deutsche Soldaten in einem brennenden Dorf bei [[Mahiljou]] (Weißrussland), 16. Juli 1941]]
      
Finnland versuchte im [[Fortsetzungskrieg]], mit deutscher Unterstützung die im Winterkrieg an die Sowjetunion verlorenen Gebiete in [[Karelien]] zurückzuerobern. Nachdem es dieses Ziel im Sommer 1941 erreicht hatte, blieb Finnland jedoch nicht defensiv, sondern besetzte bis Dezember&nbsp;1941 umstrittene, nie zuvor finnisch gewesene [[Karelien|karelische]] Gebiete.
 
Finnland versuchte im [[Fortsetzungskrieg]], mit deutscher Unterstützung die im Winterkrieg an die Sowjetunion verlorenen Gebiete in [[Karelien]] zurückzuerobern. Nachdem es dieses Ziel im Sommer 1941 erreicht hatte, blieb Finnland jedoch nicht defensiv, sondern besetzte bis Dezember&nbsp;1941 umstrittene, nie zuvor finnisch gewesene [[Karelien|karelische]] Gebiete.
Zeile 400: Zeile 396:  
Hitlers „Weisung Nr.&nbsp;41“ vom 5.&nbsp;April 1942 („[[Fall Blau]]“) legte für die Sommeroffensive fest, dass zunächst Stalingrad an der Wolga, danach der Kaukasusraum bis zur türkischen und iranischen Grenze erobert werden sollte, um die dortigen Erdölzentren in die Hand zu bekommen. Zunächst trat im Südabschnitt der Front die Rote Armee zum Gegenangriff an. In der [[Schlacht bei Charkow (1942)|Schlacht bei Charkow]] wurden im Mai&nbsp;1942 die angreifenden sowjetischen Verbände vollständig eingeschlossen. Erneut gerieten fast 250.000 sowjetische Soldaten in Gefangenschaft. Von Mai bis Juli wurden [[Schlacht um Sewastopol|Sewastopol]] und die [[Unternehmen Trappenjagd|Halbinsel Kertsch]] auf der [[Krim]]<ref>Die Krim sollte als ''[[Taurien#20. Jahrhundert|Gotenland]]'' deutsches Siedlungsgebiet für [[Südtirol]]er werden, verbunden durch eine Reichsautobahn mit dem Deutschen Reich.</ref> erobert, die als Sprungbrett für eine Offensive bis zum Kaukasus dienen sollten. Dabei gerieten 150.000 Rotarmisten in Gefangenschaft. Weil im Juni&nbsp;1942 [[Tobruk]] in Nordafrika fiel (→&nbsp;[[Unternehmen Theseus]]), weckte die NS-Propaganda nach der Krise im Winter wieder große Hoffnungen auf einen baldigen Gesamtsieg.<ref>Vgl. Alexander Lüdeke: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Bath (UK) 2007, S. 133.</ref>
 
Hitlers „Weisung Nr.&nbsp;41“ vom 5.&nbsp;April 1942 („[[Fall Blau]]“) legte für die Sommeroffensive fest, dass zunächst Stalingrad an der Wolga, danach der Kaukasusraum bis zur türkischen und iranischen Grenze erobert werden sollte, um die dortigen Erdölzentren in die Hand zu bekommen. Zunächst trat im Südabschnitt der Front die Rote Armee zum Gegenangriff an. In der [[Schlacht bei Charkow (1942)|Schlacht bei Charkow]] wurden im Mai&nbsp;1942 die angreifenden sowjetischen Verbände vollständig eingeschlossen. Erneut gerieten fast 250.000 sowjetische Soldaten in Gefangenschaft. Von Mai bis Juli wurden [[Schlacht um Sewastopol|Sewastopol]] und die [[Unternehmen Trappenjagd|Halbinsel Kertsch]] auf der [[Krim]]<ref>Die Krim sollte als ''[[Taurien#20. Jahrhundert|Gotenland]]'' deutsches Siedlungsgebiet für [[Südtirol]]er werden, verbunden durch eine Reichsautobahn mit dem Deutschen Reich.</ref> erobert, die als Sprungbrett für eine Offensive bis zum Kaukasus dienen sollten. Dabei gerieten 150.000 Rotarmisten in Gefangenschaft. Weil im Juni&nbsp;1942 [[Tobruk]] in Nordafrika fiel (→&nbsp;[[Unternehmen Theseus]]), weckte die NS-Propaganda nach der Krise im Winter wieder große Hoffnungen auf einen baldigen Gesamtsieg.<ref>Vgl. Alexander Lüdeke: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Bath (UK) 2007, S. 133.</ref>
   −
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-B24543, Hauptquartier Heeresgruppe Süd, Lagebesprechung.jpg|mini|links|Lagebesprechung im Hauptquartier der Heeresgruppe Süd in [[Poltawa]], 1.&nbsp;Juni 1942]]
   
Ende Juni&nbsp;1942 begann die Sommeroffensive im Süden der Ostfront zwischen [[Kursk]] und [[Taganrog]] am Asowschen Meer, deren Bedeutung Hitler noch einmal am 1.&nbsp;Juni 1942 auf einer Oberbefehlshaber-Besprechung in [[Poltawa]] der [[Heeresgruppe Süd]] herausgestellt hatte: „Wenn ich das Öl von Maikop und Grosny nicht bekomme, dann muß ich diesen Krieg liquidieren.“<ref>Aussage von Generalfeldmarschall Paulus im [[Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher|Nürnberger Prozess]].[http://www.zeno.org/Geschichte/M/Der+Nürnberger+Prozeß/Hauptverhandlungen/Sechsundfünfzigster+Tag.+Montag,+11.+Februar+1946/Nachmittagssitzung Nachmittagssitzung am Montag, dem 11.&nbsp;Februar 1946 (56.&nbsp;Tag)]. Veröffentlicht in: ''Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg.'' Nürnberg 1947, Band 7, S. 283–310. Hitler verwendete hier (1942) den Ausdruck „liquidieren“ im Sinne von „beenden“.</ref> Stalin sah ähnliche Folgen für die Sowjetunion voraus, falls „unsere wichtigste Wasserstraße und bald auch unser Erdöl verloren gehen“.<ref>Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S. 409.</ref> Am 3.&nbsp;Juli überschritten deutsche Kräfte den [[Don (Asowsches Meer)|Don]] bei [[Woronesch]]. Zwanzig Tage später konnte [[Rostow am Don|Rostow am unteren Don]] erobert werden, doch blieb die Gefangenenzahl gering, da die Rote Armee – im Gegensatz zu 1941 – einen strategischen Rückzug hinter den Don, die Wolga bei Stalingrad und zum westlichen und mittleren Kaukasus einleitete.<ref>Diese Rückzüge lassen vermuten, dass die sowjetische Führung auf die Notlandung eines deutschen Generalstabsoffiziers am 19.&nbsp;Juni 1942 reagiert hatte, der Karten über die erste Phase der deutschen Sommeroffensive bei sich führte.</ref> Am selben Tag, dem 23.&nbsp;Juli, wurde die „Weisung Nr.&nbsp;41“ ''(s.&nbsp;o.)'' so abgeändert, dass statt des vorgesehenen Nacheinanders nunmehr zwei gleichzeitige Vorstöße ins [[Unternehmen Edelweiß|Kaukasusgebiet]] und gegen [[Unternehmen Braunschweig|Stalingrad]] vorgesehen waren. Im Unterschied zur Weisung vom April, bei der [[Franz Halder|Halders]] Handschrift zu erkennen war, ging diese Weisung direkt auf eine Entscheidung Hitlers zurück. Der Generalstab hatte sie verhindern wollen. „Von da an war eine Niederlage voraussehbar.“<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.'' DVA, Stuttgart 2000, S. 694&nbsp;f.</ref> Hitler weigerte sich auch, realistische Schätzungen der sowjetischen Panzerproduktion zur Kenntnis zu nehmen, die tatsächlich mehr als das Vierfache der deutschen erreicht hatte.<ref>Vgl. Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S. 423.</ref>
 
Ende Juni&nbsp;1942 begann die Sommeroffensive im Süden der Ostfront zwischen [[Kursk]] und [[Taganrog]] am Asowschen Meer, deren Bedeutung Hitler noch einmal am 1.&nbsp;Juni 1942 auf einer Oberbefehlshaber-Besprechung in [[Poltawa]] der [[Heeresgruppe Süd]] herausgestellt hatte: „Wenn ich das Öl von Maikop und Grosny nicht bekomme, dann muß ich diesen Krieg liquidieren.“<ref>Aussage von Generalfeldmarschall Paulus im [[Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher|Nürnberger Prozess]].[http://www.zeno.org/Geschichte/M/Der+Nürnberger+Prozeß/Hauptverhandlungen/Sechsundfünfzigster+Tag.+Montag,+11.+Februar+1946/Nachmittagssitzung Nachmittagssitzung am Montag, dem 11.&nbsp;Februar 1946 (56.&nbsp;Tag)]. Veröffentlicht in: ''Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg.'' Nürnberg 1947, Band 7, S. 283–310. Hitler verwendete hier (1942) den Ausdruck „liquidieren“ im Sinne von „beenden“.</ref> Stalin sah ähnliche Folgen für die Sowjetunion voraus, falls „unsere wichtigste Wasserstraße und bald auch unser Erdöl verloren gehen“.<ref>Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S. 409.</ref> Am 3.&nbsp;Juli überschritten deutsche Kräfte den [[Don (Asowsches Meer)|Don]] bei [[Woronesch]]. Zwanzig Tage später konnte [[Rostow am Don|Rostow am unteren Don]] erobert werden, doch blieb die Gefangenenzahl gering, da die Rote Armee – im Gegensatz zu 1941 – einen strategischen Rückzug hinter den Don, die Wolga bei Stalingrad und zum westlichen und mittleren Kaukasus einleitete.<ref>Diese Rückzüge lassen vermuten, dass die sowjetische Führung auf die Notlandung eines deutschen Generalstabsoffiziers am 19.&nbsp;Juni 1942 reagiert hatte, der Karten über die erste Phase der deutschen Sommeroffensive bei sich führte.</ref> Am selben Tag, dem 23.&nbsp;Juli, wurde die „Weisung Nr.&nbsp;41“ ''(s.&nbsp;o.)'' so abgeändert, dass statt des vorgesehenen Nacheinanders nunmehr zwei gleichzeitige Vorstöße ins [[Unternehmen Edelweiß|Kaukasusgebiet]] und gegen [[Unternehmen Braunschweig|Stalingrad]] vorgesehen waren. Im Unterschied zur Weisung vom April, bei der [[Franz Halder|Halders]] Handschrift zu erkennen war, ging diese Weisung direkt auf eine Entscheidung Hitlers zurück. Der Generalstab hatte sie verhindern wollen. „Von da an war eine Niederlage voraussehbar.“<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.'' DVA, Stuttgart 2000, S. 694&nbsp;f.</ref> Hitler weigerte sich auch, realistische Schätzungen der sowjetischen Panzerproduktion zur Kenntnis zu nehmen, die tatsächlich mehr als das Vierfache der deutschen erreicht hatte.<ref>Vgl. Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' München 2014, S. 423.</ref>
   Zeile 410: Zeile 405:  
}}
 
}}
   −
[[Datei:Near East Iran - truck convoy of US supplies for USSR - NARA - 195340.jpg|mini|Frauen betrachten am „Persischen Korridor“ einen Nachschubkonvoi der Alliierten für die UdSSR, irgendwo zwischen Teheran und Bandar Pahlawi, Juni 1943 (heutiger Name: Bandar Anzali)]]
   
Die Heeresgruppe Süd wurde in die [[Heeresgruppe&nbsp;A]] (→&nbsp;Kaukasus) und [[Heeresgruppe&nbsp;B]] (→&nbsp;Stalingrad) geteilt. Die schwächere Heeresgruppe&nbsp;B bekam den Auftrag, Stalingrad zu erobern und danach die Wolga hinunter bis [[Astrachan]], 75&nbsp;km nördlich vom [[Kaspisches Meer|Kaspischen Meer]] entfernt, vorzudringen, um so die Fortsetzung des sogenannten ''[[Persischer Korridor|Persischen Korridors]]'' zu sperren. Die Heeresgruppe&nbsp;A sollte die Ostküste des Schwarzen Meeres besetzen, die Ölquellen von [[Maikop]] und [[Grosny]] im westlichen Kaukasus in Besitz nehmen und schließlich, weit südlich am Kaspischen Meer, [[Baku]] und dessen Ölquellen erobern. Diese Strategie lässt sich „nur als glatter Wahnsinn bezeichnen“.<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.'' DVA, Stuttgart 2000, S. 695.</ref> Tatsächlich kam sie nur bis in den Westkaukasus und eroberte das nördlich davon gelegene Maikop, dessen Ölanlagen aber systematisch zerstört worden waren. Das nächstgelegene und wichtige Erdölgebiet von Grosny, dessen Besitz Hitler als wesentlich für die Weiterführung des Krieges ansah, wurde nicht erreicht. Damit wurde schon Mitte August deutlich, dass das operative Ziel der Heeresgruppe&nbsp;A nicht erreicht werden würde; der Angriff auf die Passhöhen des Kaukasus musste Ende August&nbsp;1942 eingestellt werden. Auch die Heeresgruppe&nbsp;B konnte ihr strategisches Ziel nicht erreichen, obwohl Hitler am 8.&nbsp;November 1942 im Münchener [[Löwenbräukeller]] noch von einem Erfolg [[Stalingrad-Rede Hitlers im Münchner Löwenbräukeller|gesprochen hatte]]: „Ich wollte zur Wolga kommen, und zwar an einer bestimmten Stelle, an einer bestimmten Stadt. […] Dort schneidet man nämlich 30&nbsp;Millionen Tonnen Verkehr ab. […] Es kommt kein Schiff mehr die Wolga hoch. Das ist das Entscheidende.“<ref>Zit. n. W. Michalka (Hrsg.): ''Das Dritte Reich.'' Bd. 2 (dtv-dokumente), München 1985, S. 78.</ref> Zwar eroberte sie fast ganz Stalingrad, wurde dort aber Ende November&nbsp;1942 von sowjetischen Truppen eingekesselt und musste am 31.&nbsp;Januar 1943 kapitulieren.
 
Die Heeresgruppe Süd wurde in die [[Heeresgruppe&nbsp;A]] (→&nbsp;Kaukasus) und [[Heeresgruppe&nbsp;B]] (→&nbsp;Stalingrad) geteilt. Die schwächere Heeresgruppe&nbsp;B bekam den Auftrag, Stalingrad zu erobern und danach die Wolga hinunter bis [[Astrachan]], 75&nbsp;km nördlich vom [[Kaspisches Meer|Kaspischen Meer]] entfernt, vorzudringen, um so die Fortsetzung des sogenannten ''[[Persischer Korridor|Persischen Korridors]]'' zu sperren. Die Heeresgruppe&nbsp;A sollte die Ostküste des Schwarzen Meeres besetzen, die Ölquellen von [[Maikop]] und [[Grosny]] im westlichen Kaukasus in Besitz nehmen und schließlich, weit südlich am Kaspischen Meer, [[Baku]] und dessen Ölquellen erobern. Diese Strategie lässt sich „nur als glatter Wahnsinn bezeichnen“.<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.'' DVA, Stuttgart 2000, S. 695.</ref> Tatsächlich kam sie nur bis in den Westkaukasus und eroberte das nördlich davon gelegene Maikop, dessen Ölanlagen aber systematisch zerstört worden waren. Das nächstgelegene und wichtige Erdölgebiet von Grosny, dessen Besitz Hitler als wesentlich für die Weiterführung des Krieges ansah, wurde nicht erreicht. Damit wurde schon Mitte August deutlich, dass das operative Ziel der Heeresgruppe&nbsp;A nicht erreicht werden würde; der Angriff auf die Passhöhen des Kaukasus musste Ende August&nbsp;1942 eingestellt werden. Auch die Heeresgruppe&nbsp;B konnte ihr strategisches Ziel nicht erreichen, obwohl Hitler am 8.&nbsp;November 1942 im Münchener [[Löwenbräukeller]] noch von einem Erfolg [[Stalingrad-Rede Hitlers im Münchner Löwenbräukeller|gesprochen hatte]]: „Ich wollte zur Wolga kommen, und zwar an einer bestimmten Stelle, an einer bestimmten Stadt. […] Dort schneidet man nämlich 30&nbsp;Millionen Tonnen Verkehr ab. […] Es kommt kein Schiff mehr die Wolga hoch. Das ist das Entscheidende.“<ref>Zit. n. W. Michalka (Hrsg.): ''Das Dritte Reich.'' Bd. 2 (dtv-dokumente), München 1985, S. 78.</ref> Zwar eroberte sie fast ganz Stalingrad, wurde dort aber Ende November&nbsp;1942 von sowjetischen Truppen eingekesselt und musste am 31.&nbsp;Januar 1943 kapitulieren.
   −
[[Datei:German and Japanese spheres of influence at greatest extent World War II 1942.jpg|mini|Einfluss- und Herrschaftsbereich der Achsenmächte im September&nbsp;1942]]
      
Als Hitler mit Goebbels im [[Führerhauptquartier Werwolf|Führerhauptquartier ''Werwolf'']] bei [[Winniza]] (Ukraine) am 19.&nbsp;August unter vier Augen sprach, war er dagegen noch übertrieben optimistisch gewesen: Man werde nach den Ölquellen von Maikop, Grosny und Baku Kleinasien erobern und danach den Iran, den [[Irak]] sowie [[Völkerbundsmandat für Palästina|Palästina]], um derart die Briten von ihrer Ölversorgung abzuschneiden. Beim baldigen [[Angriff auf Stalingrad]] erwarte er die Eroberung der Stadt innerhalb von acht Tagen.<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.'' DVA, Stuttgart 2000, S. 696.</ref> Zur selben Zeit wuchs in der Sowjetunion die Enttäuschung über die ausbleibende Eröffnung einer „zweiten Front“ durch die Alliierten in Westeuropa.<ref>Nach dem misslungenen Angriff auf [[Operation Jubilee|Dieppe]] am 19.&nbsp;August reagierten Soldaten der ''Roten Armee'' zynisch: Wenn sie eine Dose amerikanisches Rindfleisch öffneten, bemerkten sie bissig: „Na, dann wollen wir mal die zweite Front aufmachen.“ Zit. n. Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Berlin 2014, S. 391. Beevor gibt hier ein Zitat aus Bd. III der Memoiren (dt. 1978) [[Ilja Ehrenburg]]s wieder.</ref> Gleichwohl trugen die auf der Basis des [[Leih- und Pachtgesetz]]es erfolgten Hilfslieferungen der Amerikaner wesentlich dazu bei, dass die Rote Armee die Kriegführung durchhalten konnte. Dabei waren neben den gelieferten Militärgütern die Nahrungsmittel von Bedeutung. Bei den sowjetischen Soldaten hießen die Konservenbüchsen mit festem, rosa Pressfleisch „Zweite Front“. Mehr als die Hälfte der in die UdSSR gelieferten Güter waren, an Gewicht gemessen, Lebensmittel: „Sie reichten aus, um jeden sowjetischen Soldaten während des gesamten Krieges täglich mit schätzungsweise einem halben Pfund Nahrungskonzentrat zu versorgen.“<ref>[[Richard Overy]]: ''Russlands Krieg. 1941–1945''. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2003, ISBN 3-498-05032-X, S. 302–304, Zitat S. 303 f.</ref>
 
Als Hitler mit Goebbels im [[Führerhauptquartier Werwolf|Führerhauptquartier ''Werwolf'']] bei [[Winniza]] (Ukraine) am 19.&nbsp;August unter vier Augen sprach, war er dagegen noch übertrieben optimistisch gewesen: Man werde nach den Ölquellen von Maikop, Grosny und Baku Kleinasien erobern und danach den Iran, den [[Irak]] sowie [[Völkerbundsmandat für Palästina|Palästina]], um derart die Briten von ihrer Ölversorgung abzuschneiden. Beim baldigen [[Angriff auf Stalingrad]] erwarte er die Eroberung der Stadt innerhalb von acht Tagen.<ref>Ian Kershaw: ''Hitler. 1936–1945.'' DVA, Stuttgart 2000, S. 696.</ref> Zur selben Zeit wuchs in der Sowjetunion die Enttäuschung über die ausbleibende Eröffnung einer „zweiten Front“ durch die Alliierten in Westeuropa.<ref>Nach dem misslungenen Angriff auf [[Operation Jubilee|Dieppe]] am 19.&nbsp;August reagierten Soldaten der ''Roten Armee'' zynisch: Wenn sie eine Dose amerikanisches Rindfleisch öffneten, bemerkten sie bissig: „Na, dann wollen wir mal die zweite Front aufmachen.“ Zit. n. Antony Beevor: ''Der Zweite Weltkrieg.'' Berlin 2014, S. 391. Beevor gibt hier ein Zitat aus Bd. III der Memoiren (dt. 1978) [[Ilja Ehrenburg]]s wieder.</ref> Gleichwohl trugen die auf der Basis des [[Leih- und Pachtgesetz]]es erfolgten Hilfslieferungen der Amerikaner wesentlich dazu bei, dass die Rote Armee die Kriegführung durchhalten konnte. Dabei waren neben den gelieferten Militärgütern die Nahrungsmittel von Bedeutung. Bei den sowjetischen Soldaten hießen die Konservenbüchsen mit festem, rosa Pressfleisch „Zweite Front“. Mehr als die Hälfte der in die UdSSR gelieferten Güter waren, an Gewicht gemessen, Lebensmittel: „Sie reichten aus, um jeden sowjetischen Soldaten während des gesamten Krieges täglich mit schätzungsweise einem halben Pfund Nahrungskonzentrat zu versorgen.“<ref>[[Richard Overy]]: ''Russlands Krieg. 1941–1945''. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2003, ISBN 3-498-05032-X, S. 302–304, Zitat S. 303 f.</ref>

Navigationsmenü